Rohstoffsektor bremst Australiens Börse

Bankenbranche übernimmt die Rolle des Zugpferds - Commonwealth Bank löst BHP Billiton als größten Wert ab

Rohstoffsektor bremst Australiens Börse

Von Alexander Hofmann, SydneyExperten sind für den australischen Aktienmarkt verhalten zuversichtlich. Ein Problem ist allerdings der schwächelnde Rohstoffsektor. In den Jahren zuvor das Zugpferd des Markts, erweist er sich nun neben der Stärke des austr. Dollar als Hemmschuh. Die Hoffnungen richten sich auf die Banken- und Bausektoren.Der australische Aktienmarkt hat sich zwar in diesem Jahr kräftig erholt, niedrigere Rohstoffpreise haben den Anstieg aber in Grenzen gehalten und trüben auch die Zukunftsaussichten ein. Fast schon symbolisch ist die Tatsache, dass BHP Billiton, der größte Rohstoffkonzern der Welt, erstmals seit langem nicht mehr das wertvollste australische Unternehmen ist. Gestern bei Handelsschluss hatte “the big Australian” eine Marktkapitalisierung von 111 Mrd. austr. Dollar, vier Mrd. austr. Dollar weniger als die Commonwealth Bank of Australia (CBA). Wenn man den Wert der in London gelisteten BHP-Aktien addiert, ist der Rohstoffriese zwar immer noch die Nummer 1, aber traditionell hatte BHP auch immer an der australischen Börse die Topposition inne. CBA legt fast 40 Prozent zuDie Stärke der größten australischen Bank und die Schwäche von BHP Billiton zeigen aber auch, wohin der Weg der Börse in diesem Jahr geht. Seitdem die Rohstoffpreise gesunken sind, hat der Börsenwert von BHP und seinen Konkurrenten bestenfalls stagniert (die Aktie kostete gestern 33,43 austr. Dollar, rund 80 Cent weniger als ein Jahr zuvor). CBA dagegen notierte mit 68,63 austr. Dollar fast 40 % höher als vor einem Jahr. Dies spiegelt sich auch in den Sektorenindizes wieder. Der Bankensektor hat seit Ende vergangenen Jahres kräftig zugelegt und dem schwachen Rohstoffbereich damit die Rolle des Zugpferds weggenommen. Der Finanzsektor stellt mittlerweile 30 % des Gesamtwertes der gelisteten Unternehmen in Australien dar.Dass ausländische Anleger weiter Vertrauen in die Wirtschaft Australiens haben, zeigt die Tatsache, dass sie trotz des hohen Dollarkurses rund 40 % der Marktkapitalisierung halten. Solide Dividenden halten das Risiko der Anlagen relativ niedrig. Die jüngste Berichtssaison hat bewiesen, dass die australischen Unternehmen auf einem relativ guten Kurs sind. Zum ersten Mal seit Jahren lagen die Ergebnisse – wenn auch nur geringfügig – über den Erwartungen der Experten. Auch die Ausblicke überraschten leicht auf der positiven Seite. Selbst die politischen Turbulenzen, die vermutlich bei der für September angesetzten Wahl ausgeräumt werden dürften, haben die Anleger kaum verschreckt.Der Chefvolkswirt des Lebensversicherers und Vermögensverwalters AMP, Shane Oliver, erwartet das Börsenbarometer S & P/ASX 200 zum Ende des Jahres bei 5 250 Punkten, rund 250 Punkte über dem gegenwärtigen Stand und fast 600 über dem zum Ende des vergangenen Jahres. Andere Experten sind ähnlich verhalten optimistisch – unter der Prämisse, dass es zu keinen schweren Erschütterungen der Weltwirtschaft kommt. Alle sind sich aber auch einig, dass eine bedeutende Umwälzung in vollem Gange ist. Nach Jahren, in denen der boomende Rohstoffsektor alles zu dominieren schien und gewaltige Geldströme nicht zuletzt in die öffentlichen Kassen spülte, müssen jetzt andere in die Bresche springen.Neben dem Finanzsektor, der nicht zuletzt durch Kosteneinsparungen Profite in die Höhe getrieben hat und in Zeiten einer weltweiten Krise in Finanzinstitutionen erstaunlich stabil geblieben ist, ohne staatliche Hilfe (außer vorübergehenden Garantien) in Anspruch zu nehmen, hoffen die Experten vor allem auf eine Wiederbelebung im Baubereich. Aber selbst sechs Zinssenkungen durch die Reserve Bank of Australia (RBA) auf das niedrigste Leitzinsniveau seit mehr als 40 Jahren (gegenwärtig 3,0 %) haben diesen in Australien traditionell sehr wichtigen Wirtschaftssektor nicht auf volle Touren gebracht. Vor allem der private Baubereich dümpelt immer noch vor sich hin. Trotz gesunkener Preise (die allerdings im weltweiten Vergleich immer noch sehr hoch sind) kaufen die Australier derzeit deutlich weniger Immobilien als normalerweise. Ob der Bedarf durch mögliche weitere Zinssenkungen stimuliert werden kann, ist derzeit sehr ungewiss. Im Moment scheint die RBA zufrieden zu sein, eine Zinssenkungspause einzulegen und abzuwarten. Bill Evans von der Westpac Banking Group, der in den vergangenen Jahren der erfolgreichste Zinsprophet war, rechnet nur noch mit einer Senkung von 0,25 Prozentpunkten, andere Ökonomen sehen sogar schon das Ende der Kurve erreicht.Zu ihnen gehört auch UBS-Chairman Axel Weber. Der langjährige Chef der Bundesbank erklärte in einem Interview mit der Zeitung “The Australian”, die Wachstumsaussichten der australischen Wirtschaft seien “ziemlich positiv”. Er erwarte derzeit keine weiteren Zinssenkungen. Ein starker Anstieg der Arbeitslosigkeit wird von den meisten Beobachtern als einzig möglicher Stolperstein angesehen. Bisher ist der Arbeitsmarkt überraschend stabil, die Arbeitslosenrate für Februar lag bei 5,4 % und damit nur 0,2 Prozentpunkte höher als ein Jahr zuvor. Für dieses Jahr wird ein ähnlich hohes Wachstum erwartet wie im Vorjahr, als 3,1 % erreicht wurden. Dollar über der 100-Yen -MarkeEbenfalls zurückgehalten wird die Wirtschaft durch den hartnäckig hohen australischen Dollar, der naturgemäß vor allem der Exportindustrie Sorgen bereitet, wenn er auch dazu beigetragen hat, die Inflation konstant niedrig zu halten. Die Aussichten für den “Aussie” bleiben ungewiss, bisher hat er allen Problemen getrotzt. Selbst die nachlassende Stärke im Rohstoffsektor hat ihm nichts anhaben können, fast konstant ist die Währung mehr wert als sein amerikanischer Namensvetter. Im Vergleich zum Yen ist der austr. Dollar in die Höhe geschossen. Er hat in diesem Jahr rund 25 % zugelegt und die Schwelle von 100 Yen für einen austr. Dollar geknackt.