VOLATILITÄTS-CHECK - GASTBEITRAG

Sturm im Superwahljahr

Börsen-Zeitung, 25.2.2017 Es ist ein Superwahljahr; die Monate von März bis September stehen in der Eurozone ganz im Zeichen der Wahlen. Etwa die Hälfte aller Wahlberechtigten der Eurozone geht in drei Staaten an die Urnen. Sorgen bereiten in allen...

Sturm im Superwahljahr

Es ist ein Superwahljahr; die Monate von März bis September stehen in der Eurozone ganz im Zeichen der Wahlen. Etwa die Hälfte aller Wahlberechtigten der Eurozone geht in drei Staaten an die Urnen. Sorgen bereiten in allen drei Staaten die zuletzt starken Umfragewerte der Rechtspopulisten. Den Anfang machen die Niederländer, die am 15. März über ihr neues Parlament abstimmen. Letzte Umfragen sehen die Partei für Freiheit (PVV) von EU-Gegner Geert Wilders mit 17 % knapp in Führung liegen. Massive Spread-AusweitungenNur etwas mehr als fünf und sieben Wochen später gehen die Franzosen in den beiden Runden der Präsidentschaftswahl an die Urnen. Mit einem Prognosewert von zuletzt 25 % liegt für den ersten Wahlgang auch hier eine EU-Gegnerin vorne: Marine Le Pen vom Front National. Noch bevor im September ein neuer Bundestag gewählt wird, könnte sich die politische Landkarte in Europa massiv nach rechts verschieben. Die Rentenmärkte haben die drohenden politischen Veränderungen schon heute im Griff. Der Spread zehnjähriger niederländischer Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen stieg zuletzt auf den höchsten Wert seit dem Jahr 2013. Noch beunruhigter agieren die Investoren beim Thema Frankreich: Der Risikoaufschlag zehnjähriger französischer Staatsanleihen kletterte auf den höchsten Wert seit dem Höhepunkt der Eurokrise im Jahr 2012. Damit musste Frankreich – zumindest zeitweise – höhere Zinsen bezahlen als Irland. Zur Erinnerung: Irland flüchtete als erster Euro-Staat unter den Euro-Rettungsschirm und kann sich erst seit Ende 2013 wieder vollständig am Kapitalmarkt refinanzieren. Auch Lettland und die Slowakei konnten ihre Staatsschulden zuletzt zu niedrigeren Zinsen aufnehmen als Frankreich.Zumindest auf den ersten Blick zeigen sich die Aktienmärkte unbeeindruckt von den anstehenden Wahlen und den massiven Spread-Ausweitungen. Betrachten wir als Referenz den Euro Stoxx 50, in dem französische und niederländische Unternehmen auf ein aggregiertes Gewicht von 44 % kommen. Kursgewinne und niedrige Volatilitäten bestimmten hier das Bild. Der VStoxx, der die erwartete zukünftige Schwankung des Euro Stoxx angibt, stürzte im Februar auf seinen niedrigsten Stand seit 2014. Da der Volatilitätsindex jedoch nur die Schwankungen der kommenden 30 Tage prognostiziert, kommt er als Prognoseinstrument für die Zeit der Wahlen nur bedingt in Betracht. Besser eignen sich hier die länger laufenden Volatilitäts-Futures, deren Laufzeiten über die Wahltermine von März bis Mai hinausgehen. Der Drei-Monats-Future wurde im Vergleich mit dem Ein-Monats-Future zuletzt in dem höchsten Laufzeit-Spread in der bis 2009 zurückgehenden Historie dieser Futures gehandelt. Derivateexperten rechnen also spätestens mit den Wahlen mit einer deutlichen Zunahme der zuletzt so niedrigen Volatilität.Mindestens genauso spannend ist ein Blick auf die Positionierung der Profi-Investoren. Eine Analyse aller ausstehenden Optionen auf den Euro Stoxx 50 zeichnet ein eindeutiges Bild: Das Volumen ausstehender Put-Optionen stieg relativ zum Volumen ausstehender Call-Optionen auf den höchsten Wert in der bis 2002 zurückgehenden Datenhistorie. Institutionelle Investoren sehen im Hinblick auf die Wahlen in den Niederlanden und Frankreich also immensen Absicherungsbedarf. Dazu passt, dass das höchste Volumen dabei auf den im Juni fälligen Put mit einem Basispreis von 3 000 Punkten entfällt. Dies ist etwa 10 % unterhalb des aktuellen Indexstands.Für Profi-Investoren gilt es also als ausgemacht, dass der Sturm, der die Rentenmärkte bereits erfasst hat, auf die Aktienmärkte übergreifen wird. Die Zukunft wird in Abhängigkeit von den Wahlergebnissen zeigen, ob am Ende ein leichter Wind oder doch ein Hurrikan auf die Aktienmärkte trifft.—-Thomas Altmann, Leiter des Portfolio-Managements von QC Partners