US-Aktien profitieren von Greenback
Am heutigen Mittwoch dürfte die US-Notenbank Fed das Ende ihres vor gut zwei Jahren begonnenen Anleihekaufprogramms beschließen. Im bereits seit Wochen starken Dollarkurs wurde dies bereits weitgehend berücksichtigt. Doch Zinserhöhungen ab dem kommenden Kalenderjahr sollen den Greenback weiter stärken. Schon jetzt zieht es immer mehr Investoren wegen der Zugewinne beim Dollar in den US-Aktienmarkt.Von Sebastian Schmid, New YorkDie US-Berichtssaison ist etwa zur Hälfte durch, und die Bilanz fällt gemischt aus. Während der Umsatz der US-Konzerne wie erwartet stärker zugelegt hat als in den vorangegangenen Quartalen, hat sich das Ergebniswachstum verlangsamt. An der Wall Street herrscht dennoch Zuversicht. Nach den Kursstürzen in den vorangegangenen Wochen hat sich der Leitindex S & P 500 binnen wenigen Tagen weitgehend erholt und im mittleren einstelligen Prozentbereich zugelegt. Am Dienstagmorgen notierte er mit 1 972 Zählern zwar noch nicht wieder auf dem Rekordhoch, das vor weniger als zwei Monaten bei über 2 000 Punkten markiert worden war. Das Zwischentief von 1 862 Zählern Mitte des Monats hat der Index aber weit hinter sich gelassen.Starke Zahlen für das dritte Quartal oder gar rosige Aussichten für das Schlussvierteljahr sind indes nicht die Antriebskraft der Kurserholung. Abgesehen von einigen Ausnahmen wie den Technologiekonzernen Microsoft oder Apple trauen die Analysten den amerikanischen Unternehmen in den kommenden Monaten nämlich weniger zu als noch vor wenigen Wochen. So beträgt die Erwartung an den Gewinnanstieg im vierten Quartal laut Zacks Investment Research für die S & P 500-Firmen durchschnittlich noch 5,1 %. Wenige Wochen vor Beginn der Berichtssaison war noch mit einer Steigerung um 9 % gerechnet worden. Dass die Aktien sich im Prinzip konträr zum Ausblick entwickelt haben, ist auf Faktoren zurückzuführen, die außerhalb des Einflussbereichs der Firmen lagen: den erstarkenden Dollar und die Erwartung einer dennoch langsameren Normalisierung des Zinsniveaus. Euro verliert stärkerVor allem die Stärke des Greenback werde viele Investoren aus Übersee in die US-Märkte treiben, sind sich Marktbeobachter sicher. In den vergangenen Wochen hat dieser gegen praktisch alle Währungen zugelegt – insbesondere gegenüber Euro und Yen. Citigroup-Analyst Jeremy Hale geht etwa davon aus, dass der Dollar-Wechselkurs in den G-10-Staaten binnen eines Jahres um 8 bis 9 % an Wert zulegen wird. In Relation zum Euro sieht er sogar eine noch kräftigere Aufwertung. Die Gemeinschaftswährung werde von derzeit 1,2745 binnen zwölf Monaten auf 1,10 Dollar bis 1,15 Dollar fallen. Das entspräche einem Rückgang um knapp 10 bis 14 %. Andere Banken sehen mittelfristig sogar eine Parität von Dollar und Euro.Unabhängig davon, wie stark der Dollar aufwerten wird, macht allein die antizipierte Tendenz den Greenback attraktiver für Anleger anderer Währungsräume, da sie neben der Wertentwicklung ihrer Anlage auch noch die Dollaraufwertung mitnehmen können. Umgekehrt wird die Auslandsinvestition für US-Investoren uninteressanter, wenn Wertzuwächse durch Kursverluste aufgefressen werden. Wie sehr die Dollarentwicklung in den kommenden Wochen den US-Aktienmarkt stützen kann, wird auch vom Ergebnis der heutigen Fed-Zinssitzung abhängen. Dass das Anleihekaufprogramm endgültig beendet wird, scheint sicher. Interessanter dürfte für die Investoren daher sein, ob Hinweise für Zeitpunkt und Umfang der 2015 erwarteten Aufnahme der Zinsanhebungen gegeben werden. Auch Chancen für BondmarktDeutet sich dabei an, dass die Tauben in der US-Notenbank wieder stärker die Oberhand gewinnen, wie zuletzt von einigen Experten vermutet, könnte dies auch dem US-Bondmarkt noch einmal Rückenwind verpassen. Die meisten Anleger stehen angesichts des historisch bereits extrem niedrigen Zinsniveaus hier zwar prinzipiell auf der Seite der Bären. Eine schwächere globale Wirtschaftsentwicklung – insbesondere in Europa und China – sowie die davon ausgehende Bremskraft für die US-Konjunktur hatten Marktteilnehmer, die auf fallende Bondpreise gesetzt hatten, zuletzt aber kalt erwischt. Noch immer befindet sich die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen nahe dem Jahrestief. Neben der Fed-Zinssitzung dürfte auch die erste Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten, die am morgigen Donnerstag ansteht, den US-Anleihemarkt beeinflussen.Hier wird allerdings kein Wachstumstempo erwartet, das zu raschen Zinsschritten führen könnte. Dass US-Aktien in kürzester Zeit unattraktiver werden, erwarten deshalb nur wenige Anleger. “Die wichtigste Erkenntnis bleibt, dass wir nach Jahren eines schwachen Dollarumfelds nun in einen Bullenmarkt für den Dollar wechseln”, zeigte sich Michael Novogartz von der Fortress Investment Group Anfang des Monats überzeugt. Und diesen fundamentalen Richtungswechsel erwartet noch immer eine Mehrheit an der Wall Street – auch wenn der Umfang des Dollaraufschwungs weiter hoch umstritten bleibt.