Schweizer Aktien überraschen fast alle

Im Schatten von Novartis & Co. gedeihen auch viele kleinere Werte prächtig

Schweizer Aktien überraschen fast alle

Den Schweizer Aktienmarkt hatten Anfang des Jahres die wenigsten Investmentprofis auf dem Radarschirm. Zu Unrecht, wie sich zeigt, weil die konjunkturelle Erholung der Eurozone länger dauert als seinerzeit erwartet. Von Daniel Zulauf, ZürichDie internationale Anlegergemeinde schielte Anfang 2014 erwartungsvoll auf die Eurozone, wo sich die wirtschaftliche Erholung immer deutlicher abzuzeichnen schien. Aber was die Statistiken zum Wirtschaftswachstum in den vergangenen Wochen bestätigten, haben die Aktienmärkte vor längerer Zeit vorweggenommen: Die konjunkturelle Erholung Eurolands dauert länger als erwartet und die Genesung wird nicht ohne Rückschläge verlaufen.In wirtschaftlich unsicheren Zeiten sind Schweizer Aktien besonders beliebt – mindestens relativ. Das war auch im bisherigen Jahresverlauf nicht anders. Der Swiss Market Index der 20 wertvollsten Unternehmen im Land verzeichnete seit dem 1. Januar Kursgewinne von durchschnittlich fast 8 %. Damit liegen die Schweizer Blue Chips gegenüber den 50 größten Standardwerten der Eurozone (Euro Stoxx 50) zwar nur leicht im Vorsprung. Doch der SMI hatte schon vergangenes Jahr mit einer Performance von nahezu 40 % ein Feuerwerk gezeigt und das dritte Spitzenjahr in Folge absolviert.Der Vorsprung der Schweizer Valoren ist umso erstaunlicher, als diese nach den gängigen Bewertungsmaßstäben längst als teuer gelten. Viele Analysten unterstellen in ihren Bewertungsmodellen noch immer, dass die Firmen in Euroland im laufenden Jahr ihre Gewinne im Durchschnitt um mehr als 10 % steigern werden, während sich die gewichtete mittlere Gewinnerhöhung der 20 SMI-Werte im gleichen Jahr bloß im mittleren einstelligen Prozentbereich bewegen sollte.Die tiefere Bewertung der Euro-Titel ergibt sich aus dem Umstand, dass deren Kurse trotz der besseren Gewinnprognosen nicht stärker gestiegen sind als jene der SMI-Valoren.Doch theoretische Bewertungsmodelle sind nur einer von vielen Faktoren, welche für die Entwicklung der Börsenkurse bestimmend sein können. Eine wichtige Rolle spielt auch die Stimmung der Investoren, vor allem in Zeiten, in denen sich die allgemeine Wetterlage schnell ändern kann. Dieser Hintergrund erklärt denn auch, weshalb die Aktien großer Schweizer Unternehmen trotz unspektakulärer Gewinnperspektiven unverändert auf den Zuspruch der internationalen Investorengemeinde zählen können. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten suchen die Anleger Verlässlichkeit, und diese konnten die Baseler Pharmakonzerne Roche und Novartis oder der Nahrungsmittelmulti Nestlé in den vergangenen Jahren ihren Aktionären stets bieten. Erfolgreiche NischenanbieterIm Schatten der größten Blue-Chip-Aktien wie Novartis, die im laufenden Jahr bereits mehr als 20 % zugelegt haben, gedeihen seit einiger Zeit aber auch die Titel kleinerer und mittelgroßer Firmen. Deshalb liegt der den Gesamtmarkt repräsentierende Swiss Performance Index (SPI) heuer auch deutlich besser im Rennen als sein berühmterer Bruder SMI. Vergangene Woche erreichte der SPI ein neues Allzeithoch, und es dürfte nicht lange dauern, bis auch dieser Rekord wieder gebrochen wird.Das sogenannte Small- und Mid-Cap-Segment weist je nach dem Subindex Steigerungsraten von 12 % bis gegen 20 % aus. Die Aktien der vielen mittelgroßen Schweizer Unternehmen, die in ihren Märkten typischerweise Spitzenplätze mit Nischenprodukten besetzen, schwingen im bisherigen Jahresverlauf auch im Vergleich mit europäischen und amerikanischen Konkurrenzvaloren deutlich nach oben aus.In der Rangliste der besten Small- und Mid-Cap-Aktien finden sich neben bekannten Namen wie dem Chemie- und Pharmazulieferer Lonza, dem Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli oder dem Assekuranzunternehmen Swiss Life auch zahlreiche kleinere und mittelgroße Industriefirmen, die in den vergangenen Jahren von den Investoren teilweise stark vernachlässigt wurden.Martin Schlatter, Fondsmanager der Zürcher Investmentgesellschaft Swiss Rock, hat fast zwei Jahre auf die Renaissance der Nebenwerte gewartet. Der Prozess sei allerdings nun erst richtig in Gang gekommen, betont er im Wissen, dass viele Investmentprofis seine Meinung teilen.