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Rubel ein "Must-have" für Währungsinvestoren

Von Ronald Schneider *) Börsen-Zeitung, 8.10.2019 Viele Anleger haben zu Jahresbeginn bei der russischen Währung nur zögerlich zugegriffen, da sie etwaige weitere Sanktionen seitens der Vereinigten Staaten (als Reaktion auf die Erkenntnisse aus den...

Rubel ein "Must-have" für Währungsinvestoren

Von Ronald Schneider *)Viele Anleger haben zu Jahresbeginn bei der russischen Währung nur zögerlich zugegriffen, da sie etwaige weitere Sanktionen seitens der Vereinigten Staaten (als Reaktion auf die Erkenntnisse aus den Sonderermittlungen von Robert Mueller zur Einflussnahme Russlands auf den amerikanischen Wahlkampf) abwarten wollten. Doch dann blieben entsprechende Folgen aus, und die Investoren kamen wieder auf den Markt zurück. Denn mit Zinsen von bis zu 7 % war und ist ein Russland-Investment zu attraktiv, um es liegen zu lassen. Solide ZahlenDabei ist Russland – aufgrund seiner restriktiven Geldpolitik und einer strengen Budgetdisziplin – nicht unbedingt auf ausländisches Geld angewiesen. Kaum ein anderes Land kann solidere Zahlen bei seiner Leistungsbilanz und Verschuldung aufweisen. Dennoch ist die Lage an der Wolga alles andere als rosig, denn Russlands Wirtschaft stagniert, seine Inflation ist rückläufig, und die Zinsen bewegen sich nach unten. Letzteres ist für Anleiheinvestoren zwar nicht schlecht, für den Zustand der Wirtschaft ist es allerdings kein positiver Indikator. Die Wachstumszahlen der letzten Jahre fallen mit 1,5 bis 2 % sehr bescheiden aus und für das zweite Quartal 2019 war sogar nur ein Wert von 0,9 % p.a. zu verzeichnen. Sand im GetriebeDabei schwächen nicht nur die ausländischen Sanktionen die Wirtschaft Russlands, auch die Gegensanktionen hinterlassen in Form von höheren Preisen (aufgrund aufwendiger Produktionsrückholung) und schlechter Qualität Sand im Getriebe der russischen Konjunktur. Hinzu kommt das gefallene reale Einkommen der russischen Bevölkerung, das sich nach dem teilweise deutlichen Rückgang in den letzten Jahren nur langsam erholt. Eine Erhöhung der Umsatzsteuer und das Anheben des Pensionsalters sind weitere Maßnahmen, mit denen die Russinnen und Russen erst einmal zurechtkommen müssen, auch wenn sie grundsätzlich sinnvoll sind und in langfristiger Sicht eine positive Wirkung entfalten können. Das alles kostet den Präsidenten Wladimir Putin Popularität.Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, hat Putin seinem Land Investitionsmaßnahmen in Milliardenhöhe – vorwiegend in Infrastrukturprojekte – verordnet. Finanziert werden die Projekte aus Einnahmeüberschüssen bei der Rohölproduktion, die bisher – wie im Budget festgelegt – im Nationalen Wohlfahrtsfonds (NWF) angespart und veranlagt wurden. Das Investieren eines Teils dieser Überschüsse wird von den Investoren durchaus goutiert. Ebenso wie die verbesserte Gesprächsbasis zwischen Russland und der Ukraine. Erst im September wurden die Durchleitung von russischem Gas durch ukrainische Pipelines und weitere russische Lieferungen neu verhandelt. Verhandlungsfortschritte Die Beziehung zwischen beiden Ländern ist aufgrund des Kriegs in der Ostukraine, der – neben der Annexion der Krim – Auslöser für die Sanktionen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten war, nach wie vor extrem angespannt. Die Ukraine hat großes Interesse daran, dass die russischen Gaslieferungen und -durchleitungen, für die sie Gebühren erhält, weiterbestehen. Auch in der Ostukraine konnten zuletzt wichtige Verhandlungsfortschritte erzielt werden. Das verbesserte Gesprächsklima zwischen den beiden Ländern könnte sogar zu einer Entschärfung, bis zu einer Aufhebung der Sanktionen, führen.Das hätte auch positive Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung Russlands, auf den Rubel und somit natürlich auch auf die Attraktivität des Marktes für internationale Investoren. Darüber hinaus spielen Russland die laufenden internationalen Sanktionen gegen den Iran in die Hände, und auch vom kurzfristigen Ölpreisanstieg aufgrund des Drohnenanschlags auf eine Ölraffinerie in Saudi-Arabien konnte Russland profitieren. Ölpreis wichtiger TreiberDie russische Währung wird von den Anlegern (inzwischen wieder) als ein interessantes – sprich chancenreiches – Investment betrachtet, da die Währung nach fundamentalen Kriterien zumindest fair bewertet ist und mit knapp 7 % noch immer vergleichsweise hohe Zinsen bietet. Zusätzlich konnte durch die Etablierung der Fiskalregel, wodurch die Exportüberschüsse vom Markt genommen und angespart wurden, der Rubel von den Schwankungen des Ölmarktes entkoppelt werden, wenngleich der Ölpreis natürlich weiterhin ein wichtiger Werttreiber der Währung bleibt. Unsicherheiten bleiben Das aktuelle Renditeniveau von etwa 6,8 % im zehnjährigen Laufzeitenbereich ist angesichts der Aussicht weiterer Zinssenkungen trotz bereits deutlicher Rückgänge weiter sehr attraktiv. Dennoch bleibt der Markt für Anleger mit Risiken behaftet. Denn solange wichtige strukturelle Reformen wie die Privatisierung der Wirtschaft, die Bekämpfung von Korruption sowie die Gewährleistung von Rechtssicherheit nicht nachhaltig umgesetzt werden, bleibt Russland für Investoren mit Unsicherheiten behaftet. *) Ronald Schneider ist Leiter “Anleihen, CEE & Global Emerging Markets” bei Raiffeisen Capital Management.