Sturmrisiken in Fonds absichern

Portfoliomanager wollen Wetterderivate einsetzen - Instrumente bislang nicht zugelassen

Sturmrisiken in Fonds absichern

Der Einfluss des Wetters auf Unternehmen und Wirtschaftsleistung wächst mit dem Klimawandel. Damit nimmt auch die Bedeutung von Wetterphänomen für die Finanzbranche und das Assetmanagement zu.Von Wolf Brandes, FrankfurtSchätzungsweise 20 % der Wirtschaftsleistung werden durch Wetterereignisse beeinflusst. Nach Zahlen der Munich Re gab es allein in den letzten drei Jahren Schäden von 595 Mrd. Dollar durch Extremwetterlagen. Bezogen auf das Jahr 2018 wird weltweit ein Wert von 160 Mrd. Dollar genannt. In Europa verursachten Hitze und Trockenheit 2018 Kosten von 3,9 Mrd. Dollar – relativ zu den weltweiten Schäden eine noch überschaubare Größe. Bemerkenswert ist die Höhe der Absicherung: Während mehr als die Hälfte der amerikanischen Hurrikanschäden versichert waren, lag die Quote bei den versicherten Schäden durch die Trockenheit in Europa nur bei knapp 7 %, so Munich Re. Geschäft der RückversichererWetterrisiken sind das traditionelle Geschäft der Rückversicherungen. Der Risikotransfer von Versicherungsrisiken in die Finanzmärkte hat mit Cat Bonds bereits eine lange Historie. Durch deren Einsatz versuchen die Unternehmen ihre Risiken weiterzugeben. Das trifft auch für neuere Instrumente zu: “Das wichtigste Einsatzgebiet für Energie- und Wetterderivate besteht in der Absicherung von Risiken und damit dem Risikotransfer auf weitere Akteure. Damit sind standardisierte börsengehandelte Derivate ein wichtiges Werkzeug von Rückversicherern”, so Steffen Köhler von der Leipziger Strombörse EEX. Wind kein BasiswertWährend in der Versicherungswirtschaft die Absicherung gegen Wetterrisiken möglich ist, sieht es im Portfoliomanagement anders aus. “Die Klimaveränderungen haben einen immer größeren Einfluss auf Unternehmen. Es ist daher gar nicht abwegig, die Frage aufzuwerfen, ob der Einsatz von Wetterderivaten in Fonds erlaubt werden sollte”, sagt Mike Rinker, Rechtsanwalt bei Union Investment. Bislang ist laut Kapitalanlagegesetzbuch der Einsatz von Wetterderivaten nicht möglich. Das gilt auch für Cat Bonds. “Der Erwerb von Anleihen, deren Ertrag bzw. deren Bedienung vom Eintritt eines Katastrophenereignisses abhängig ist (Cat Bonds), ist nicht zulässig”, schreibt die BaFin auf ihrer Webseite.Nicht nur im Portfoliomanagement würde man es begrüßen, mit Derivaten Wetterrisiken abzusichern. “Klima und Risikomanagement wird zu einem Thema, das immer mehr Relevanz auch für die Finanzbranche hat”, so die Einschätzung von Martin Eichstädt-Krug von der ABN Amro Bank, der als Clearer Interesse an dem Thema hat. Von der gesetzlichen Erlaubnis bis zum Einsatz in der Praxis ist es jedoch ein weiter Weg. “Ließe man Messgrößen wie Niederschläge, Temperatur und Wind als Basiswerte zu, gingen damit erhebliche Anforderungen an das Portfoliomanagement einher. Wetterderivate lassen sich nicht einfach in den gängigen Systemen abbilden. Es braucht unter Umständen Meteorologen im Portfoliomanagement”, gibt Jurist Rinker zu bedenken. Zum anderen fehlt in Europa noch ein liquider Markt für Wetterderivate.Für den Einsatz von Energiederivaten als erste Stufe im Schritt hin zu Wetterderivaten im Portfoliomanagement setzt sich Steffen Köhler von der EEX ein: “Für Marktteilnehmer aus dem Finanzmarktumfeld sind die Energie- und Commodity-Märkte eine interessante Alternative, um ihr Portfolio zu diversifizieren.” Standardisierte börsengehandelte Derivate seien ein wichtiges Werkzeug im Risikomanagement – nicht nur für Rückversicherer. “Die reine Absicherung gegen das Phänomen Wetter (wie Temperatur oder Wind) entwickelt sich erst noch. Hier gibt es Ansätze, u. a. aus dem außerbörslichen Umfeld, die noch nicht das Potenzial für einen liquiden Marktplatz haben”, so Köhler. Einfluss auf Kapitalanlagen Nicht nur im Portfoliomanagement, sondern auch unter Investoren werden Klima und Wetter als wichtige Faktoren im Investmentprozess gesehen. Eine Umfrage von Union Investment unter institutionellen Anlegern ergab, dass zwei Drittel der Befragten überzeugt sind, dass nachhaltige Kapitalanlagen das Weltklima entscheidend positiv beeinflussen können. Andererseits hat nur eine Minderheit Informationen über die Klimawirkung ihres Portfolios. Das zeigt, dass im Fondsmanagement und bei Investoren Handlungsbedarf besteht.