DEVISENWOCHE

Steuert der Yuan in eine Sackgasse?

Von Jörg Rohmann *) Börsen-Zeitung, 11.3.2014 Der Yuan musste jüngst deutliche Abschläge hinnehmen. Ende Februar erzielte er den höchsten Wochenverlust seiner Geschichte. Schuld war die Intervention der chinesischen Notenbank. Viele Marktteilnehmer...

Steuert der Yuan in eine Sackgasse?

Von Jörg Rohmann *)Der Yuan musste jüngst deutliche Abschläge hinnehmen. Ende Februar erzielte er den höchsten Wochenverlust seiner Geschichte. Schuld war die Intervention der chinesischen Notenbank. Viele Marktteilnehmer gehen von einem temporären Phänomen aus. Dabei wird übersehen, dass sich die Rahmenbedingungen deutlich verändert haben. Die jahrelange Aufwertung wird bis auf Weiteres gestoppt.Der Yuan stellt seit Jahren eine ideale Carry-Trade-Währung dar. Die Währung weist eine hohe Realzinsdifferenz zu Niedrigzinsräumen wie den USA und der Eurozone aus. Die kontinuierliche Aufwertung des Yuan ist ferner durch politischen Druck seitens der USA und der Transformation des chinesischen Geschäftsmodells von einer Export- zu einer Konsumgesellschaft sowie Leitwährungsbestrebungen seitens Chinas bedingt.Die chinesische Notenbank kann jedoch aufgrund der Kredit- und Immobilienblase keine Zinssenkung durchführen und so die Realzinsdifferenz verringern, um damit den Kapitalzufluss abzumildern. Die Folge ist ein asymmetrisches Investment: Viel zu gewinnen, wenig zu verlieren. Die UBS schätzt, dass allein in 2013 rund 150 Mrd. Dollar als rein spekulative Anlage ihren Weg nach China gefunden haben. Seit 2005 wertete der Yuan um etwa 33 % auf. Drastische ÄnderungenDoch die ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten drei Jahren drastisch verändert. Zum einen will man durch Liquiditätsentzug die Kredit- und Immobilienblase langsam deflationieren. Zum anderen sollen die größten Reformen der letzten 20 Jahre umgesetzt werden. Gleichzeitig soll das Wachstum mit 7,5 % für 2014 konstant hoch bleiben. Das sind teilweise konträre Ziele. Vor diesem Hintergrund spielt die Geldpolitik eine besondere Rolle. Premier Li spricht von einer “ausgewogenen Geldpolitik”. Letztes Jahr strebte man noch eine “umsichtige Geldpolitik” an. Es kristallisiert sich eine flexiblere und aktiviere Geldpolitik als bislang heraus, um die unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Ziele zu erreichen.Neben der Eindämmung der Kredit- und Immobilienblase versucht man das Schattenbankensystem einzudämmen. Schätzungsweise hat dieses einen Umfang von 2,5 bis 4,4 Bill. – zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Diese Entwicklungen gefährden die Finanzstabilität des Landes. Jedoch werden diese Bemühungen durch den ausländischen Kapitalzufluss konterkariert. Allein im Januar stiegen die Bankkredite im Jahresvergleich um 14,3 % auf 160 Mrd. Euro. Der höchste Wert seit 2010.Die Notenbank intervenierte daraufhin. Den chinesischen Behörden ist klar, dass Liquiditätsentzug und verschärfte Regulierung im Immobilienmarkt negative Auswirkungen auf die Konjunktur entfalten können. Im Januar verlangsamten sich bereits die Preissteigerungen in den großen Städten auf 9,6 % im Jahresvergleich.Vor diesem Hintergrund erscheint eine gezielte Abwertung des Yuan zur Verbesserung der Exportwettbewerbsfähigkeit sinnvoll. Erstmals seit der Finanzkrise wird eine Schwächung des Yuan offiziell als wirtschaftspolitisches Instrument in Erwägung gezogen. Japan hat es durch seine Abwertungspolitik vorgemacht. Dabei spielt die Inflation von 2 % – die weit unter der Zielvorgabe von 3,5 % liegt – der Notenbank in die Hände. Der Yuan kann abgewertet werden, ohne dass höhere Importpreise innenpolitischen Druck entstehen lassen. Eine andere SituationDies ist eine andere Situation als im Jahr 2012, die von einigen Marktkommentatoren als Referenz herangeführt wird. Auch damals hatte China den Yuan abrupt abgewertet. Der Aufwärtstrend wurde kurz danach wieder aufgenommen. Es herrschte jedoch eine teils hohe Inflation und die Finanzstabilitätsrisiken waren noch nicht so ausgeprägt wie heute.Die sprunghafte Abwertung hat dazu geführt, dass Investoren vermehrt Dollar zurückgekauft und Yuan verkauft haben. Die Liquidität im chinesischen Geldmarkt stieg und die Zinsen fielen. Der gewünschte Liquiditätsentzug trat nicht ein. Die Notenbank steht vor einem Dilemma. Um die Volkswirtschaft zu deflationieren, bedarf es hoher Zinsen und knapper Liquidität. Doch wenn man die Währung schwächt, erhöht sich die Liquidität. In diesem Spannungsfeld muss die Notenbank glaubhaft machen, dass die Yuan-Aufwertung kein Selbstläufer ist. Ebenso muss aber das Zinsniveau hoch gehalten werden. Beides ist nicht gleichzeitig zu erreichen und erfordert eine situationsspezifische Abwägung. Eine erhöhte Volatilität wird folgen.Sollten Investoren die höhere Volatilität im Yuan mit makroökonomischen Risiken in der chinesischen Volkswirtschaft gleichsetzen, kann aufgrund der bisherigen Beliebtheit des Carry Trades eine Panik nicht ausgeschlossen werden, wenn alle zur gleichen Zeit durch dieselbe Tür wollen.Ein weiterer Auslöser für eine extreme Marktreaktion könnte auch die Aufhebung von Kapitalverkehrskontrollen nächstes Jahr in China sein. Bisher dürfen Privatpersonen lediglich 50 000 Dollar aus dem Land transferieren. Kommt die Aufhebung, dann könnte sogar mehr Kapital abwandern als hineinfließt.Der Internationale Währungsfonds geht in einer Studie davon aus, dass die Netto-Kapitalabflüsse zwischen 11 und 18 % des chinesischen Bruttosozialprodukts liegen werden. Der Carry Trade entpuppt sich damit als Kapitalvernichter. Letztlich kann dann ein Zinsschock in China drohen. Die Entwicklung der vergangenen Wochen sollte Investoren zur Vorsicht mahnen. Sicherlich wird der Yuan nicht zuletzt aufgrund des außenpolitischen Drucks der USA, der Transformation des chinesischen Geschäftsmodells sowie der Leitwährungsbestrebungen seitens Chinas langfristig aufwerten. Für 2014 ist das aufgrund der volkswirtschaftlichen Herausforderungen aber keine ausgemachte Sache. Eine höhere Volatilität gehört ab sofort zur Norm, um die unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Ziele in Einklang zu bringen. Der Yuan ist eben keine Einbahnstraße mehr, sondern kurzfristig vielleicht sogar eine Sackgasse.—-*) Jörg Rohmann ist Devisenanalyst bei Alpari.