Staatsanleihen reduzieren das Risiko

J.P. Morgan sieht jetzt Chancen für aktives Management - Fazit: "Ruhe bewahren"

Staatsanleihen reduzieren das Risiko

kjo Frankfurt – Der aktuelle Börsencrash hat sich immer weiter fortgesetzt und die Anleger rund um den Globus verunsichert. Nachdem US-Aktien seit ihrem Höchststand im Februar bereits mehr als 20 % gefallen sind, ist der Bärenmarkt nun Realität. Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, gibt besorgten Anlegern fünf langfristige Investitionsüberlegungen mit auf den Weg, die in diesem Umfeld helfen können, einen kühlen Kopf zu bewahren. Wachstum wird hart getroffenDas Ausmaß und die Dauer von Bärenmärkten können variieren (vgl. Grafik). Die Ausbreitung von Covid-19 wirke sich mittlerweile schwer auf soziale Aktivitäten und das Reiseverhalten in den USA und in Europa aus. Das globale Wachstum im ersten und zweiten Quartal 2020 dürfte hart getroffen werden, so die Einschätzung im Hause von J.P. Morgan Asset Management. “Wie stark und wie lange die Wirtschaft schrumpfen wird, hängt davon ab, wie schnell die Ansteckungsfälle ihren Höhepunkt erreichen und wie die Politik darauf reagieren wird. Selbst wenn die Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf wieder wachsen sollte, werden die Auswirkungen auf die Unternehmenserträge erheblich sein”, sagt Galler.Bis sich die Folgen der Pandemie in den Gewinnerwartungen und Bewertungen voll niederschlagen werden, könne jedoch noch einige Zeit vergehen. Der Stratege sieht aber auch einen Hoffnungsschimmer: “Sobald die Ausbreitung eingedämmt ist, dürfte sich die Weltwirtschaft wieder erholen. Auf kurze Sicht sollte das Augenmerk auf der Zahl der Neuinfektionen liegen und darauf, wie schnell und in welchem Umfang die Politik antwortet.”Laut Galler zeigen die aktuell fallenden Märkte wieder einmal, wie wichtig eine breite Streuung von Anlagen ist. So haben beispielsweise Staatsanleihen bislang in diesem Jahr ihre Aufgabe erfüllt und sind bei fallenden Aktienkursen gestiegen – und das, obwohl die Renditen zu Jahresbeginn nahe der Rekordtiefs lagen. “Die negative Korrelation zwischen Aktien und Staatsanleihen hatte auch in der jüngsten Korrektur Bestand. Staatsanleihen können Anlegern helfen, mit der Portfoliovolatilität umzugehen”, betont Galler.US-Staatsanleihen haben sich laut Galler seit Jahresbeginn besser entwickelt als britische und deutsche Staatsanleihen. “Nach der aggressiven Zinssenkung durch die amerikanische Notenbank ist die Wahrscheinlichkeit weiter schrumpfender Staatsanleiherenditen allerdings gesunken. So haben Staatsanleihen zur Risikoreduktion zwar weiter einen wichtigen Platz in den Portfolios. Allerdings wurde die starke Rally seit Jahresbeginn von einer Ausweitung der Risikoprämie bei Agency- und Unternehmensanleihen sehr hoher Qualität begleitet. Und so haben die letztgenannten Anleihen aus relativer Sicht zunehmend an Attraktivität gewonnen. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass bei Fortdauer der Krise nach unserer Einschätzung Zentralbankinterventionen in diesem Segment zukünftig zunehmen dürften”, betont der Experte. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat hier bereits reagiert und das Pandemic Emergency Purchase Programme – kurz PEPP – ins Leben gerufen. Damit wollen die europäischen Währungshüter für 750 Mrd. Euro Anleihen privater und öffentlicher Emittenten kaufen. Die EZB will mit diesem umfangreichen Programm die Transmission geldpolitischer Impulse sicherstellen.Galler weist nachdrücklich darauf hin, dass Markt-Timing nicht einfach ist. “Die Erfahrung zeigt, dass Anleger ihre Aktien nach scharfen Marktkorrekturen verkaufen – damit treffen sie aber oft einen ungünstigen Zeitpunkt, weil sie dann auch die Erholung verpassen”, führt er aus. Extreme VolatilitätDas Fazit von Galler: “Ruhe bewahren”. Ein Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte zeige, dass es in fast jedem Jahrzehnt eine Phase mit extremer Volatilität an den Kapitalmärkten gebe. “Die Dauer dieser Phasen ist schwierig vorherzusagen, und gerade in der aktuellen Krise gibt es einen hohen Unsicherheitsfaktor. Aber in vielen Jahren haben sich die Aktienmärkte trotz zweistelliger Marktrückgänge auf mittelfristige Sicht wieder kräftig erholt und positive Erträge geliefert”, sagt er. Aktuell sei es wenig sinnvoll, ein konkretes Ende oder den Wendepunkt in dieser Krise zu prognostizieren, aber häufig seien Schwächephasen am Aktienmarkt auch eine Chance für aktives Management, um die Bewertungsanomalien, die sich durch undifferenziertes Verkaufen ergeben, für die Zukunft zu nutzen.