Tera Caps ziehen die Aktienmärkte

Hausse der mehr als 1 Bill. Dollar schweren Tech-Werte ungebrochen - Problematische Konzentration

Tera Caps ziehen die Aktienmärkte

Die Hausse der US-Tech-Aktien mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 1 Bill. Dollar reißt nicht ab. Beinahe täglich erreicht wenigstens einer dieser Titel ein Rekordhoch. Damit sind die Tech-Werte die Zugpferde der Aktienmärkte. Allerdings birgt die Konzentration des Marktes auf eine derart kleine Anzahl von Aktien Risiken.Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtMan kann schon fast die Uhr danach stellen. Derzeit vergeht kaum ein Tag, ohne dass für wenigstens einen der Tera Caps, der US-Tech-Aktien mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 1 Bill. Dollar, ein Rekordhoch vermeldet wird. Die Hausse der vier Tera Caps – Alphabet (Google), Apple, Amazon und Microsoft – mit durchschnittlichen Kursgewinnen von rund 57 % seit Jahresbeginn ist spektakulär, gerade vor dem Hintergrund, dass die meisten anderen Branchen und Segmente in diesem Jahr wegen der Coronakrise vor sich hindümpeln bzw. im Minus liegen.Noch spektakulärer sind die Größenordnungen, die die Tera Caps erreicht haben. Ihre Marktkapitalisierung ist mittlerweile größer als die europäischer Aktienindizes, allen voran Apple. Die Aktie war die erste mit einer Marktkapitalisierung von mehr als einer Bill. Dollar und ist in diesem Jahr auch noch über die Schwelle von 2 Bill. Dollar gestiegen. Damit ist der Wert schwerer als sämtliche Titel des FTSE 100 zusammen. Er übertrifft mit 2 135 Mrd. Euro sogar das Bruttoinlandsprodukt Italiens des Jahres 2018 (2 078 Mrd. Dollar).Mit ihrem Höhenflug wirbeln die Tera Caps die Branchengewichtungen durcheinander. “Bemerkenswerterweise ist Apple nun größer als die amerikanischen Banken und Energiesektoren, zu denen Citigroup, Bank of America, Chevron und Exxon zählen”, so Jonathan Stubbs, Senior Equity Strategist, der Berenberg Bank, in einer Studie. “Vor weniger als zwei Jahren war Apple noch 3 Bill. Dollar kleiner als diese Sektoren zusammengerechnet.”Die Tera Caps sind durch ihre Hausse die Zugpferde der Aktienmärkte. Gäbe es sie nicht, sähe etwa die bisherige Jahresbilanz des S&P 500 mau aus. Er hätte keine Rekordhöhen erreicht, sondern läge im Minus. Die Entwicklung hat jedoch ihre Schattenseiten. Denn die Investorengelder, die in diesem Jahr so massiv in die Tera Caps geschaufelt werden, werden anderen Marktsegmenten entzogen. Zudem birgt die Konzentration der Mittelzuflüsse an den Aktienmarkt und der Performance auf eine derart kleine Anzahl von Aktien Risiken. Rückschläge bei einer oder zwei Aktien würden den Gesamtmarkt belasten und könnten, sofern Anleger aus den Tera Caps flüchten und dies die allgemeine Marktstimmung beeinträchtigen sollte, zu einer auch etwas deutlicheren Marktkorrektur führen.Die Frage, ob die Hausse der Tech- Werte allgemein und der Tera Caps im Besonderen eine Blase darstellt, die irgendwann platzen muss, ist allerdings differenziert zu betrachten. Zwar weckt der Run auf die Tech-Werte Erinnerungen an die Dotcom-Blase der Jahrtausendwende und nähern sich die Bewertungen den damals erreichten Spitzen an. Aus mehreren Gründen verbietet sich jedoch eine Gleichsetzung. Das heutige Zins- und Liquiditätsumfeld ist ganz anders, und auch der Zustand der Unternehmen unterscheidet sich deutlich. Vor zwanzig Jahren hatten viele Firmen sehr hohe Schulden und mussten diese in den darauffolgenden Jahren abbauen. Zwar sind die Unternehmensschulden auch derzeit hoch. Ihre Refinanzierung ist jedoch wesentlich leichter. Im Falle der Tera Caps ist zudem zu betonen, dass sie fundamental in einem hervorragenden Zustand sind. Im Vergleich zu den Indizes S&P 500, Stoxx 600 und FTSE 100 wiesen Tera Caps höhere freie Cash-flows, stärkere Bilanzen, eine bessere Dynamik bei der Entwicklung der Gewinne je Aktie und höhere Prognosen für das Wachstum der Gewinne je Aktie auf, so Stubbs.Nicht zu vergessen ist, dass die Pandemie den Geschäftsmodellen der Tera Caps in die Hände spielt, etwa weil mehr online eingekauft wird (Amazon) oder der Trend zum Homeoffice das Softwaregeschäft ankurbelt (Microsoft). “Die digitale Wirtschaft hat derzeit einen besonderen Stellenwert: Aufgrund der Corona-Pandemie arbeiten die Menschen vermehrt von zuhause und Unternehmen sowie Ämter sind von digitalen Lösungen abhängiger denn je”, so Philip Rae, Investmentexperte der Capital Group, in einem Kommentar zu den FAAMG-Unternehmen (Tera Caps plus Facebook). “Dies hat zur Folge, dass große Technologiekonzerne als Anbieter digitaler Leistungen zusätzlich an Bedeutung gewonnen haben.” Starkes WachstumRae glaubt nicht an eine Blase. “Anders als bei der Dotcom-Blase beruht der schnelle Anstieg der FAAMGs auf einem starken fundamentalen Wachstum, das sich aus steigenden Umsätzen, hohen Margen, stabilen Cash-flows und immer höheren Gewinnen zusammensetzt. Das Gewinnwachstum entspricht bei allen fünf Unternehmen dem Anstieg ihrer Aktienkurse.” Rae sieht das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Bei den FAAMGs komme hinzu, dass sie in Märkten mit hohen Eintrittsbarrieren tätig seien, gute langfristige Wachstumsaussichten hätten und neue sowie bestehende Leistungen monetarisieren könnten. Das wiederum könne ihren Aktienkurs und folglich ihren Marktwert stützen.Gut vorstellbar also, dass der Tera-Cap-Club in absehbarer Zeit Nachwuchs erhält, wenn die Marktkapitalisierungen weiterer Firmen die bekannte Schwelle reißen.