US-Aufseher will Rechte von Aktionärsadel befristen

Commissioner der SEC fordert Ablaufdatum für Multiple-Class-Strukturen - Reaktionen auf IPO von Snap

US-Aufseher will Rechte von Aktionärsadel befristen

Stefan Paravicini, New YorkIn der seit dem Börsengang der Internetfirma Snap vor bald einem Jahr neu aufgeflammten Diskussion über Mehrklassengesellschaften im Aktionariat von börsennotierten Unternehmen hat sich ein Mitglied des Leitungsgremiums der US-Börsenaufsicht SEC zu Wort gemeldet. Geht es nach SEC-Commissioner Robert Jackson, sollen Aktien, die einzelnen Aktionären auch bei Unternehmen wie Alphabet, Facebook, Berkshire Hathaway, Visa und Comcast teilweise beherrschenden Einfluss sichern, in Zukunft zeitlich begrenzt werden. Dabei sieht Jackson, der erst in diesem Jahr in das fünfköpfige Führungsgremium der SEC berufen wurde, die Börsenbetreiber in der Pflicht. Sie sollten die Unternehmen zwingen, Aktien mit unterschiedlichen Stimmrechten nach einer gewissen Zeit auslaufen zu lassen, sagte Jackson laut Redemanuskript bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit seiner Berufung in das Führungsgremium der SEC an der Law School der University of California in Berkeley. Nach Ablauf dieser Frist sollten die Papiere auf das Maß einer gewöhnlichen Aktie schrumpfen, damit normale Investoren nicht dauerhafte Nachteile gegenüber dem “Unternehmensadel” in Kauf nehmen müssten, sagte Jackson weiter.Die US-Börsen unterliegen zwar der Aufsicht der SEC, sind aber nicht an die Weisungen einzelner Commissioner gebunden. Jackson, der vor seiner Berufung durch US-Präsident Donald Trump an der NYU School of Law lehrte, steht den US-Demokraten nahe, die im Leitungsgremium der SEC in der Minderheit sind. Kara Stein, die 2013 von Barack Obama als Commissioner berufen wurde, hat sich in den vergangenen Tagen ebenfalls öffentlich gegen unterschiedliche Stimmrechte im Aktionariat ausgesprochen. Der ebenfalls von Trump berufene SEC-Chairman Jay Clayton, der den Republikanern zugeordnet wird, hat sich zurückhaltender zu dem Thema geäußert. “Wir schauen uns das an”, sagte der SEC-Chef im Oktober nach einer Sitzung des Investor Advisory Committee, in dem die SEC mit institutionellen Adressen berät. Neben der Corporate Governance seien unter anderem auch die Auswirkungen auf Investmentmöglichkeiten und die Folgen für die Entscheidung von Firmen über einen Börsengang zu berücksichtigen. Bei seinem Antritt im vergangenen Jahr hatte Clayton sich unter anderem auf die Fahnen geschrieben, Hürden auf dem Weg zum IPO von US-Unternehmen aus dem Weg zu räumen. Mit einer Verschärfung im Umgang mit Multiple-Class-Strukturen könnte die SEC aber aussichtsreiche Börsenkandidaten aus dem Silicon Valley verschrecken, die sich in den vergangenen Jahren ohnehin nur selten auf dem Börsenparkett zeigten. Vertrauen ist gutAls es bei Snap vor einem Jahr schließlich so weit war, platzierte das Unternehmen ausschließlich stimmrechtslose Aktien, während sich die Gründer Evan Spiegel und Bobby Murphy die Kontrolle sicherten. “Diese Unternehmen fordern von Aktionären, den Einschätzungen des Managements nicht nur die nächsten fünf, zehn oder 50 Jahre zu vertrauen, sondern für immer”, sagte Jackson mit einem Seitenhieb auf den Instant-Messaging-Dienst. Das IPO von Snap hatte für heftige Kritik von Aktionärsvertretern und institutionellen Adressen gesorgt, worauf die Indexanbieter S & P Dow Jones und FTSE Russell die Aktie aus einigen Auswahlindizes strichen. Im vergangenen Jahr waren nach Angaben des Council of Institutional Investors unter insgesamt 124 Börsengängen in den USA 23 Unternehmen mit verschiedenen Stimmrechten im Aktionariat. Bei sechs dieser Firmen ist bereits ein sogenannter “Sunset” vorgesehen, bei den anderen 17 hat sich der Aktionärsadel seine Rechte unbefristet gesichert.