DEVISENWOCHE

US-Dollar weiterhin auf Rekordfahrt

Von Holger Achnitz*) Börsen-Zeitung, 30.10.2018 Das Geschehen am Währungsmarkt wird derzeit durch die Ereignisse an den Aktien- und Rentenmärkten überschattet. Die Korrektur insbesondere der amerikanischen Indizes stand dabei zuletzt im Vordergrund...

US-Dollar weiterhin auf Rekordfahrt

Von Holger Achnitz*)Das Geschehen am Währungsmarkt wird derzeit durch die Ereignisse an den Aktien- und Rentenmärkten überschattet. Die Korrektur insbesondere der amerikanischen Indizes stand dabei zuletzt im Vordergrund des Interesses. Dies ging einher mit einer erneuten Aufwertung des US-Dollar, der aufgrund zwischenzeitlich weiter gestiegener US-Kapitalmarktzinsen und des Ausblicks weiterer Zinserhöhungen durch die Federal Reserve (Fed) weiterhin magnetische Anziehungskraft zu haben scheint und aktuell nur unwesentlich unter seinem im August erreichten Höchststand handelt.Seine Entwicklung in den restlichen Wochen des Jahres sollte neben einer weiteren, seitens des Citigroup Research für Dezember erwarteten Zinserhöhung von 25 Basispunkten dabei wesentlich durch drei Ereignisse bestimmt werden: erstens die Kongresswahlen in den USA in der kommenden Woche; zweitens den weiteren Verlauf der Diskussionen zwischen Italien und der EU bezüglich des durch die Regierung in Rom präsentierten Budgets 2019 und drittens die Geldpolitik in China, u. a. als Antwort auf den Handelsstreit mit den USA.Meinungsumfragen zufolge wird nach den Wahlen am 6. November das Repräsentantenhaus künftig von den Demokraten kontrolliert werden, während die Republikaner die Mehrheit im Senat behalten werden. Ein solcher Ausgang sollte in den aktuellen Kursen reflektiert und damit für den US-Dollar anfänglich neutral sein. Abzuwarten bleiben die Auswirkungen eines solchen Ergebnisses für die Fiskalpolitik, die nach der Erwartung der Citigroup in diesem Szenario weniger expansiv ausfallen sollte. Inversion wird möglich Der positive Wachstumsschub der Steuerreform wurde weitgehend für den Anstieg der langfristigen Renditen in den USA verantwortlich gemacht. Dieser Effekt wird allein aufgrund der Basisberechnung schon bald stark nachlassen, so dass dann wieder fallende Zinsen am Kapitalmarkt gepaart mit einer weiteren Normalisierung der Geldpolitik – trotz unterhalb der Fed-Prognose (sogenannte “dots”) liegender Markterwartung – somit das erste Mal seit langer Zeit zu einer inversen US-Zinskurve führen könnten – mit vermutlich dann negativen Folgen für den US-Dollar.Stärker im Blickpunkt des Interesses steht im Moment noch der Budgetstreit zwischen der EU und Italien. Erinnerungen an die Marktverwerfungen des Jahres 2012 sind noch frisch. Im Unterschied zu der Situation vor sechs Jahren ist sich die aktuelle Regierung in Rom der Unterstützung ihrer Bevölkerung für den eingeschlagenen Kurs sicher und wähnt sich auch angesichts der noch nicht finalisierten Brexit-Verhandlungen in einer starken Position gegenüber ihren Gesprächspartnern. Handelsstreit dominiertDie Analyse der Marktteilnehmer kommt indes zu dem Schluss, dass fortgesetztes Null- bzw. Niedrigwachstum nicht für die Bedienung der nun eingeplanten Defizite ausreichend sein wird. Zu erwarten sind zähe und den Euro temporär belastende Verhandlungen, die wie schon so oft zuvor am Ende wahrscheinlich zu einem für beide Seiten gesichtswahrenden Kompromiss führen werden, der ein weiteres Mal die langfristige Stabilität der Eurozone in Frage stellen wird.Das unverändert dominierende Thema bleibt aber der Handelsstreit zwischen den USA und China. Das lange Zeit in beiden Ländern synchron verlaufende Wachstum war ein Garant für niedrige Volatilität und Stabilität an Aktien-, Renten- und Währungsmärkten. Chinas Konjunktur befand sich bereits im Rückwärtsgang, als sich US-Präsident Donald Trump dazu entschloss, chinesische Exporte mit Zöllen zu belasten. Dieser Akt hat die Abkühlung der chinesischen Volkswirtschaft beschleunigt, so dass China inzwischen mit einer Kombination von Maßnahmen reagiert hat.Angesichts der Verschuldungssituation vieler Staatsunternehmen und der privaten Haushalte kommt dabei die größte Bedeutung der Geldpolitik zu. Eine Senkung der Mindestreservesätze, effektiv seit dem 15. Oktober, sowie eine fortgesetzte kontrollierte Abwertung des chinesischen Renminbi haben erstmals seit 2015 wieder zu einem expansiven Richtungswechsel des Monetary Conditions Index (siehe Grafik) geführt. Äußerungen des chinesischen Zentralbankchefs Yi Gang bei der IWF-Tagung in Bali legen den Schluss nahe, dass an dieser Richtung zunächst festgehalten wird, um die Inlandsnachfrage zu stimulieren und die Exportwirtschaft zu unterstützen. Für eine weitere Abwertung des Renminbi besteht inzwischen mehr Spielraum: Die Verschuldungsquote in Fremdwährung chinesischer Unternehmen hat sich seit 2014 stetig auf inzwischen 7 % verringert, und auch der Zahlungsbilanzüberschuss sinkt. Gleichzeitig erlaubt eine weitere Abwertung die Schonung des Bestandes an Devisenreserven. Zusammengefasst erwartet die Citigroup einen Anstieg des Dollar-Yuan-Kurses auf 7,30 in zwölf Monaten.Der US-Dollar befindet auf bestem Weg, das Jahr 2018 auf Höchstständen zu beenden.—-*) Holger Achnitz leitet den Währungshandel bei der Citigroup in Deutschland.