DEVISENWOCHE

Russischer Rubel mit Comeback-Avancen

Von Jörg Rohmann *) Börsen-Zeitung, 24.3.2015 Die Währungs- und Finanzkrise in Russland ist überstanden. Nachdem die westlichen Sanktionen und der kollabierende Ölpreis zur drastischen Rubelabwertung von etwa 50 % im vergangenen Jahr geführt haben,...

Russischer Rubel mit Comeback-Avancen

Von Jörg Rohmann *)Die Währungs- und Finanzkrise in Russland ist überstanden. Nachdem die westlichen Sanktionen und der kollabierende Ölpreis zur drastischen Rubelabwertung von etwa 50 % im vergangenen Jahr geführt haben, bestehen sogar Chancen auf ein Comeback der Währung 2015. Im Gegensatz zu anderen Schwellenländern, die durch die bevorstehende Normalisierung der US-Geldpolitik mit erneuter Währungsabwertung zu kämpfen haben, stabilisiert sich der Rubel zusehends. Diese Entwicklung erscheint überraschend, da die russische Wirtschaft aller Voraussicht nach zwischen 3 % und 5 % in diesem Jahr schrumpfen wird und der Realzins aufgrund galoppierender Inflation leicht negativ ist.Dabei sind drei zentrale Aspekte hervorzuheben, die Russland von anderen Schwellenländern unterscheiden. Zum einen hat Russland in China einen finanzkräftigen Partner. Beide Länder haben im Oktober einen Währungsswap im Umfang von 150 Mrd. Yuan (24 Mrd. Dollar) vereinbart und bauen den bilateralen Handel unter Einbezug der eigenen Währungen kontinuierlich aus. Für Russland ist dies ein entscheidender Schritt zur Beendigung der Krise. Mit diesem Engagement ist China als “Kreditgeber der letzten Instanz” aufgetreten und unterstützt den strategischen Rohstoffpartner auch künftig bei Liquiditätsengpässen. Darüber hinaus wird es Russland ermöglicht, Yuan als stark nachgefragte Währung wiederum in Dollar einzutauschen. Somit kann man den Ausschluss von den westlichen Finanzmärkten teilweise kompensieren. Die akute Gefahr großer Unternehmenspleiten und des Staatsbankrotts ist nicht mehr gegeben. Erholung hängt am ÖlpreisAls zweiten Punkt kann man das russische Wirtschaftsmodell anführen. Russland ist drittgrößter Öl- und zweitgrößter Erdgasproduzent der Welt. Der Anteil dieses Wirtschaftssektors am Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt etwa 22 % und an den Exporterlösen rund 74 %. Zwar hat sich die Abhängigkeit der russischen Wirtschaft von Energierohstoffen 2014 als Achillesferse erwiesen, aber eine mögliche Bodenbildung bei Öl in diesem Jahr könnte wieder für Auftrieb sorgen und den Rubel stützen. Im historischen Vergleich besteht eine zeitlich versetzte positive Korrelation zwischen der Veränderungsrate des Brent-Ölpreises und des BIP-Wachstums in Russland. Erneut anziehende Ölpreise dürften für positive Wirtschaftsimpulse sorgen. Höhere Ölpreise wirken sich direkt auf die Gewinnsituation der Unternehmen sowie auf die Staatseinnahmen aus und ermöglichen vermehrt Dollar-Devisenzuflüsse. Dies hat einen nachvollziehbaren Rückkopplungseffekt auf den Rubel. Der Faktor SanktionenDer dritte Aspekt ist der Ukrainekonflikt. Mit der Einigung über einen Waffenstillstand Mitte Februar und der bisher gelungenen Umsetzung dürfte Spielraum für eine Lockerung der Sanktionen bestehen. Diese laufen im Juli aus. Eine Beendigung ist zu diesem Zeitpunkt aber äußerst fraglich, da im Minsk-2-Abkommen bis Jahresende die Kontrolle der Grenze zu Russland durch die Ukraine realisiert werden soll. Dies ist der Lackmustest für einen umfassenden Friedensprozess. Jedoch ist auf westlicher Seite Bewegung zu verspüren. Die europäische Phalanx ist brüchig geworden. Rund die Hälfte der EU-Mitglieder spricht sich gegen eine Fortführung der Sanktionen aus, da die wirtschaftlichen Einbußen erheblich sind. Eine zeitnahe Lösung wäre für alle Konfliktparteien ein Erfolg. Damit würde wahrscheinlich nicht nur die Kapitalflucht aus Russland gestoppt – die 2014 rund 151 Mrd. Dollar betrug -, auch könnte eine Umkehr der Kapitalströme einsetzen. Erste Anzeichen sind bereits erkennbar.Mit zwei Leitzinssatzsenkungen in diesem Jahr von 17 % auf aktuell 14 % vermittelt die russische Notenbank an ausländische Investoren eine Entspannung der Lage und verbessert die Kreditkonditionen der lokalen Nachfrager. Weitere Zinsschritte sind geplant. Der antizipierte Wirtschaftsabschwung kann dadurch abgemildert werden und führt zu einer Neubewertung russischer Anlageklassen. Das Kapital fließt zurück und hat den russischen Aktienindex RTS seit Anfang des Jahres um etwa 16 % ansteigen lassen. Er ist damit einer der besten Indizes in diesem Jahr. Auch russische Anleihen konnten im gleichen Zeitraum um etwa 7 % zulegen. Mit diesem Kapitalrückfluss steigt die Nachfrage nach Rubel und stabilisiert die Währung.Sollte der Ölpreis im Verlauf des Jahres eine Bodenbildung abschließen und sollte sich die Aussicht auf Lockerungen bei den Sanktionen erhärten, dürfte sich dieser Prozess verstärken. Die Unsicherheiten über diese möglichen Entwicklungen sind zweifelsohne hoch, aber im Gegensatz zu anderen Schwellenländerwährungen verfügt der russische Rubel im Erfolgsfall über deutliches Aufholpotenzial.—-*) Jörg Rohmann ist Devisen- und Rohstoffanalyst bei Alpari.