IM GESPRÄCH: CHRIS BRIGHTMAN, CIO RESEARCH AFFILIATES

"Schwellenländer vor langer Rally"

Für Emerging Markets sprechen niedrige Bewertung und positive Trends - Blase im Technologiesektor

"Schwellenländer vor langer Rally"

Die Aktienmärkte der Emerging Markets sind noch niedrig bewertet, während US-Aktien sehr teuer sind. Da auch weitere Trends wie die steigende Inflation in den Industrieländern für Schwellenländer sprechen, rät Chris Brightman, CIO von Research Affiliates, zu Investments in Emerging-Markets-Aktien. Von Werner Rüppel, Frankfurt”Die Aktienmärkte der Schwellenländer dürften vor einer lange anhaltenden Rally stehen”, erklärt Chris Brightman, Chief Investment Officer (CIO) von Research Affiliates, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Und Gründe, warum er derzeit regelrecht enthusiastisch bezüglich der Aussichten der Schwellenländer ist, nennt Brightman einige.Bei Research Affiliates, die einen wissenschaftlichen, modellgetriebenen und langfristigen Investmentansatz verfolgen, ist man der Ansicht, dass sich Aktien- und Anleihemärkte sehr wohl vorhersagen lassen, erläutert Brightman. In der Investmentbranche werden die Analysen, Modellportfolien und Indizes des Analysehauses aus Newport Beach, Kalifornien, jedenfalls sehr geschätzt. Assets über rund 200 Mrd. Dollar werden weltweit auf Basis der Ratschläge von Research Affiliates verwaltet. Pimco arbeitet seit 2002 in Form einer systematischen aktiven Aktienmarktstrategie (RAE) mit Research Affiliates zusammen und verwaltet weltweit etwa 20 Mrd. Dollar in entsprechenden Fonds, davon 600 Mill. Dollar in Europa.Bei Staatsanleihen lassen sich die künftig zu erzielenden langfristigen Erträge relativ leicht vorhersagen, meint Brightman. So gingen die zu erzielenden “Returns” mit der Renditeentwicklung einher. Deutlich werde dabei, dass insbesondere in Deutschland und Japan auch die künftig mit Bonds zu erwirtschaftenden Erträge gering sein werden. Shiller-PE funktioniert Doch auch auf der Aktienseite gebe es Möglichkeiten, die langfristige Performance von Investments zu prognostizieren, auch wenn dies mit ein wenig mehr Unsicherheit behaftet sei als bei Bonds. “Das Shiller-PE ist eine Methode, um die künftigen Erträge von Aktienmärkten vorherzusagen”, erklärt Brightman. Dieser Ansatz funktioniere überall auf der Welt und habe sich bewährt. Beim Shiller-PE handelt es sich übrigens um ein bereinigtes Kurs-Gewinn-Verhältnis (auch PE für Price-Earnings Ratio genannt), das meist aus den PEs über einen Zeitraum von zehn Jahren berechnet wird. Bekannt wurde es vor allem durch den Nobelpreisträger Robert Shiller.Schaut man auf diese Kenngröße, ergeben sich jedenfalls erhebliche Bewertungsunterschiede, die auf die künftige Performance schließen lassen (vgl. Grafik unten). “Gemessen am zyklisch bereinigten Shiller-PE sind die Emerging Markets niedrig bewertet”, sagt Brightman. Insbesondere die Differenz zum hoch bewerteten US-Aktienmarkt sei derzeit extrem. Die europäischen Märkte und auch der deutsche Aktienmarkt seien angemessen bewertet und nicht so teuer wie amerikanische Aktien.In den niedrigen Preisen für russische oder türkische Aktien spiegele sich natürlich auch Angst und Unsicherheit, sprich Risiko, wider. Dies komme auch in einer hohen Volatilität dieser Märkte zum Ausdruck. Insgesamt dürften aber vor dem Hintergrund der klaren Bewertungsunterschiede Aktien aus Schwellenländern in den kommenden Jahren eine höhere Performance erzielen als Aktien aus den entwickelten Ländern, ist Brightman überzeugt. Bubble bei Krypto und TeslaInsbesondere einzelne Tech-Werte seien extrem teuer. “Im Technologiesektor liegt eine Blase vor”, stellt Brightman fest und verweist auf die Studie “Yes. It’s a Bubble. So What?”, die auf der Website von Research Affiliates zu lesen ist. Darin steht u.a., dass das Analysehaus auch bei Kryptowährungen und Titeln wie Tesla eine Blase erkennt. Und Investments in niedrig bewertete Schwellenländer seien ein Mittel für Investoren, um ihre Portfolios von den Auswirkungen der Tech-Blase zu schützen. Doch nicht nur aufgrund ihrer Bewertung seien Schwellenländer attraktiv. “Mehrere Trends, die für Emerging-Markets-Aktien sprechen, sind intakt”, sagt Brightman. “Die Schwellenländer sind in weitaus besserer Verfassung als in der Vergangenheit.” So seien zum Beispiel die Schulden mehr in lokaler Währung als früher. Positiver InflationsanstiegZudem steige die Inflation in den Industriestaaten an. Somit sei ein Umfeld gegeben, von dem Schwellenländeraktien stets profitierten. Und trotz der Rally seit Anfang 2016 seien die Währungen der Schwellenländer immer noch unter ihrem langfristigen Durchschnitt bewertet. Höhere Realzinsen im Vergleich zu den entwickelten Staaten würden diese Währungen weiter unterstützen. Darüber hinaus befinden sich die Schwellenländer laut Brightman erst am Anfang eines Wachstumszyklus, während die Industriestaaten hier schon sehr viel weiter seien.”Am günstigsten bewertet sind Value-Aktien aus Schwellenländern”, erklärt Brightman zu den Segmenten, in denen er besondere Investmentchancen erkennt. “Preiswert sind insbesondere Öl- und Gaskonzerne, die sich zum Gutteil in Staatshand befinden, wie zum Beispiel Lukoil, Gazprom oder Petrobras.”