Tiefe Zinsen stützen Immobilientitel

Société Générale setzt auf boomenden deutschen Sektor - Vonovia hat unter Analysten viele Fans

Tiefe Zinsen stützen Immobilientitel

Der jahrelange Aufwärtstrend bei Immobilienaktien scheint ein Ende gefunden zu haben. Für die weitere Entwicklung ist die französische Großbank Société Générale in einer Studie zurückhaltend. Sie räumt deutschen Gesellschaften das größte Potenzial ein – und ist damit im Einklang mit anderen Einschätzungen.amb Frankfurt – Der deutsche Immobilienmarkt boomt, und das wird sich nach Ansicht der Société Générale auch auf die Aktienkurse der deutschen börsennotierten Immobiliengesellschaften niederschlagen: Die französische Großbank rät zum Einstieg bei deutschen Immobilienaktien, auch wenn die europäische Immobilienbranche insgesamt jetzt etwas skeptischer gesehen wird.Favorit der Analysten ist der Wohnimmobilienkonzern Vonovia, doch auch LEG Immobilien und Deutsche Wohnen werden empfohlen. Die Bank, die einmal im Quartal ihre Empfehlungen für den europäischen Immobiliensektor überprüft, geht für die Branche jetzt von etwas niedrigeren langfristigen Wachstumsraten aus: Für Kontinentaleuropa werden nur noch 1 % nach bislang 1,5 % erwartet, für Großbritannien 2 % nach 2,5 %. Trendwende eingeleitetDie größte Gefahr für die Immobiliengesellschaften sei ein Zinsanstieg: Bei einer Normalisierung des Zinsniveaus auf den Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre drohten Kursrückgänge von 20 %, bei konstanten Zinsen könnten die Notierungen aber um weitere 32 % steigen.Europäische Immobilienwerte haben sich bis zum April 2015 sehr gut entwickelt (vgl. Chart). Auf Zwölfmonatssicht kommt der Stoxx Europe 600 Real Estate nun aber auf ein Minus von 9 %. Die Vonovia-Aktie, seit September Mitglied im Dax, liegt auf Zwölfmonatssicht nach einer kräftigen Avance am Freitag leicht im Plus. Auch bei LEG Immobilien und Deutsche Wohnen stehen unterm Strich Kursgewinne.Die überdurchschnittliche Entwicklung an der Börse sowie eine erwartete Präferenz der Anleger für Zykliker und Exporteure sind auch der Grund, weshalb die SocGen bei ihrer Einschätzung “Neutral” für die ganze Branche bleibt. Von den untersuchten Unternehmen werden fünf von “Buy” auf “Hold” zurückgestuft, eins von “Hold” auf “Sell”. Die Kursziele werden im Schnitt um 5 % gekappt, besonders kräftig fallen die Absenkungen bei britischen Gesellschaften aus – wegen der erwarteten Zinserhöhung in Großbritannien.Neben den deutschen Immobilienkonzernen hält die Bank auch Unternehmen für attraktiv, für die mit einem verbesserten makroökonomischen Umfeld gerechnet wird: So werde Icade von der Erholung in Frankreich, die österreichische Immofinanz von jener in Russland profitieren. Interessant seien auch Adressen mit hoher Dividendenrendite wie Icade, Wereldhave and Altarea. Positiv beurteilt werden zudem Betreiber von Shoppingcentern wie Klépierre, Unibail, Wereldhave und Deutsche Euroshop.Das Bild, welches das Institut vom europäischen Immobilienmarkt und dessen wichtigsten Einflussfaktoren zeichnet, ist vielseitig: So sei das Verbrauchervertrauen in Großbritannien und Deutschland in den vergangenen Quartalen deutlich gestiegen, in Frankreich sei es hingegen immer noch niedrig. Zudem seien die Einzelhandelsumsätze (außer Lebensmittel) in Großbritannien und Italien in den drei Monaten bis Oktober kräftig gewachsen, etwas wenig auch in Deutschland und Frankreich. Die Londoner Büromieten seien weiter geklettert, die Leerstandsraten gesunken, allerdings rechne der Immobilienberater Jones Lang LaSalle mit einer Abschwächung.In Frankreich sorge die hohe Arbeitslosigkeit für immer mehr Leerstände. Deutschland wird als Boommarkt für Wohnungen in Großstädten beschrieben, mit stark steigenden Quadratmeterpreisen und Mieten. In den acht größten deutschen Städten seien die Wohnungspreise seit 2009 um 65 % gestiegen. Höhere Vonovia-DividendeFavorit der Analysten ist daher Vonovia (“Buy”), die Nummer 1 unter den deutschen Wohnungsunternehmen. Der Aktie wird ein Kurs von 34 Euro (zuvor 36, aktuell 27) zugetraut. Der Wert der Immobilien nach Abzug der Schulden gemessen am Epra NAV, dem Net Asset Value nach Berechnungen der European Public Real Estate Association (Epra), soll Ende dieses Jahres bei 30 Euro liegen, Ende 2017 sogar bei 40 Euro. Vonovia biete eine attraktive Kombination aus Umsatzwachstum und Synergien aus Fusionen. Die Bank geht davon aus, dass die Dividende in den kommenden drei Jahren um 13 % pro Jahr steigen wird.Zum Kauf geraten wird auch bei LEG Immobilien (“Buy”), das Kursziel auf 90 Euro (zuvor 89, aktuell 73) angesetzt. Der Konzern mit Schwerpunkt Nordrhein-Westfalen wird als höchst effizient beschrieben. Positiv beurteilt wird die Strategie, durch kleine Zukäufe zu wachsen. Deutsche Wohnen (“Buy”) wird ebenfalls empfohlen, als Kursziel werden 29 Euro (zuvor 30, aktuell 24) genannt. Die Nummer 2 auf dem deutschen Markt, welche die Übernahme durch Vonovia nach wie vor ablehnt, profitiere von den weiter steigenden Preisen in der “immer noch billigen” Metropole Berlin.Auf der Empfehlungsliste der französischen Bank stehen zudem noch der auf Gewerbeimmobilien spezialisierte niederländische Konzern Wereldhave (Kursziel 63 Euro, aktuell 49), Cofinimmo aus Belgien (Kursziel 119 Euro, aktuell 96), Klépierre aus Frankreich (Kursziel 47 Euro, aktuell 38) und Land Securities aus Großbritannien (Kursziel 13,60 Pfund, aktuell 10,90). British Land, Foncière des Régions, IGD und Altarea-Cogedim werden indes von “Buy” auf “Hold” zurückgestuft. Stark abgeraten wird von Intu Properties aus Großbritannien, der Titelwird von “Hold” auf “Sell” zurückgesetzt (Kursziel 3 Pfund, aktuell 2,9).Vonovia hat viele Anhänger unter Aktienanalysten: Exane BNP Paribas hat in dieser Woche das Votum “Outperform” bei einem Kursziel von 33 Euro bestätigt. Nach guten Zahlen des Konkurrenten Deutsche Wohnen wird auch bei Vonovia mit einem kräftigen Wachstum gerechnet. Die Schätzung für das operative Ergebnis (FFO) wurde aufgestockt.Deutsche Wohnen hatte am 11. Januar einen Rekordgewinn für 2015 bekannt gegeben, die Funds from Operations (FFO) – das operative Ergebnis – stiegen um 38 % auf rund 300 Mill. Euro und übertrafen die eigene Prognose, vor allem wegen des boomenden Heimatmarktes Berlin.Die National-Bank hat Vonovia von “Verkaufen” auf “Kaufen” hochgestuft (Kursziel 31 Euro). Nach Ansicht der Analysten bietet das Kursniveau wegen der positiven Perspektiven des Unternehmens eine attraktive Einstiegsgelegenheit. Warburg Research hat Vonovia mit “Buy” und Kursziel von 30,30 Euro in die Bewertung aufgenommen. Der Immobilienriese punkte durch Größe und Konsistenz in der Geschäftsentwicklung, eine Übernahme von Deutsche Wohnen sei früher oder später ein weiterer logischer Schritt. LEG wächst organischFür LEG Immobilien bestätigte Exane BNP Paribas hingegen die Einstufung “Neutral”, das Kursziel wurde allerdings von 75 auf 77 Euro angehoben. Warburg Research rät zu “Buy” mit einem Kursziel von 78 Euro. LEG sei attraktiv wegen der Strategie, aus eigener Kraft zu wachsen. Die Berenberg Bank hat das Kursziel von 78 auf 81 Euro angehoben und die Einstufung auf “Buy” belassen, die Schätzungen für 2016 und 2017 wurden erhöht. Das Portfolio des Unternehmens sei ausgewogen und werde für einen flächenbereinigten Anstieg der Mieten über die nächsten drei Jahre sorgen, heißt es.Deutsche Wohnen wird von der Nord/LB, Bankhaus Lampe, Warburg und der Berenberg Bank zum Kauf empfohlen, Oddo Seydler und Independent Research votieren mit “Neutral” oder “Halten”. Die Nord/LB hat das Kursziel von 28,50 auf 29,00 Euro erhöht: Der Immobilienkonzern habe mit den vorläufigen Eckdaten für 2015 sowie dem Ausblick auf 2016 den aktuell sehr erfreulichen Geschäftstrend noch einmal unterstrichen. BNP Paribas rät aber unverändert zum Verkaufen.