UBS mahnt zur Vorsicht bei Ölaktien
Höherer Ölpreis gleich hohe Chancen bei Ölaktien? So einfach ist das einer Studie der UBS zufolge nicht. Nach dem Kursanstieg sei vieles jetzt schon eingepreist. Daher sei die Aktienauswahl besonders wichtig. Bei anderen Analysten kommen die großen Ölkonzerne meist gut an.amb Frankfurt – Mit Ölaktien aus der zweiten Reihe von einem steigenden Ölpreis profitieren – das ist nach Ansicht der UBS gar nicht so einfach. Zwar gehen die Analysten davon aus, dass das Überangebot am Ölmarkt schon bald einem Unterangebot Platz machen und der Ölpreis steigen wird, besonders günstig sei die Branche aber nicht mehr, heißt es in einer Studie der Schweizer Bank: In den Bewertungen der Ölförderer spiegle sich bereits ein deutlich höherer Ölpreis wider. Empfohlen werden daher lediglich die beiden in der Nordseeölproduktion tätigen Unternehmen Det Norske und Enquest sowie als Langfristinvestments Africa Oil, Cairn Energy und Ophir Energy. Nur auf “Neutral” stehen hingegen DNO, Genel Energy, Tullow Oil, Lundin Petroleum und Soco International, zum Teil wegen zu hoher Risiken, zum Teil wegen schon angemessener Bewertung.Der Ölpreis hat sich nach seinem im Sommer 2014 einsetzenden Verfall in diesem Jahr deutlich erholt: Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent, der im Januar dieses Jahres auf ein Tief von unter 28 Dollar gefallen war, liegt aktuell wieder bei fast 50 Dollar – ein Plus von fast 80 %. Zuletzt schürte die Ankündigung Russlands und Saudi-Arabiens, im Rahmen einer Arbeitsgruppe zur Stützung des Ölmarktes kooperieren zu wollen, Hoffnungen auf eine Stabilisierung der Fördermenge.Ölaktien, die zuvor heftig Federn gelassen hatten, gehören zu den großen Gewinnern in diesem Jahr. So ist der europäische Branchenindex Stoxx Europe Oil & Gas seit dem Tief im Januar um 30 % nach oben geklettert. Auch Ölunternehmen aus der zweiten Reihe, die unter dem Ölpreiseinbruch noch stärker gelitten hatten als die breiter aufgestellten großen Ölkonzerne, haben zum Teil ordentlich zulegen können. Einige, wie Lundin Petroleum, haben mehr als 50 % gewonnen, andere wie Det Norske haben sich im Kurs mehr als verdoppelt. Vom Überschuss zum DefizitNach Ansicht der UBS sind wegen der Ölpreiserholung und der insgesamt deutlich zurückgefahrenen Kosten die schwierigen Jahre auch für die kleineren Adressen aus der Ölbranche vorbei. Am Ölmarkt hat sich den Analysten zufolge die Wende vollzogen von einem Überangebot von 1,6 Mill. Barrel pro Tag im ersten Quartal 2016 zu einem ausgeglichenen Markt im dritten Quartal. Der Trend hin zu einem Unterangebot werde sich ab der zweiten Jahreshälfte 2017 noch verstärken, dann nämlich, wenn sich der massive Rückgang der Investitionen in die Ölförderung – immerhin seien diese 2016 um 44 % gefallen – bemerkbar mache. “Der langfristig realistische Ölpreis liegt nicht bei 50 Dollar, sondern zwischen 60 und 80 Dollar je Barrel”, heißt es in der Studie. Verteuere sich Öl nur um 10 Dollar je Barrel, stiegen die Substanzwerte (NAV) der Ölproduzenten um ungefähr 20 %. Anspruchsvolle BewertungAus Anlegersicht spricht also einiges dafür, auf Ölaktien zu setzen, die die Ölpreisentwicklung in der Regel gehebelt wiedergeben. Doch die UBS warnt: Die Bewertungen der Branche spiegelten schon jetzt einen Ölpreis von 71 Dollar wider. Vielen Unternehmen fehlten auch die Mittel, um die Förderung wieder anzukurbeln und von dem teureren Öl zu profitieren. Auf “Öl-Ersatz” zu setzen, sei also eine riskante Strategie – die richtige Auswahl von Aktien sei daher ganz entscheidend. Qualität bevorzugtGeraten wird zu “Qualitätsadressen” mit guter Kostenstruktur, moderaten Bewertungen und überschaubaren Risiken. Zum einen empfehlen die Analysten Nordseeölproduzenten wie das norwegische Öl- und Erdgasunternehmen Det Norske (Kursziel 117,50 nkr, aktuell 117,50 nkr) und Enquest (0,40 Pfund, aktuell 0,29 Pfund) aus Großbritannien. Beide werden auf “Buy” gesetzt, Det Norske unverändert, Enquest wird von “Neutral” hochgestuft. Hier seien die Risiken niedrig, die Unternehmen hätten große Fortschritte in Sachen Kostensenkungen gemacht, dazu komme die für die Zukunft erwartete sehr gute Cash-flow-Entwicklung. Bei Det Norske wird außerdem die Fusion mit BP Norge begrüßt, diese werde sich positiv auswirken.Auf “Buy” stehen aber auch die in Kenia und Äthiopien tätige kanadische Africa Oil, Cairn Energy aus Schottland und der in Afrika und Asien agierende britische Öl- und Gasförderer Ophir Energy – der Studie zufolge alles Unternehmen mit guter Kapitalausstattung und günstigen Produktionsstätten. Diese Vorteile hätten sich in den Aktienkursen noch nicht niedergeschlagen. Alle Aktien werden auf “Buy” gestuft und vor allem als langfristige Anlage empfohlen.Africa Oil (Kursziel 16,30 skr, aktuell 13,10 skr) sei die beste Eintrittskarte für Ostafrika, heißt es in der Studie, das South-Lokichar-Projekt in Kenia sei extrem vielversprechend. Bei Cairn Energy (2,35 Pfund, aktuell 1,89 Pfund) sehen die Analysten eine interessante Kaufgelegenheit, nachdem die Aktie wegen zwei enttäuschender Projekte mit Conoco und Enquest stark abgestraft wurde. Auch Ophir Energy (1,05 Pfund, aktuell 0,77 Pfund) hat in diesem Jahr deutlich verloren, die Analysten halten die Aktie des Unternehmens, das von seinen Förderstätten in Südostasien profitiere, für attraktiv. Zur Vorsicht geraten (“Neutral”) wird unterdessen bei DNO aus Norwegen und Genel Energy mit Sitz in der Türkei, ebenso beim britisch-irischen Gas- und Ölunternehmen Tullow Oil sowie bei Lundin Petroleum aus Schweden und Soco International aus Großbritannien. DNO (10,50 nkr, aktuell 8,55 nkr) verfüge zwar über erstklassige Förderstätten, hohe Risiken ergäben sich aber durch die Produktion in kurdischen Siedlungsgebieten. Dasselbe gelte auch für Genel Energy (1,30 Pfund, aktuell 0,99 Pfund). Lundin Petroleum (145 skr, aktuell 150,20 skr) wird als “high quality player” bezeichnet, die Bewertung sei aber bereits hoch. Soco International (1,60 Pfund, aktuell 1,42 Pfund) verfüge über sehr gute Produktionsstätten in Vietnam, sei aber ebenfalls schon hoch bewertet. Bei Tullow Oil (2,25 Pfund, aktuell 2,31 Pfund) werden unter anderem Refinanzierungsrisiken gesehen. Viele KaufempfehlungenDie Aktien der großen Ölkonzerne kommen bei Analysten derzeit übrigens überwiegend gut an und werden meist zum Kauf empfohlen. So wird BP von HSBC, der Citigroup, Société Générale, UBS, Deutsche Bank und J.P. Morgan auf “Buy” gestuft. “Neutral” oder “Hold” lautet das Votum lediglich von Kepler Cheuvreux, Goldman Sachs und S & P Capital, aktuelle Verkaufsempfehlungen gibt es keine.Ähnlich ist das Bild bei Royal Dutch Shell: Hier votieren UBS, HSBC, Credit Suisse, Deutsche Bank und Barclays mit “Buy”, lediglich von J.P. Morgan heißt es “Neutral”. Etwas verhaltener zeigen sich Analysten bezüglich ExxonMobil: Die Société Générale stuft die Aktie auf “Buy”, Goldman Sachs sogar auf “Conviction Buy”, viele andere sehen aber kein Potenzial mehr und setzen den Titel auf “Neutral” oder “Hold”, etwa HSBC, Barclays, die UBS und J.P. Morgan.