SERIE: NACH DEM PARISER KLIMAGIPFEL (4)

SDG, PRI und ESG, GRI, CDP - oje, oje

Investoren widmen sich den Klimarisiken im Portfolio - Zur Bewertung haben sich erste Standards etabliert

SDG, PRI und ESG, GRI, CDP - oje, oje

Der Klimagipfel in Paris hat im Dezember die Weichen in Richtung eines neuen Weltklimaabkommens gestellt, sind sich Beobachter einig. Die Grundlagen für die Bewertung von Klimarisiken für Investoren sind dagegen erst noch im Entstehen.Von Stefan Paravicini, FrankfurtEtwas mehr als hundert Tage ist es nun her, dass die Delegierten der Weltklimakonferenz in Paris ihre Beschlüsse als Grundlage für ein künftiges Klimaabkommen gefeiert haben. Auch die Sensibilität von Investoren für Klimarisiken im Portfolio ist seither gestiegen. Um diesen Risiken aus dem Weg zu gehen, suchen Anleger nach Orientierung innerhalb einer wachsenden Zahl von Produkten, die sich auf ein Anlageuniversum mit möglichst geringem Kohlendioxid-Fußabdruck (Carbon Footprint) konzentrieren. Doch wer vermisst diesen Fußabdruck? Welche Standards haben sich bei der Erhebung von klimarelevanten Unternehmensdaten etabliert? Wer bewertet die Klimabilanz von Unternehmen und schafft Anlageprodukte, die sich auf solche Nachhaltigkeits-Ratings stützen? Mit freundlichen GrüßenWer sich mit dem Thema beschäftigt, hat schnell die Fantastischen Vier aus dem Jahr 1999 im Ohr. Wir erinnern uns: “EMI, CBS und BMG, ADAC, DLRG – ojemine.” Insgesamt bringt es das Stuttgarter Rap-Ensemble in dem Song “Mfg – mit freundlichen Grüßen” in knapp zwei Minuten locker auf hundert Abbreviationen. Investoren auf der Suche nach möglichst klimaneutralen Anlageformen könnten mühelos eine Strophe ergänzen. Denn egal ob Sustainable Development Goals (SDG) oder Principles for Responsible Investments (PRI) der Vereinten Nationen, in den Environmental, Social und Governance-Kriterien (ESG) für Investoren hat irgendwie alles seinen Platz. Konkreter wird es mit den Standards der Global Reporting Initiative (GRI) und des Carbon Disclosure Project (CDP), aber welche Rolle spielt das Greenhouse Gas Protocol (GHG), das von WRI (World Resources Institute) und WBCSD (World Business Council for Sustainable Development) als Standard für die Berichterstattung über Klimagasemissionen entwickelt wurde?Auch wenn die vielfältigen Bemühungen um Grundlagen für die Bewertung von Chancen und Risiken des Klimawandels – Beobachter zählen rund 400 Initiativen, die über die Jahre entstanden sind – nicht zur Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit beitragen, haben sich einige Standards und Anbieter etabliert.Das Carbon Disclosure Project, das mittlerweile nur noch als CDP firmiert, steht auf dieser Liste weit oben. Die Datenbank der Non-Profit-Organisation, die seit dem Jahr 2000 im Auftrag von institutionellen Investoren einmal jährlich die Treibhausgasemissionen von Unternehmen erhebt und dabei mittlerweile mehr als 800 Investoren hinter sich weiß, die mit ihren fast 100 Bill. Dollar Assets under Management für ein Drittel des weltweit investierten Kapitals stehen, gehört zu den wichtigsten Informationsquellen über den Carbon Footprint von Unternehmen. Fragebogen ausfüllenNeun von zehn Firmen füllen den Fragebogen des CDP gestützt auf die Standards des GHG-Protokolls zur Berichterstattung über Treibhausgasemissionen aus. Die Empfehlungen haben außerdem Eingang in die Reporting-Standards der GRI gefunden. Das GHG-Protokoll lehnt sich an Prinzipien finanzieller Rechnungslegung an und definiert Regeln zur organisationalen Abgrenzung einer Treibhausgasbilanz sowie zur operativen Abgrenzung verschiedener Emissionsarten. In vielen Unternehmen kommen diese Empfehlungen zusammen mit prozessualen Standards wie der ISO 14064 zur Treibhausgasbilanzierung und Verifizierung zum Einsatz.Neben dem CDP haben sich in den vergangenen Jahren auch eine ganze Reihe Anbieter von Nachhaltigkeits-Ratings etabliert, die für ihre Bewertungen von Unternehmen häufig auf die Daten des CDP zurückgreifen, sich darüber hinaus aber auf eigene Erhebungen stützen. Zu diesen Anbietern gehört unter anderem Oekom Research aus München, die als eine der führenden Ratingagenturen im Feld nachhaltiger Investments gilt. Analysiert werden über 3 700 Unternehmen. Zu den Kunden gehören Assetmanager, Fondsgesellschaften und andere institutionelle Investoren sowie Index-Anbieter.Ein ähnliches Profil haben Konkurrenten wie South Pole, Inrate oder Trucost. Sustainalytics, Solaron und das ESG Research des Finanzdienstleisters MSCI gehören mit zu den führenden Anbietern von Nachhaltigkeits-Ratings. Carbon Tracker, Ceres und die 2º Investing Initiative werden von Marktteilnehmern in einer Umfrage von Extel und SRI Connect unter gut 2 000 Analysten, Portfoliomanagern und IR-Verantwortlichen unter den zehn besten Anbietern bei Analysen von Klimarisiken genannt. Unterschiedliche MethodikDas Angebot der Ratingagenturen geht über den Carbon Footprint hinaus und erfasst auch andere “Nachhaltigkeitsleistungen” von Emittenten. “Die Anbieter dieser Informationen arbeiten durchaus unterschiedlich, so dass es sich lohnt, die Angebote hinsichtlich der zugrunde gelegten Werte, der Methodik, abgedeckter Themen, Anzahl der Kriterien, Qualität und Unabhängigkeit zu vergleichen”, rät Oekom Research auf Anfrage. Das sei gerade für Investoren wichtig, um beurteilen zu können, welcher Anbieter am besten zum eigenen Nachhaltigkeitsverständnis und Investmentansatz passt und die gesuchten Informationen in der erwarteten Qualität bietet.Tatsächlich lassen gerade institutionelle Investoren häufig die Bewertungen von Nachhaltigkeits-Ratingagenturen in den Investmentprozess einfließen. So etwa die MEAG, der Vermögensverwalter der Munich Re, der sich bei der Bewertung von Staatsanleihen nach eigenen Angaben auf Sustainalytics stützt und im Fixed-Income-Geschäft auch Oekom Research konsultiert. Für Investments in Immobilien, Infrastruktur und Forstwirtschaft hat MEAG eigene Nachhaltigkeitskriterien, die regelmäßig mit externen Ratingagenturen abgeglichen werden. Bei Aktien und Unternehmensanleihen investiert die Munich Re vor allem in Titel, die in ausgesuchten Nachhaltigkeitsindizes geführt werden.Die Indexanbieter vertrauen ebenfalls auf Nachhaltigkeits-Ratings. Stoxx, eine Tochter der Deutschen Börse, hat erst Anfang Februar in Zusammenarbeit mit dem CDP und South Pole eine neue Indexfamilie vorgestellt, die der Entwicklung von Unternehmen mit einem kleinen CO2-Fußabdruck folgt. Die Sustainability-Indizes von Dow Jones (DJSI) stützen sich seit Jahren auf die Erhebungen des Schweizer Nachhaltigkeitsspezialisten SAM, der mittlerweile zur ehemals niederländischen Robeco gehört, die heute in Händen der japanischen Orix liegt. Mangelnde TransparenzTrotz oder vielleicht gerade wegen der Vielzahl der Nachhaltigkeits-Ratings bemängeln Investoren die mangelnde Transparenz in der Assetklasse “Low Carbon”. In einer Erhebung von Union Investment zum nachhaltigen Vermögensmanagement institutioneller Anleger nennen sieben von zehn Befragten dieses Manko. Eine Konsolidierung der Rating-Landschaft wünschen sich aber auch die Unternehmen, die in Zukunft nach Möglichkeit nur noch einen Fragebogen zum Thema Klimarisiken ausfüllen möchten.—-Bisher erschienen:- Markt für grüne Assets wächst (1. April)- Investoren müssen umdenken (25. März)- Neue treuhänderische Pflichten (18. März)