TECHNISCHE ANALYSE

S&P 500 im neuen Bullenmarkt

Von Arne Franke*) Börsen-Zeitung, 29.4.2020 Mit der Ende des zurückliegenden Monats gestarteten Aufwärtsbewegung im amerikanischen Aktienindex S&P 500 stellt sich für viele Investoren die Frage, ob sich der Index noch in einer klassischen...

S&P 500 im neuen Bullenmarkt

Von Arne Franke*)Mit der Ende des zurückliegenden Monats gestarteten Aufwärtsbewegung im amerikanischen Aktienindex S&P 500 stellt sich für viele Investoren die Frage, ob sich der Index noch in einer klassischen Bärenmarkt-Rally oder bereits in einem neuen mittelfristigen Bullenmarkt befindet. Grund genug für einen ausführlichen Blick durch die charttechnische Brille. Nach dem Allzeithoch bei 3 394 Punkten im Februar dieses Jahres ging der S&P 500 im Zuge des sich ausbreitenden Coronavirus in eine signifikante mehrwöchige Korrektur über, die mit ihrer Ausdehnung von über 20 % per Definition einen klassischen Bärenmarkt darstellt. Blanke PanikZum Höhepunkt der Korrektur fiel der Index bis in den Kursbereich von 2 200 Punkten zurück, und diverse Risikoparameter wie die CBOE-Put/Call-Ratio und der Volatilitätsindex Vix erreichten Levels, die zuletzt in der Finanzkrise des Jahres 2008 gesehen wurden, was zusammengefasst die blanke Panik unter den Marktteilnehmern ausdrückte. Auch diverse Sentiment-Erhebungen unter institutionellen wie auch privaten Investoren erreichten zu diesem Zeitpunkt bearishe Extremwerte, die zuletzt zum Hochpunkt der Finanzkrise zu sehen waren. Contrarian-SignaleUnter dem Gesichtspunkt der Behavioral Finance gelten solche Extremwerte bei Positionierung und Sentiment als klassische Contrarian-Signale und legen einen zeitnahen Marktwendepunkt nahe. Auch in diesem Fall sollte sich dieses Set-up bestätigen, und der S&P 500 setzte zu einer Erholungsbewegung an, die bis zum heutigen Tage läuft.Im Rahmen der extrem hohen Volatilität kam es somit in der letzten Märzwoche zu einer signifikanten Erholungsbewegung, in welcher der S&P 500 in der Spitze eine Schwankungsbreite von über 400 Punkten hatte, was vom Wochentief zum Wochenhoch mehr als 15 % entsprach. Bullishe WochenkerzeIm Zuge dieser Bewegung bildete sich eine signifikante bullishe Wochenkerze in Form eines Bullish Engulfing aus, die gemeinhin als starkes Umkehrsignal gesehen werden kann. Auch in diesem Fall sollte sich diese Kerzenformation als eine solche bestätigen und die Basis für die bis zum heutigen Tage laufende Aufwärtsbewegung sein. Im Zuge dieser Rally konnte der Index den unter mittelfristigen Gesichtspunkten so wichtigen gleitenden 200-Wochen-Durchschnitt zurückerobern, welcher in der Korrektur Ende 2018 noch als wichtige Unterstützung hielt. Mit dem geglückten Rebreak der 200-Wochen-Linie besitzt der Index auch zugleich einen ersten starken Unterstützungsbereich für einen möglichen weiteren Schwächeanfall in den Sommer hinein. Nur ein Bruch dieser Marke per Wochenschluss nach unten würde wohl einen nochmaligen Stresstest für Aktienbullen in den Spätsommer hinein bedeuten. Performance-UngleichheitDoch nicht alles, was glänzt, ist Gold. Jemand, der das Haar in der Suppe sucht, wird an dieser Stelle sicher auf die ungleiche Performance der verschiedenen Sektoren im S&P 500 als ein klares Zeichen von interner Marktschwäche hinweisen. In der Tat war die bisherige Rally vor allem von den im Index hoch gewichteten Sektoren Technologie und Healthcare getragen, die mittlerweile deutlich überkauft sind und deren weiteres Aufwärtspotenzial begrenzt scheint. Somit werden es wohl andere Sektoren sein müssen, die den S&P in den kommenden Wochen weiter gen Norden treiben. Blick auf Value-Titel Hierbei lohnt sich der Blick weg von Growth- hin zu Value-Titeln, wo sich diverse Sektoren aus diesem Bereich an wichtigen charttechnischen Schaltstellen befinden. Dazu zählen der Banken-, der Öl- und der Transportsektor, deren Ausbrüche notwendig sind, um für eine gesunde Rotation im Index zu sorgen. Neben diesen Sektoren lohnt der Blick auf die amerikanischen Small- und Mid-Cap-Werte in Form des Russell 2000, der zu Beginn dieser Woche schon einen Ausbruchsversuch vollzieht. Sollte dieser nachhaltig sein, wäre dies wohl ein klares Zeichen für eine gesunde Rotation im amerikanischen Aktienmarkt, die einige bearishe Argumente entkräften würde. Aber es gilt zu beachten, dass eine solche Rotation durch die eher geringe Gewichtung dieser Sektoren im S&P 500 wohl zu einem Verlust im Index-Momentum führt und das Thema aktive Allokation eine wichtige Rolle einnimmt. Schwäche als GelegenheitUnterm Strich lässt sich also festhalten, dass sich der S&P 500 nach einem Anstieg von mehr als 30 % von seinem letzten Tief per Definition in einem neuen Bullenmarkt befindet und selbst eine abermalige Schwächephase über die Sommermonate, die mitunter signifikant ausfallen kann, eine weitere Einstiegsgelegenheit für Investoren darstellen sollte. Nur eine abermalige und gleichzeitige Schwäche in zyklischen und Technologie-Sektoren würde dieses Szenario mit einem dicken Fragezeichen versehen. *) Arne Franke ist technischer Analyst bei der Global Macro Cycle Partners AG.