Tabakaktien gelten als unterbewertet
Es werden immer weniger Zigaretten gekauft, selbst in den Schwellenländern weisen die Zahlen mittlerweile nach unten. Das lastet auf Aktien der Branche. Die besonders erfolgreiche E-Zigarette Juul kommt außerdem von einem kleinen Start-up, was Zweifel an der Marktmacht der Tabakriesen weckt. Die UBS und die Deutsche Bank halten Tabakkonzerne aber mittlerweile für unterbewertet und raten in einer Studie zum Einstieg.amb Frankfurt – Tabakaktien haben es derzeit schwer: Das wachsende Gesundheitsbewusstsein, höhere Tabaksteuern auch in Schwellenländern und die zunehmende Bedeutung des ESG-Investing (Environment, Social, Governance), bei dem Tabakkonzerne in der Regel komplett ausgeschlossen werden, machen der Branche zu schaffen. So hat der Branchenindex Dow Jones US Tobacco seit 2017 rund ein Drittel an Wert eingebüßt. Einige Analysten sehen nun aber Chancen: So rät die UBS bei British American Tobacco (BAT) und Philip Morris International (PMI) zum Einstieg, die Deutsche Bank bei BAT und Imperial Tobacco.Bis 2017 war es an der Börse für Tabakaktien – gemessen am Dow Jones Tobacco-Index – noch gut gelaufen. Seitdem geht es aber nach unten: Im April 2018 löste Philip Morris mit schlechten Zahlen für das erste Quartal und Informationen über ein verlangsamtes Wachstum des Hoffnungsprodukts Iqos, einem Tabakerhitzer, sogar einen regelrechten Ausverkauf aus. Der enorme Erfolg des Tabakverdampfers Juul, lanciert von einem Start-up, setzt der Branche ebenfalls zu. Allerdings ist der US-Konzern Altria mittlerweile mit 35 % an Juul beteiligt.Die UBS zeigt sich nun aber durchaus optimistisch: 2013 bis 2018 waren den Analysten zufolge ungewöhnlich schlechte Jahre für die Tabakkonzerne mit Rückgängen bei den Absatzzahlen (ex China) von zum Teil über 3 % im Jahr. Sie rechnen bis 2029 zwar weiter mit Rückgängen, allerdings mit Werten von unter 2 %. Viele Herausforderungen sehen sie für die Branche aber durchaus: So gingen die Absatzzahlen nicht mehr nur in den Industrie-, sondern mittlerweile auch in den Schwellenländern zurück – auch in Folge höherer Tabaksteuern dort. Außerdem machen sich die Analysten Sorgen, dass die großen Player bei den Produkten der neuen Generation (Next Generation Products, NGP) nicht zum Zuge kommen werden. Sie dominierten zwar den Markt für Tabakerhitzer, nicht aber für die Tabakverdampfer. Bei den Verdampfern ist Juul der große Rivale: Der Marktanteil von Juul an allen Produkten der neuen Generation ist in den USA der UBS zufolge von 10 % 2017 auf 38 % im Jahr 2018 gestiegen.Das Wachstum von Tabakerhitzern wie Iqos von Philip Morris International habe sich hingegen verlangsamt. “Juul kam aus dem Nichts und hat den Markt erobert”, schreiben die Analysten. Unter Umständen sei der NGP-Markt wegen niedriger Markteintrittsbarrieren viel weniger attraktiv ist als der für herkömmliche Zigaretten. “Sorgen sind übertrieben”Auch die Deutsche Bank sieht die Branche im Wandel: durch den Trend weg von herkömmlichen Zigaretten zu NGP, neue Marktteilnehmer wie Juul und zunehmende regulatorische Risiken, vor allem in den USA. Zudem sei die Verschuldung von Unternehmen wie BAT und Imperial Tobacco deutlich gestiegen. Dennoch rechnet die Bank nun mit einer Outperformance der Tabakaktien. “Angesichts der sich wohl weltweit weiter eintrübenden Konjunktur halten wir es möglich, dass die Branche jetzt das tut, was sie in einem Bärenmarkt tun sollte: sich gegenüber dem Markt, gegenüber Basiskonsumgütern und auch absolut besser zu entwickeln”, heißt es. Die extrem attraktive Dividendenrendite werde in einem Umfeld niedriger Zinsen dazu noch beitragen.”Wir halten ein Szenario mit einer Aktienrendite bei BAT und Imperial Tobacco von 100 % in den kommenden fünf Jahren für realistisch”, heißt es. Kämen noch andere Faktoren hinzu, etwa niedrigere Schulden, könne es sogar noch mehr werden. Laut Deutscher Bank ist das eine ausreichende “Versicherung” gegen Makrorisiken und den nach Ansicht der Analysten übertriebenen Sorgen bezüglich der Branche. Umsätze schrumpfenZu den Favoriten der UBS gehört zum einen der Tabakriese BAT mit seinen wichtigsten Marken Dunhill, Kent, Lucky Strike, Pall Mall und Rothmans. Die Schweizer Bank stuft die Aktie auf “Buy” und nennt ein Kursziel von 40 Pfund, weit oberhalb der aktuellen Notierung von 29,61 Pfund. Allerdings hatte die Aktie 2017 noch über 55 Pfund gekostet. Den Analysten zufolge ist der Konzern gut aufgestellt, der organische Umsatz werde nur leicht um 1 % zurückgehen oder sogar steigen.Die Deutsche Bank setzt BAT ebenfalls auf “Buy” bei einem Kursziel von 40 Pfund und begründet das unter anderem mit der traditionellen Outperformance in schwachen Aktienmärkten und der Dividendenrendite von 7 %. Skeptischer ist Independent Research, die Analysten votieren nur mit “Halten”. Die Halbjahreszahlen seien zwar überzeugend, positiv werten sie unter anderem die verbesserte Profitabilität. Sie verweisen allerdings auch auf die deutlich rückläufige Absatzentwicklung bei Zigaretten und die zunehmenden staatlichen Restriktionen, insbesondere in den USA, wo Mentholzigaretten eventuell verboten werden sollen. In Kanada belaste eine Sammelklage von Rauchern. Nicht zuletzt setzten Fonds- und Pensionsgesellschaften zunehmend auf ethische Investments. Die Analysten heben die Gewinnschätzungen aber an, das Kursziel steigt von 30 auf 34 Pfund. Starke MarkenZweiter Favorit der UBS ist Philip Morris International (“Buy”), der Anbieter von Marlboro, L&M, Chesterfield und Iqos, hier liegt das Kursziel bei 101 Dollar (aktuell 82,06 Dollar). Auch für PMI rechnen die Experten mit nur leicht rückläufigen Umsätzen (-2 % bis -3 %) und begründen das mit den starken Marken und dem geplanten weltweiten Vertrieb von Iqos. Begrenzt werde das Potenzial nach oben allerdings durch das verlangsamte Wachstum in Japan. Philip Morris International ist aus dem früheren Altria-Konzern hervorgegangen und ist zu 100 % für das Auslandsgeschäft verantwortlich, der US-Bereich läuft unter dem Namen Altria.Die Deutsche Bank empfiehlt außerdem noch den britischen Tabakkonzern Imperial Brands, dem unter anderem die Zigarettenmarken Davidoff, Gauloises und West gehören, das Kursziel liegt bei 34 Pfund (aktuell 20,66 Pfund). Begründet wird die Einstufung unter anderem mit der Dividendenrendite von 10 %. Die UBS setzt Imperial Brands hingegen nur auf “Neutral” und nennt ein deutlich niedrigeres Kursziel von 19 Pfund.Mit Umsatzrückgängen von organisch 4 % und einer schlechteren Gewinnentwicklung bleibe Imperial Brands weiter hinter der Konkurrenz zurück, heißt es. Der Konzern konzentriere sich zu stark auf Industrieländer und spiele bei den neuen Produkten keine Rolle. “Daher sehen wir nach der jüngsten Kurserholung wenig Impulse für eine Neubewertung.” Behörde bald aktiv?Auch Altria, der weltgrößte Zigarettenhersteller (Marlboro/USA, Parliament, Virginia Slims etc.), wird von der UBS nur auf “Neutral” gesetzt bei einem Kursziel von 52 Dollar (aktuell 46,44 Dollar). Altria könne zwar stetig steigende Gewinne je Aktie und Dividenden liefern, das Risiko neuer staatlicher Eingriffe sei aber für die klassischen Zigaretten von Altria und auch für Juul hoch. Bislang werden E-Zigaretten von der US-Gesundheitsbehörde FDA noch nicht geprüft, damit ist nach Ansicht der Analysten aber bald zu rechnen. Juul-E-Zigaretten sollen besonders leicht nikotinsüchtig machen.