Sterling droht holpriger Weg

Nur eines von vier Szenarien für die britische Parlamentswahl spricht für ein festeres Pfund

Sterling droht holpriger Weg

Die britischen Parlamentswahlen am Donnerstag drohen mittelfristig zu einer Belastung für das Pfund zu werden. Das einzige positive von vier möglichen Szenarien für Sterling ist zugleich auch das unwahrscheinlichste.Von Stefan Schaaf, FrankfurtWährend die Nervosität der britischen Politik dieser Tage wegen des unklaren Wahlausgangs wächst, zeigt sich der Währungsmarkt sehr gelassen. Das Pfund zeigt wenig Volatilität, sein Kurs wurde jüngst vor allem von Konjunkturdaten und dem globalem Trend “starker Euro/schwacher Dollar” beeinflusst.Nun ist es zwar ungewöhnlich, dass die von Briten dominierten Handelstische am wichtigen Devisenhandelsplatz London gegen die eigene Währung wetten, allerdings ist Sterling zuletzt auch das wichtigste Ventil gewesen, um Ängste vor den Folgen des Brexit abzulassen. Und hier stehen die Zeichen auf weitere Risiken, denn nur das unwahrscheinlichste Szenario für den Wahlausgang am Donnerstag – eine Labour-Regierung – verspricht einen sanften und damit das Pfund stärkenden Brexit.Als die britische Premierministerin Theresa May vorzeitige Neuwahlen ankündigte, reagierte das Pfund mit einer deutlichen Aufwertung. Der Grund: Es zeichnete sich ein Erdrutschsieg von Mays Konservativen ab. Damit verbunden war die Hoffnung, dass die Premierministerin einen besseren Brexit-Deal aushandeln kann, wenn sie nicht auf Brexit-Hardliner in ihrer eigenen Partei Rücksicht nehmen muss.Doch jüngste Umfragen legen nahe, dass dieses Szenario eher unwahrscheinlich wird. Es zeichnet sich eher eine knappe Mehrheit oder gar ein Parlament ohne klare Mehrheit – Hung Parliament genannt – ab. Die Konservativen könnten, was als am wahrscheinlichsten gilt, ihre knappe Mehrheit verteidigen, was dem Pfund wohl kaum aufwärts helfen würde. “Eine kleine Mehrheit könnte den Prozess verkomplizieren, was das Pfund auf einen holprigen Weg senden würde”, stellen die Währungsanalysten von Morgan Stanley fest. Das Hin und Her in den Verhandlungen der neuen britischen Regierung mit der EU über die Modalitäten des Austritts werde die Bank of England dazu veranlassen, ihre Zinsen unverändert zu lassen – trotz steigender Inflation. Morgan Stanley erwartet zum Jahresende einen Kurs von 1,28 Dollar und damit leicht unter dem aktuellen Niveau. Für den Euro, den die Bank breit im Aufwind sieht, lautet die Prognose auf 92 Pence (aktuell: 87,4 Pence). Der Reuters-Konsens lautet auf 1,27 Dollar bzw. 86 Pence auf Sicht von sechs Monaten. Ein Hung Parliament würde wegen Koalitionsverhandlungen den Start der Brexit-Verhandlungen verzögern, was das “schlechteste Ergebnis für die britische Währung wäre”, wie die Commerzbank feststellt. Diese Perspektive beunruhigt den Markt noch nicht, erläutert unter Hinweis auf den Optionsmarkt Kathleen Brooks, Analystin bei City Index. “Der Markt erwartet eine Ein-Parteien-Regierung als Ergebnis dieser Wahl.”Während ein Wahlsieg der Konservativen wohl wegen dieses von Investoren bevorzugten Ausgangs das Pfund zunächst einmal stärken würde, könnte es unter Labour nach einem ersten Einbruch – auch wegen der scharfen, teils marxistischen Rhetorik ihres Spitzenkandidaten Jeremy Corbyn – möglicherweise längerfristig profitieren. “Ich sehe die Möglichkeit, dass Corbyn einen viel besseren Start in den Verhandlungsprozess in Brüssel hat, weil er eine gemäßigtere Position des Vereinigten Königreichs darstellt”, schreibt Ulrich Leuchtmann, Chef der Währungsanalyse der Commerzbank. “Er kann die Verhandlungen führen ohne die Last von EU-Hassern in seiner eigenen Regierung, ein Faktor, der Mays Anstrengungen sicherlich verkompliziert.”Allerdings gilt ein Sieg von Labour trotz des verringerten Rückstands als das unwahrscheinlichste der vier Szenarien für den Wahlausgang. Und während das Hung Parliament wie auch eine knappe konservative Mehrheit das Pfund schwächen dürfte, ist fraglich, ob eine breite Mehrheit für May tatsächlich mittelfristig positiv für Sterling wäre. Zum einen ist dieses Szenario weitgehend eingepreist, zudem wird der Brexit – wenn er in zwei Jahren umgesetzt wird – voraussichtlich der britischen Wirtschaft schaden und damit auch ihre Währung schwächen.