SocGen rät zu Bergbautiteln

Bank sieht Zeitpunkt für einen Einstieg gekommen - Rio Tinto und Glencore auf Kaufen hochgestuft

SocGen rät zu Bergbautiteln

Bei Bergbauaktien gibt es erste Lebenszeichen, die Kurse steigen wieder. Immer mehr Analysten gehen davon aus, dass die Branche die Tiefs hinter sich hat. Nach der Kaufempfehlung von Morgan Stanley rät jetzt auch die Société Générale (SocGen) in einer Studie zum Einstieg, konkret bei Rio Tinto und Glencore.amb Frankfurt – Die Société Générale sieht für die in den vergangenen Jahren stark gebeutelte Bergbaubranche jetzt etwas Licht am Horizont. Bei einigen Titeln sei nun der Zeitpunkt für einen Einstieg gekommen, heißt es in einer Studie der französischen Bank. Die Analysten Alain William und Christian Georges haben den britisch-australischen Bergbaukonzern Rio Tinto und den schweizerisch-britischen Rohstoffriesen Glencore auf “Buy” hochgestuft, Favorit ist Rio Tinto. Der australisch-britische Rohstoffkonzern BHP Billiton wird aufgrund der höheren Bewertung hingegen auf “Hold” zurückgesetzt, bei Anglo American bleibt es bei “Hold”. Für die Branche als Ganzes lautet die Empfehlung “Neutral”.Bereits am 7. Oktober hatte Morgan Stanley die europäische Bergbaubranche auf “Übergewichten” hochgestuft und für Rückenwind an der Börse gesorgt. BHP Billiton und Rio Tinto wurden von “Equal-weight” auf “Overweight” hochgesetzt, Anglo American von “Underweight” auf “Equal-weight”. Kurzfristig bessere Aussichten für die Nachfrage führten zu steigenden Rohstoffpreisen, hieß es in der Branchenstudie der US-Bank. Zudem sei die Bewertung der Aktien im historischen Vergleich derzeit sehr attraktiv.Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Basic Resources ist seit seinem Tief Ende September mittlerweile um fast 22 % nach oben geklettert. Der Anstieg folgt allerdings einem tiefen Fall: Mit dem Einbruch der Rohstoffpreise in den vergangenen vier Jahren haben auch Minenaktien massiv an Wert verloren, gemessen am Branchenindex waren es seit Februar 2011 bis Ende September dieses Jahres 60 %. Zum Vergleich: Der marktbreite Stoxx Europe 600 hat seit Februar 2011 um 23 % zugelegt.Nun sieht auch die SocGen Chancen für Minenaktien. Euphorisch ist die Bank bezüglich der Branche allerdings nicht. Zwar lägen die Bewertungskennziffern mittlerweile auf historischen Tiefs, sie könnten aber noch weiter fallen, heißt es. Die Gewinnschätzungen für die Bergbauunternehmen werden um rund 30 % reduziert, die Kursziele um durchschnittlich 35 %. Mit ihren Gewinnschätzungen je Aktie liegt die Bank nach eigenen Aussagen jetzt 21 % und 34 % unterhalb der Konsensschätzungen für 2016 und 2017.Von wieder steigenden Rohstoffpreisen geht die Bank nicht aus. Für viele Rohstoffe, unter anderem Aluminium, Kupfer und Eisenerz, erwartet sie auch 2016 sinkende Notierungen. Zwar sei bei Investoren mittlerweile angekommen, dass die Nachfrage geschrumpft sei, Anpassungen auf der Angebotsseite seien aufgrund rückläufiger Kosten – etwa durch den niedrigen Ölpreis sowie niedrige Arbeits- und Ausrüstungskosten – aber bislang ausgeblieben. Bruchlandung ChinasUm eine “harte Landung” Chinas müssen sich Anleger den Analysten zufolge aber keine Gedanken machen: Chinas Industrie- und Baubranche sei bereits hart gelandet. Die Volkswirte der SocGen erwarten für die beiden Sektoren in diesem Jahr nur ein Wachstum von real 2 bis 3 % und eine Stagnation 2016. “Das sind schlechte Nachrichten für Industriemetalle, denn die chinesische Industrie- und Baubranche steht für 40 % der weltweiten Nachfrage”, urteilen sie. Die Branchenexperten haben die vier Konzerne auch einem Stresstest unterzogen und untersucht, wie sich ein Rohstoffpreisrückgang von weiteren 10 % auf den Cash-flow und die Bilanzen auswirken würde. Im Ergebnis zeigten sich Rio Tinto und BHP Billiton widerstandsfähiger als die anderen Unternehmen. Bei einem solchen “Doomsday”-Szenario könne es dennoch zu Dividendenkürzungen und Kapitalmaßnahmen kommen, ansonsten aber eher nicht. Herabstufungen durch Ratingagenturen könnten allerdings in jedem Fall drohen.Am besten weg kommt in der Studie Rio Tinto, die Aktie wird von “Hold” auf “Buy” hochgestuft. Das Kursziel wird aber deutlich reduziert, und zwar von 31 auf 24,50 Pfund (aktuell 25,22 Pfund). Für Rio Tinto sprächen die hohen Cash-flows und die solide Bilanz, dazu sei die Bewertung attraktiv. Der Preis für Eisenerz, das 2016 rund 57 % zum Ebitda von Rio Tinto beitragen werde, sei weniger stark als befürchtet gefallen. Für Aluminium sehe es schlechter aus, das könne aber durch die erfolgte Modernisierung der wichtigen Kitimat-Schmelze in Kanada ausgeglichen werden. Die Dividende ist den Analysten zufolge nicht in Gefahr. Je Aktie wird ein Gewinn von 2,85 US-Dollar (zuvor 2,75), 2,80 (2,86) und 2,90 (3,13) Dollar für die Jahre 2015 bis 2017 prognostiziert.Glencore wird ebenfalls von “Hold” auf “Buy” hochgestuft, das Kursziel liegt jetzt bei 1,30 statt 1,75 Pfund (aktuell 1,16 Pfund). Der Konzern habe die Bedenken wegen der extrem hohen Verschuldung zwar noch nicht ausräumen können, Sorgen um eine Insolvenz à la Lehman Brothers halten die Analysten aufgrund der bereits ergriffenen Maßnahmen aber für übertrieben. Die Aktie sei jetzt zu billig. Die Gewinnschätzungen liegen bei 0,08 US-Dollar für 2015, 0,10 Dollar für 2016 und 0,11 Dollar für 2017.Der Konzern, der seine Nettoschulden um 10 Mrd. Dollar reduzieren will, hatte in den vergangenen Wochen für viele Schlagzeilen gesorgt: Nach der Ankündigung eines Sanierungsprogramms, einer durchgeführten Kapitalerhöhung und Verhandlungen über die Abtrennung der Agrarsparte teilte Glencore am Montag mit, den Verkauf von zwei Kupferminen zu prüfen. Die Aktie reagierte auf diese Nachrichten mit Kurskapriolen, an einem einzigen Tag stiegen die Titel an der Londoner Börse um rund 20 %, in Hongkong sogar um zwischenzeitlich über 70 %, um sich in der Folge wieder zu erholen. Seit dem Börsengang im Mai 2011 hat die Aktie dennoch rund 80 % an Wert verloren.BHP Billiton wird von der SocGen von “Buy” auf “Hold” zurückgesetzt, als Kursziel werden nun 10,50 statt 16,00 Pfund (aktuell 11,35 Pfund) genannt. Grund für die skeptischere Haltung der Analysten: Der Kursrückgang bei BHP Billiton ist im Vergleich zu den Konkurrenzunternehmen moderater ausgefallen. Nun sei die Aktie auf Basis der Kennziffern für 2016 schon hoch bewertet. Die Gewinnschätzungen je Aktie liegen sehr deutlich unterhalb der Konsensschätzungen, erwartet werden nun 0,50 Dollar statt 1,05 Dollar für 2015/2016 und 0,67 statt 1,27 Dollar für 2016/2017. Dass BHP an seiner Dividendenpolitik festhält, also die Ausschüttung auf Dollar-Basis weiterhin erhöhen oder zumindest stabil halten will, kommt bei den Analysten nicht gut an. Sparmaßnahmen begrüßt”Hold” heißt auch das Votum für Anglo American, hier nennen die Analysten ein Kursziel von 5,30 statt 9,50 Pfund (aktuell 6,82 Pfund). Die Sparmaßnahmen des Managements werden begrüßt, ebenso die Fortschritte bei der Trennung von Geschäftsbereichen. Ein Belastungsfaktor sei aber die südafrikanische Tochter Kumba Iron Ore. Insgesamt geht die SocGen davon aus, dass sich die Sorgen um den schwachen Cash-flow, die Verschuldung und die Dividende Anfang 2016 verstärken werden, eine Dividendenkürzung wird für möglich gehalten. Die Gewinnschätzungen je Aktie für 2015 bis 2017 liegen jetzt bei 1,02 statt 0,81 Dollar, 0,73 statt 1,23 Dollar und 0,98 statt 1,84 US-Dollar.Goldman Sachs teilt den Optimismus von SocGen und Morgan Stanley bezüglich Rio Tinto im Übrigen nicht: Die US-Bank hat die Einstufung für Rio Tinto auf “Sell” mit einem Kursziel von 19 Pfund belassen. Der jüngsten Rally der Bergbautitel werde wohl der Schwung ausgehen. Das Überangebot und weiter fallende Rohstoffpreise würden wieder in den Fokus rücken.