DEVISENWOCHE

Schnell vergessene Griechenland-Sorgen

Von Georg Blaha, Frankfurt Börsen-Zeitung, 8.5.2012 Sorgen um Griechenland scheinen beinahe so etwas wie eine feste Rubrik des Finanzmarktkalenders im Frühjahr zu sein. Doch während sich die wirtschaftliche Lage des hochverschuldeten Mitgliedslands...

Schnell vergessene Griechenland-Sorgen

Von Georg Blaha, FrankfurtSorgen um Griechenland scheinen beinahe so etwas wie eine feste Rubrik des Finanzmarktkalenders im Frühjahr zu sein. Doch während sich die wirtschaftliche Lage des hochverschuldeten Mitgliedslands der Währungsunion Jahr für Jahr verschlechtert, wird das Thema am Devisenmarkt immer weniger gespielt. 2010 knickte der Euro noch richtig ein und fiel im Juni schließlich auf ein Mehrjahrestief von 1,1895 Dollar. Doch schon 2011 wurden die Turbulenzen in und um Griechenland nicht mehr in den Euro-Notierungen gespielt und wurden vom damals laufenden Zinserhöhungszyklus der Europäischen Zentralbank (EZB) überdeckt. Der Euro kletterte im Frühjahr des vergangenen Jahres auf Kursstände nahe 1,50 Euro.Ob es am Devisenmarkt in diesem Jahr ebenso glimpflich abläuft wie 2011, ist noch nicht klar. Nimmt man aber das zurückliegende Wahlwochenende als marktrelevantes Ereignis, so spricht einiges dafür, dass die Euro-Notierungen auch die neuen Unsicherheiten, die sich nun aus der politischen Lage in Griechenland nach den Parlamentswahlen ergeben, gut absorbieren können. Auftragseingang stütztSicherlich, die erste Reaktion im asiatischen Handel war von großer Risikoscheu geprägt. Gegenüber allen großen Devisen waren Verluste zu verzeichnen: Dreimonatstief bei 1,2955 Dollar, Zweimonatstief bei 103,2 Yen und – den schon länger anhaltenden Abwärtstrend fortschreibend – ein Dreijahrestief bei 0,8033 Pfund. Die beiden großen Parteien Griechenlands, die konservative Nea Dimokratia und die sozialdemokratische Pasok, wurden vom Wähler abgestraft. Linkssozialistische und rechtsradikale Parteien konnten zulegen. Wie die neue Regierung aussieht, ist noch nicht zu erkennen, nachdem Griechenlands Staatspräsident Karolos Papoulias den Chef der Nea Dimokratia, der stärksten Partei, Antonis Samaras mit der Regierungsbildung beauftragt hat. Doch schon im Vormittagshandel erholte sich der Euro deutlich und notierte am Abend mit 1,3055 Dollar sogar 0,3 % im Plus. Stützend wirkte der weit besser als erwartet ausgefallene Auftragseingang der deutschen Industrie im März.Für Unsicherheit an den Märkten bzw. für die erste Schreckreaktion sorgt abermals die Frage nach der Zahlungsfähigkeit des hoch verschuldeten Griechenland. Ohne eine Fortführung des Sparkurses dürften dem Mittelmeerland neue Hilfszahlungen der internationalen Gemeinschaft versagt werden. Bis Juni verlangt die sogenannte Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds und EZB weitere Konsolidierungsmaßnahmen in Höhe von 11,5 Mrd. Euro als Gegenleistung für neue Hilfsgelder. Kein großes Thema sowohl am Devisen- als auch am Bondmarkt war unterdessen die Stichwahl um die französische Präsidentschaft, die Herausforderer François Hollande wie weitgehend erwartet für sich entschied. Nervöser HandelWie geht es weiter? Einige Pessimisten, darunter die Analysten von Nomura, erwarten nun, dass der Euro bald auf das im Januar markierte Jahrestief von 1,2623 Dollar fallen wird. Doch die schnelle Erholung im Tagesverlauf weckt Zweifel. Die Devise hielt sich über der Unterstützung bei 1,2950 Dollar und rettete sich schnell in die lange währende Handelsspanne von 1,30 bis 1,33 Dollar zurück. Bei Unicredit rechnet man für die laufende Woche mit einem nervöseren Handel, doch für einen neuen Trend müsste der Euro dauerhafter unter 1,30 Dollar sinken bzw. das Verlaufshoch bei 1,3487 Dollar nachhaltig durchbrechen. Von den charttechnischen Faktoren abgesehen scheinen sich die Devisenmärkte schon lange daran gewöhnt zu haben, dass man in der Eurozone bestenfalls auf Sicht einiger Wochen oder weniger Monate fahren kann. Wahlen, EU-Gipfel und Stichtage geben einen nur kurzen Horizont vor. In der laufenden Woche ist der Datenkalender beinahe leer, Anleger werden daher eher auf die Ansagen aus Brüssel, Berlin und Athen hören. Das nächste Ereignis ist das Treffen der Euroland-Finanzminister am 14. und 15. Mai. Auch wenn das Hangeln von Rettungsgipfeln zu Troika-Reports schon in die Kurse eingepreist zu sein scheint, ist die Unsicherheit nicht vom Tisch. Dass der Euro bei einem denkbaren Austritt aus der Währungsunion einen Sprung von 3 % machen wird, wie von RBC Dexia Investor Services vorgeschlagen, ist eher zweifelhaft.Bewegung in den Devisenmarkt könnte am Donnerstag die britische Notenbank bringen, die zu ihrer Zinssitzung zusammentritt. Zuletzt profitierte das Pfund davon, dass die Bank of England keine neuen Lockerungsmaßnahmen plant. Anleger in der norwegischen Krone könnten von einer neuen Zinssenkung der Norges Bank (Donnerstag) überrascht werden.