Spanien ist international begehrt

Börse in Madrid lässt die Vergangenheit hinter sich - Firmen, Staat und Private noch hoch verschuldet

Spanien ist international begehrt

Spanische Aktien und Anleihen erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Die großen Konzerne nutzen derzeit die Niedrigzinsen und die große Nachfrage nach Bonds und Aktien, um ihre hohen Schulden abzubauen.Von Thilo Schäfer, MadridSpaniens Leitindex Ibex 35 hat die 11 000-Punkte-Marke wieder übersprungen. Von einer Ansteckungsgefahr durch die Lage in Griechenland ist keine Rede. Anders als vor nicht allzu langer Zeit gerät Spanien nicht mehr automatisch in den Blickpunkt, wenn es in anderen Peripheriestaaten brennt. “Heute sehen die Märkte Spanien viel objektiver. Früher fiel die Einschätzung oft übertrieben und ungerecht aus”, sagt Ramón Forcada, Leiter der Finanzmarkt-Analyse der spanischen Bankinter.Die Entspannung der Lage ist besonders deutlich am Anleihemarkt zu sehen, wo die Zinsen auf Tiefststände gesunken sind. Gestern platzierte das Finanzministerium dreimonatige Bonds zu einem Zinssatz von 0,001 %. Für eine 9-Monats-Anleihe fielen 0,122 % an. Insgesamt wurden rund 2,5 Mrd. Euro an den Mann gebracht, womit Spanien fast 20 % seines Finanzierungsbedarfs für 2015 schon gedeckt hat. Der Appetit der Investoren, vor allem aus dem Ausland, auf spanische Werte, seien es Aktien, Anleihen oder Gewerbeimmobilien, nimmt nicht ab. Beim erfolgreichen Börsengang der staatlichen Flughafenbetreibergesellschaft Aena vor zwei Wochen schlugen insbesondere große internationale Anleger wie TCI, BlackRock, Fidelity oder George Soros zu. Dies ermöglichte es dem Staat, den Ausgabepreis für das größte IPO seit Jahren in Madrid zweimal anzuheben und für einen 49-Prozent-Anteil mehr als 4,2 Mrd. Euro einzustreichen. Wirtschaft wächst wiederDie Grundlage für das Vertrauen der Anleger, die seit Sommer 2013 wieder nach Spanien strömen, sind die konjunkturelle Wiederbelebung und die Bereinigung der Schäden aus der geplatzten Immobilienblase. Die Wirtschaftsleistung stieg 2014 um 1,4 %. Gestern gab die Regierung als neue Prognose einen Anstieg von 2,4 % für dieses Jahr bekannt. Angetrieben wird das Wachstum vom Binnenkonsum, da Verbraucher und Unternehmen wieder mehr Vertrauen haben, während die Exporte vom schwachen Euro profitieren.Auf der Kehrseite stehen die nach wie vor sehr hohe Arbeitslosigkeit von 23 % und die Verschuldung des Staates, der Firmen und Privathaushalte. Infolge des Booms, der 2008 jäh zum Ende kam, sitzen immer noch sehr viel Unternehmen und Privatpersonen auf ihren Verbindlichkeiten. Das bereitet zunächst den Banken Probleme, die zur Bereinigung ihrer Bilanzen in den vergangenen Jahren milliardenschwere Rückstellungen bilden mussten. Der Anteil notleidender Kredite im Portfolio der Geldinstitute sinkt aber stetig, und mittlerweile belebt sich auch wieder die Kreditvergabe. Spaniens Kreditinstitute – die sieben größten machen 40 % des Ibex 35 aus – haben beim europäischen Bilanztest 2014 gut abgeschnitten. Doch viele Analysten erwarten noch weitere Anstrengungen. Branchenprimus Santander kam dem im Januar mit einer Kapitalerhöhung von 7,5 Mrd. Euro nach und senkte gleichzeitig die Ausschüttung um zwei Drittel.Auch die Konzerne leiden noch unter den Sünden der Vergangenheit, als sie massiv Kredite aufnahmen, um ihre Expansion zu finanzieren. Ende 2014 hatten die 28 Nichtbankenwerte im Ibex 35 Nettoverbindlichkeiten von 176 Mrd. Euro, was rund der Hälfte ihres Börsenwertes entspricht. Vor allem eines der Schwergewichte der Madrider Börse, der Telekomriese Telefónica, steht wegen seiner hohen Verbindlichkeiten unter Beobachtung. Stark betroffen sind auch Bau- und Versorgungsunternehmen wie ACS, Eigentümer von Hochtief, OHL, Ferrovial oder Sacyr, deren Schulden das 15-Fache des Gewinns betrug. Die Konzerne bauen diese Last derzeit langsam ab, durch Veräußerungen, neue Kapitalgeber – Soros stieg bei FCC ein -, und die Umstrukturierung der Schulden. Dabei kommen ihnen die günstigen Marktbedingungen mit Niedrigzinsen entgegen. Die börsennotierten Konzerne versuchen ihre Bankkredite loszuwerden und zapfen dafür die Anleihemärkte an. “Das ist ein Schnäppchen”, kommentiert Forcada. “Am Markt bekommen die Firmen Kredite für fünf Jahre unter 1 %. Welche Bank macht sowas schon?” Risikofaktor PodemosAuch wenn Spaniens Wirtschaft und die Märkte nunmehr auf soliden Füssen stehen, geht von Griechenland in anderer Sicht eine gewisse Ansteckungsgefahr aus. Der Wahlsieg von Syriza hat Podemos beflügelt, die erst vor einem Jahr gegründete Linkspartei, die in einigen Umfragen an der Spitze liegt. Ende des Jahres stehen in Spanien Wahlen an, und Podemos vertritt ähnliche Forderungen wie ihre griechische Schwesterpartei. “Je besser es Syriza geht, desto schlechter für Spanien”, meint Forcada von Bankinter.