Südostasiens Börsen im Bann Chinas

Gewinnerwartungen werden trotz Entspannung im Handelsstreit nach unten korrigiert

Südostasiens Börsen im Bann Chinas

Südostasien spürt zunehmend die Folgen des amerikanisch-chinesischen Handelsstreits. Die Wachstumsraten lassen nach. Zu spüren bekommen das auch die Aktienmärkte der Region.Von Ernst Herb, HongkongSüdostasien spürt zunehmend die Folgen des amerikanisch-chinesischen Handelsstreits und die davon ausgehende abschwächende globale Nachfrage. Das überrascht nicht, ist China doch der wichtigste Handelspartner von neun der zehn Volkswirtschaften im Verband Südostasiatischer Nationen (Asean). Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) hat denn schon im Juli ihre Wachstumsprognose für den regionalen Wirtschaftsraum für das laufende Jahr von vorher 4,9 % auf nur noch 4,8 % nach unten korrigiert.Bei dieser Prognose ging das multilaterale Entwicklungsinstitut allerdings von einem nicht weiter eskalierenden Handelskrieg und einer Stabilisierung des chinesischen Wirtschaftswachstums aus. Entsprechend empfindlich reagieren die regionalen Aktienmärkte denn jeweils auch auf Nachrichten von der Handelskriegsfront oder auf Konjunkturdaten aus der größten asiatischen Volkswirtschaft.So auch Anfang Woche, als bekannt wurde, dass die chinesische Industrieproduktion im August 4,4 % im Vergleich zum Vorjahr das niedrigste Wachstum seit 17 Jahren aufwies. Der rohstofflastige indonesische Aktienmarkt gab am Montag um 1,8 % nach. Das vernichtete Kursgewinne der vergangenen Tage und Wochen, die dank der Ankündigung der Wiederaufnahme der chinesisch-amerikanischen Handelsgespräche sowie der jüngsten geldpolitischen Lockerung der Europäischen Zentralbank realisiert worden waren.Das BIP-Wachstum der kleinen und offenen Volkswirtschaft Singapurs betrug im zweiten Quartal 2019 nur noch 3,3 % im Vorjahresvergleich. Nach jüngsten Schätzungen des Finanzministeriums wird das BIP des Stadtstaates im laufenden Jahr zwischen 0 und 1 % wachsen. Widerstandsfähiger zeigte sich zumindest bisher Indonesien, die mit ihren über 220 Millionen vorwiegend jungen Einwohnern mit Abstand größte Volkswirtschaft der Region. Nach Angaben des Finanzministeriums von Ende August wird das BIP im laufenden Jahr um 5,1 % expandieren. Noch im Frühjahr ging die Regierung von einem Wachstum von 5,2 % aus. Vietnam liegt vornDabei erschien es noch vor wenigen Monaten, als sei Südostasien klarer Nutznießer der sich verschlechternden chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Immer wieder genannt wurde in diesem Zusammenhang das Billiglohnland Vietnam, in das seit dem mittlerweile vor über einem Jahr ausgebrochen Handelskrieges beschleunigt Arbeitsplätze und Fabriken aus China abgewandert sind. Das war auch ein Hauptgrund dafür, dass die Börse der Wirtschaftsmetropole Ho-Chi-Minh-Stadt mit einem seit Anfang des Jahres an den Tag gelegten Plus von über 10 % die mit Abstand beste Performance aller Aktienmärkte der Region an den Tag gelegt hat.Dafür gab es auch gute Gründe, lagen die vietnamesischen Exporte im ersten Halbjahr doch 30 % über dem Stand des Vorjahres. Nach Angaben des japanischen Finanzhauses Nomura wird die aus China ausgelagerte Produktion Vietnams Bruttoinlandsprodukt mittelfristig um 7,6 % anheben. Doch hat das Schwellenland mit dem Boom auch den Missmut von US-Präsident auf sich gezogen. “Vietnam ist schlimmer als China”, ließ Donald Trump über Twitter wissen und belegte vietnamesische Stahlimporte gleich mit Strafzöllen in Höhe von 400 %.Auch Thailand war bisher Nutznießer des Handelsstreits. Doch droht die zweitgrößte südostasiatische Volkswirtschaft auch Opfer des eigenen Erfolges zu werden. Infolge des steigenden Zahlungsbilanzüberschusses ist der Baht mit einem seit Anfang des Jahres gegenüber dem Dollar realisierten Plus von beinahe 5 % die stärkste asiatische Währung. Thailand hat damit an Wettbewerbsfähigkeit verloren, was sich etwa an den deutlich gefallenen Umsätzen der volkswirtschaftlich wichtigen Fremdenverkehrsindustrie ablesen lässt. Schwächeres WachstumGemäß einer Erhebung des japanischen Finanzhauses Nomura unter Analysten wird das Wachstum des aggregierten Gewinns der an den südostasiatischen Aktienmärkten notierten Unternehmen 2019 unter den Stand des Vorjahres fallen – mit Ausnahme der Philippinen, die infolge eines Baubooms nach wie vor eine sehr starke Binnennachfrage spüren.Die Kurse an den regionalen Aktienmärkten stehen aber nicht nur wegen des sich verschlechternden externen Umfeldes unter Abgabedruck. Wegen der fortschreitenden Aufnahme der Aktien von Unternehmen aus Festlandchina in den MSCI-Schwellenländerindex schichten institutionelle Investoren ihre Anlageportfolios um.