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Südafrika nach Zuma: Sturm am Kap der Guten Hoffnung ist nicht vorbei

Börsen-Zeitung, 25.4.2018 Mit der Ernennung von Cyril Ramaphosa zum Präsidenten des ANC (African National Congress) und der Republik Südafrika ist das Vertrauen auf eine politische wie auch wirtschaftliche Neuausrichtung am Kap der Guten Hoffnung...

Südafrika nach Zuma: Sturm am Kap der Guten Hoffnung ist nicht vorbei

Mit der Ernennung von Cyril Ramaphosa zum Präsidenten des ANC (African National Congress) und der Republik Südafrika ist das Vertrauen auf eine politische wie auch wirtschaftliche Neuausrichtung am Kap der Guten Hoffnung gestiegen. Dies ist angesichts der Korruptionsvorwürfe gegen den alten Präsidenten Jacob Zuma durchaus nachvollziehbar. Das Land, dessen soziale und ökonomische Strukturen auch fast 25 Jahre nach Ende der Apartheid noch immer sehr ungleich sind, benötigt einen Präsidenten, der nicht nur eine effektive Führungskraft ist, sondern vor allem ein Vorbild und Visionär, mit dem sich alle Volksgruppen identifizieren können. Nelson Mandela war solch eine Persönlichkeit. Als er 1994 Staatspräsident wurde, erzeugte er durch Glaubwürdigkeit, Integrität und Visionen Aufbruchsstimmung und Kompromissbereitschaft, sowohl bei der schwarzen wie auch bei der weißen Bevölkerung in Südafrika. Doch bereits unter seinem Nachfolger Thabo Mbeki ging diese Vision verloren. Erneut hielt eine wirtschaftliche Ordnung Einzug, die eine ethnisch basierte Umverteilung durch neue Gesetzgebung (Black Economic Empowerment) initiierte. Auch Zuma setzte diese Politik fort, die von Korruption, Vetternwirtschaft, Ineffizienz und Fehlallokation von Ressourcen begleitet wurde. Fast 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid kann Südafrika infolge dieser Politik keine bedeutenden Erfolge bei der Lösung der grundsätzlichen Probleme des Landes vorweisen. Auch weiterhin zeigt das Land ein ungenügendes Potenzialwachstum. Selbst bei einem nur moderaten konjunkturellen Aufschwung entsteht schnell Inflationsdruck, und das Leistungsbilanzdefizit weitet sich aus. Zudem sinkt die Wachstumsdynamik nun schon seit mehreren Jahren und vor allem seit der Präsidentschaft von Zuma (2009 bis Anfang 2018). In den letzten Quartalen hat sich das Wirtschaftswachstum auf rund 1 % eingependelt und verharrt somit deutlich unter dem auch so schon geringen aktuellen Potenzialwachstum von geschätzten 2 %. Eine effizientere Steuerung des Staatsapparates unter Ramaphosa wäre deshalb nicht nur wünschenswert, um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung besser zu befriedigen, sondern auch, um eine Wende beim sinkenden Potenzialwachstum einzuleiten. Doch die größte wachstumshemmende Schwachstelle bleibt das mangelhafte Bildungssystem. Für das Schulsystem wird zwar offiziell eine Abschlussquote von rund 75 % angegeben. Durch die hohe Durchfallrate bei Prüfungen ist jedoch von einer effektiven Rate von unter 40 % auszugehen. Und dies, obwohl das Land über 20 % des Staatshaushalts für Bildung ausgibt. UmverteilungsdenkenDie zehnjährigen Renditen sind seit der Abschaffung der Apartheid und dem Abklingen der Asien-/Russlandkrise 1998 zwar deutlich gefallen. Sie verbleiben allerdings nun schon länger auf einem relativ stabilen Niveau von ca. 8 %. Ist mit einer weiteren strukturellen Senkung unter dem neuen Präsidenten zu rechnen? Das grundsätzliche Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage dürfte auch der neue Präsident nicht entscheidend angehen. Denn der ANC ist in seinem Umverteilungsdenken gefangen, wie es jüngste Entwicklungen rund um die Reform bei Agrarland erneut gezeigt haben. Somit lastet auch weiterhin große Verantwortung auf der südafrikanischen Notenbank, die mit hohem Zinsniveau das wirtschaftliche Gleichgewicht halten bzw. Defizite finanzieren muss und den Inflationsdruck (Inflationsziel von 3 bis 6 %) stabil zu halten hat. Um das lange Ende der Zinskurve nachhaltig nach unten zu korrigieren, muss sich die Risikoeinschätzung verbessern, damit sich die Risikoprämie Südafrikas reduziert. Doch auch hierfür ist der Handlungsspielraum begrenzt. Der Druck auf die Staatsausgaben sollte mangels höheren Wachstums hoch bleiben, während die Verteilungspolitik und die anhaltende Dominanz des ANC wenig Anreize für mehr Transparenz und Investitionen schaffen. Für eine grundsätzliche Neueinschätzung des Renditeniveaus unter dem neuen Präsidenten ist es folglich zu früh. Auch wenn der südafrikanische Rand aufgrund politischer Entwicklungen oftmals volatile Zeiten erfährt, hat sich der preisbereinigte effektive Wechselkurs als stabile Zeitreihe herausgestellt, sprich: Der Rand wertet langfristig gegenüber den Währungen der Handelspartner um den Inflationsunterschied ab. Dies ist nicht unbedingt selbstverständlich. Denn für viele Devisenkurse, insbesondere von Schwellenländern, erweist sich die Auf- oder Abwertungsdynamik oftmals als volatil – selbst langfristig. Das Vertrauen in diese Entwicklung beruht allerdings weniger auf fundamentalen Entwicklungen als auf der südafrikanischen Notenbankpolitik. Dieser Herausforderung scheint sie allerdings bis dato erfolgreich mit ihrer Geldpolitik nachzukommen. —-Klaus BauknechtChefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank