TECHNISCHE ANALYSE

Slowdown an der Wall Street

Von Thorsten Grisse *) Börsen-Zeitung, 23.8.2017 Der US-Aktienmarkt befindet sich seit März 2009 in einem technischen Hausse-Zyklus. Innerhalb dieses Zyklus hat sich im Februar 2016 im S & P 500 ein zusätzlicher beschleunigter Hausse-Trend ergeben,...

Slowdown an der Wall Street

Von Thorsten Grisse *)Der US-Aktienmarkt befindet sich seit März 2009 in einem technischen Hausse-Zyklus. Innerhalb dieses Zyklus hat sich im Februar 2016 im S & P 500 ein zusätzlicher beschleunigter Hausse-Trend ergeben, der zuletzt nur aufgrund des deutlich schwächeren US-Dollars durchgehalten werden konnte. Vor dem Hintergrund der sportlichen Bewertung des US-Aktienmarktes signalisiert die Eintrübung bei der Marktbreite, dass nach den sehr deutlichen Kursgewinnen in den letzten 18 Monaten und speziell seit dem Jahreswechsel 2016/ 2017 ein Slowdown am US-Aktienmarkt ganz oben auf der technischen Agenda steht. Diese technische Lage findet sich auch beim differenzierten Bild weiterer wichtiger US-Aktienleitindizes. Mittelfristig überkauftAus langfristiger technischer Sicht befindet sich der S & P 500 seit März 2009 (Start bei 666) in einem technischen Hausse-Zyklus. Hierbei kam es von Ende 2014 bis Mitte 2016 zu einer technischen Korrektur (Support-Zone: 1 810 bis 1 920, gestaffelte Resistance-Zone: 2 135), die aus übergeordneter technischer Sicht einen trendbestätigenden Charakter (nach oben) aufwies. Im Juli 2016 sprang der Index mit einem Investment-Kaufsignal an und etablierte einen weiteren Hausse-Trend (aktuell bei ca. 2 410). Aus mittelfristiger technischer Sicht befindet sich der S & P 500 seit dem Jahreswechsel 2016/17 in einem weiteren Aufwärtstrend (Aufwärtstrendlinie bei ca. 2 430). Aufgrund der mittelfristig überkauften Struktur, die sich trotz der Dollar-Schwäche bereits in der moderaten Abschwächung des Aufwärtsmomentums wiederfindet, bleibt es beim S & P 500 für 2017 bei der technischen Kursziel-Range von 2 500 bis 2 550. In Kombination mit der sich verschlechternden Marktbreite signalisiert die technische Gesamtlage, dass der S & P 500 in den nächsten Wochen sowohl den beschleunigten Aufwärtstrend seit Februar 2016 als auch den Aufwärtstrend seit dem Jahreswechsel 2016/17 zur Seite verlassen sollte. Auch wenn dabei eine höhere Volatilität einkalkuliert werden sollte, deutet die technische Lage für die Zeit danach einen Trading-Markt mit der gestaffelten Support-Zone von 2 350 bis 2 400 (inklusive der dort liegenden 200-Tage-Linie) und der Resistance-Zone von ca. 2 500 bis 2 550 an.Der Nasdaq Composite Index führt im intakten Hausse-Zyklus (Start: März 2009 bei 1 295) die US-Leitindizes nach oben an. Seit dem Tief bei 4 210 (Februar 2016) durchläuft der Index einen langfristigen Hausse-Trend (Trendlinie bei ca. 6 000) und stieg im Juli 2017 auf neue Allzeithochs bei 6 461. Mit dem Erreichen der Kurszielzone 6 400 bis 6 500 war eine kurzfristig technisch überkaufte Lage entstanden, welche der Index aktuell in einer Konsolidierung abarbeitet. Diese Konsolidierung behält einen normalen trendbestätigenden Charakter, solange der Index seinen Hausse-Trend (Trendlinie zurzeit bei 6 115) verteidigt und nicht unter die gestaffelte Support-Zone 5 865 bis 6 000 zurückfällt.Der Dow Jones (DJ) Transportation umfasst 20 (US-)Transport- und Logistikwerte. Im laufenden Hausse-Zyklus entwickelt sich der Sektorindex bisher etwas besser als der S & P 500. Phasenweise hat der DJ Transportation – der Dow Theory entsprechend – dabei gegenüber dem S & P 500 eine Vorläuferfunktion. So etablierte er z. B. das Top im Dezember 2014 bei 9 310 und das (Zwischen-)Baisse-Low im Februar 2016 bei 6 403 etwas früher als der Gesamtmarktindex. Im Juli 2017 war der DJ Transportation über die Resistance-Zone 9 310 bis 9 640 auf neue Allzeithochs (9 764) gestiegen. Der Index lieferte jedoch keine Folgegewinne und ist stattdessen zügig in die laufende Konsolidierung übergegangen; dabei hat er seine 200-Tage-Linie (9 190) aktuell nach unten gecrosst. Sollte der DJ Transportation zusätzlich seinen langfristigen Hausse-Trend (zurzeit bei 8 900) zur Seite beenden, muss eine zeitliche und räumliche Ausweitung dieses Slowdowns einkalkuliert werden. Weiterhin im Hausse-TrendDer DJ Utilities umfasst 15 Versorger (überwiegend Stromerzeuger) und zeichnet sich seit 2009 durch seinen defensiven Charakter (höhere Dividendenrendite, geringere Schwankungsbreite und geringere Kursperformance gegenüber dem S & P 500) und ein eigenständiges technisches Gesamtbild aus. Im laufenden Hausse-Zyklus (langfristiger Hausse-Trend zurzeit bei 608) ging der Index nach dem Anstieg auf 724 im Juli 2016 in eine mittelfristige Seitwärtspendelbewegung über. Seit dem Rutsch auf das Tief vom November 2016 bei 617 durchläuft der Sektor wieder einen Aufwärtstrend (Trendlinie zurzeit 680) und erreichte dabei zuletzt neue Allzeithochs (742). In Summe arbeitet der Index daran, die Resistance-Zone um 740 und die mittelfristige Seitwärtspendelbewegung nachhaltig nach oben abzuschließen.—-*) Thorsten Grisse ist bei der Commerzbank im Bereich Technische Analyse & Index Research tätig.