Biopharmazulieferer

Sartorius stößt wieder auf größeres Interesse

Der Dax-Konzern Sartorius stößt nach dem Kurssturz 2022 wieder auf größeres Anlegerinteresse. Der Anstieg der Vorzugsaktie seit Jahresanfang geht mit überwiegend positiven Analystenmeinungen einher.

Sartorius stößt wieder auf größeres Interesse

Von Carsten Steevens, Hamburg

Nach dem Kursrutsch im vorigen Jahr um 37,9% auf 369,40 Euro bietet der Biopharmazulieferer und Laborausrüster Sartorius Anlegern derzeit wieder mehr Grund zu investieren. Abgesehen von den ersten Januartagen bewegt sich die Vorzugsaktie des Göttinger Unternehmens oberhalb der Dax-Verlaufskurve. Zuletzt lagen Sartorius-Papiere verglichen mit dem Schlusskurs 2022 um rund 16% im Plus, der deutsche Leitindex um 11%. Das bisherige Jahreshoch von 465,90 Euro am 6. Februar entspricht einer Steigerung um 26%.

Gestützt wird das wieder stärkere Interesse an der Aktie durch überwiegend positive Einschätzungen am Aktienmarkt. Aktuellen Bloomberg-Daten zufolge empfehlen elf Analysten, darunter von UBS, Deutscher Bank, Warburg Research, Metzler und LBBW, Sartorius zum Kauf. Eine neutrale Position nehmen vier Häuser ein, darunter Berenberg und Credit Suisse. Zweimal wird zum Verkauf geraten, darunter von der DZ Bank. Das durchschnittliche Kursziel auf Sicht von zwölf Monaten liegt derzeit bei 473,07 Euro. Der Analystenkonsens für den bereinigten Gewinn je Aktie beträgt 9,62 Euro für 2023 und 11,23 Euro für 2024 (jeweils Mittelwert), nach 9,58 Euro im vorigen Geschäftsjahr.

Sartorius hat bei der Vorlage der Zahlen für 2022 in Aussicht gestellt, nach dem Ende der pandemiebedingten Sonderkonjunktur im laufenden Turnus mit einer Fortsetzung der Nachfragenormalisierung zu rechnen. Diese setzte im vorigen Jahr ein, nachdem die Coronakrise 2020 und 2021 zu einer hohen Nachfrage von Coronavirus-Impfstoffherstellern geführt hatte. Zudem hatten Kunden in Anbetracht angespannter Lieferketten Bestellungen früher als üblich abgegeben und zum Teil Lagerbestände ausgeweitet. Diese werden in diesem Jahr noch abgebaut.

Trotz Nachfragenormalisierung und erwarteter weiterer Rückgänge im coronabezogenen Ge­schäft sei nach der letztjährigen Erlössteigerung um wechselkursbereinigt 15% (auf 4,2 Mrd. Euro) mit weiterem Wachstum zu rechnen, erklärt das Unternehmen, das für 2023 aktuell von einem Umsatzzuwachs im unteren einstelligen Prozentbereich ausgeht. Die Gewinnmarge will Sartorius in etwa auf dem Vorjahresniveau (33,8%) halten, ebenso die Investitionsquote (12,5%).

Sartorius sei „hervorragend aufgestellt, um unsere Kunden bei ihren Vorhaben zu unterstützen und die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen“, so Vorstandschef Joachim Kreuzburg. Daher blieben „substanzielle Investitionen in Kapazitäten und Akquisitionen Teil unserer Wachstumsstrategie“. Das Unternehmen, im September 2021 im Zuge der Ausweitung auf 40 Mitglieder in den Dax aufgestiegen, verweist auf unverändert starke grundlegende Wachstumstreiber in seinen Märkten. Die Nachfrage nach Biopharmazeutika nehme in allen Indikationsgebieten und Regionen zu. Zugleich befinde sich die Branche in einer außerordentlich „innovativen Phase“.

Im Ende voriger Woche veröffentlichten Geschäftsbericht 2022 führt Sartorius Prognosen an, wonach der Weltpharmamarkt nach Schätzungen von Evaluate Pharma bis 2028 um jährlich etwa 6% wachsen dürfte. Weiterhin überproportional zulegen soll innerhalb des Pharmamarkts das Biopharma-Segment mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von etwa 8 bis 11%. Der Anteil biologisch hergestellter Medikamente und Impfstoffe am Gesamtumsatz des Weltpharmamarktes könne bis 2028 von 37 auf 41% steigen. Wachstumsperspektiven zeigen sich für den Göttinger Konzern, der sich auf die biopharmazeutische Industrie fokussiert, auch im Biosimilars-Markt, das heißt bei Nachahmerpräparaten von Biopharmazeutika. Für diesen Markt werde ein durchschnittliches Wachstum von 20 bis 30% pro Jahr bis 2026 erwartet. Und der für Sartorius ebenfalls relevante Markt für Laborinstrumente und -verbrauchsmaterialien soll bis dahin um etwa 4 bis 5% zulegen.

In seiner unlängst adjustierten Mittelfristprognose geht das Unternehmen, das für 2022 eine um gut 14,3% auf 98,2 Mill. Euro steigende Dividendensumme ausschütten will, von einer Umsatzsteigerung bis 2025 auf 5,5 Mrd. anstatt 5 Mrd. Euro aus. Dabei wird das neue Ziel aber mit der gestiegenen Inflation und damit einhergehenden Preisanpassungen und nicht mit einer erwarteten zusätzlichen Nachfrage begründet. Die Vorgabe einer bereinigten operativen Gewinnmarge von rund 34% wurde beibehalten.

Die Ziele für 2023 und 2025 blieben konservativ, so die UBS, die für Sartorius positiv gestimmt ist und das 12-Monats-Kursziel für die Aktie unlängst von 460 auf 508 Euro heraufsetzte. Es sei zu erwarten, dass die Vorgabe übertroffen und Planwerte 2023 angehoben würden. Nach der Neubewertung der Aktie infolge der jüngsten Prognoseänderung durch den Konzern gebe es bei der Bewertung Luft nach oben. Für die Schweizer Großbank, die bei der französischen Tochter Sartorius Stedim Biotech freilich noch mehr Spielraum sieht, war die Nachfragenormalisierung nicht auf eine Verlangsamung der zugrunde liegenden Nachfrage oder überhöhte Lagerbestände zurückzuführen, sondern auf verlängerte Auftragsvorlaufzeiten während der Pandemie, die sich jetzt umkehrten. Das Geschäftsmodell von Sartorius und die fundamentalen Entwicklungen hinter der Einwegprodukt-Technologie blieben attraktiv.

Skeptisch auf die Aussichten für Sartorius blickt die DZ Bank, die ihre Empfehlung von „Halten“ auf „Verkaufen“ herabstufte und die Papiere derzeit mit 315 Euro fair bewertet sieht. Angesichts der sich nun deutlich normalisierenden Wachstumsraten erscheine die aktuelle Bewertung zu hoch, erklärt das Institut. Die Zuwächse in den kommenden Jahren sollten signifikant unter denen der vergangenen vier Jahre liegen.

Auch Berenberg stufte die Anlageempfehlung für Sartorius nach Bekanntwerden der Zahlen für 2022 und der Prognose zurück – auf „Halten“ von „Kaufen“ bei einem unveränderten Kursziel von 493 Euro. Sartorius habe ordentliche Zahlen für das vierte Quartal 2022 vorgelegt. Die Aktie habe trotz fehlenden Spielraums für Konsens-Hochstufungen positiv reagiert, weil die Investorenerwartungen pessimistischer gewesen seien. Für die Hamburger Bank könnte nun die Bewertungslücke zwischen Sartorius und Sartorius Stedim Biotech stärker in den Vordergrund rücken. Die Tochter biete ein besseres Chance-Risiko-Verhältnis.

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