Sympathie für Ukraine-Anleihen
Wenn sich ein Land im Krieg befindet und folglich bombardiert wird, muss man keine große Vorstellungskraft haben, um sich ausmalen zu können, was mit den Staatsanleihen des betreffenden Landes an den internationalen Bondmärkten passiert. Sie geraten wie das Land selbst unter Druck, unter heftigen Druck. Das ist selbstredend auch im Fall der Ukraine-Bonds geschehen.
Dass die Ukraine in einer derartigen Situation nun erwägt, einen Zahlungsaufschub bei der internationalen Gläubigergemeinschaft zu erwirken, ist menschlich und rational vollkommen nachvollziehbar. Schließlich braucht das Land von allen Seiten und in vielerlei Hinsicht Hilfe und Unterstützung. Da bleibt der Kapitalmarkt, in diesem Fall das Anleihesegment, verständlicherweise nicht außen vor. Und die Ukraine kann sich dieser Unterstützung nach jetzigem Stand auch sicher sein. So gehen Kapitalmarktexperten bei Banken und Assetmanagern davon aus, dass es nach Kriegsende, das jeder lieber für heute als für morgen herbeisehnt, ein weitreichendes Sympathie-Funding geben wird, was Umfang der finanziellen Mittel und Konditionen der Fremdkapitalüberlassung betrifft. Alles andere wäre schon eine faustdicke Überraschung, um nicht zu sagen eine Enttäuschung.
Der jetzt erwogene Zahlungsaufschub, bei dem die Ukraine von sich aus auch noch ins Gespräch bringt, für den Aufschub einen finanziellen Ausgleich in Form eines Zinsaufschlages zu bezahlen, hat also gute Chancen, von den Gläubigern begrüßt zu werden – noch nicht einmal zähneknirschend. Bleiben noch die Ratingagenturen und die Reaktion derselben in Sachen eines etwaigen Defaults. Aber mal ehrlich: Im Falle der Ukraine haben wir es nicht mit einem Staaten-Default eines immensen Ausmaßes zu tun, der eine Kettenreaktion von Defaults anderer Gläubiger nach sich ziehen könnte. Das Volumen aller am Kapitalmarkt ausstehenden Schuldpapiere beläuft sich auf knapp 25 Mrd. Dollar. Das löst selbst im Falle eines Defaults in der strengen Definition der Ratingagenturen einschließlich der anschließenden Auslösung der CDS-Kontrakte keine Kettenreaktion aus. Zur Erinnerung: Bei Griechenland ging es seinerzeit um rund 300 Mrd. Euro Schuldvolumen. Das war eine ganz andere Hausnummer. Und es ist durchaus vorstellbar, dass auf reguläre Gnadenfristen für die Ukraine weite Grace Periods folgen. Schlupflöcher wird man in Anbetracht des immensen menschlichen Leides gern finden. Davon darf man sicherlich ausgehen. Denn Sympathie-Funding beginnt bei existierenden Anleihen und nicht erst bei neuen Bonds.