Versicherer und Versorger en vogue
Versicherer, Versorger und Gesundheitsfirmen erhalten in der europäischen Aktienallokation von Bank of America Merrill Lynch mehr Gewicht. Mit dieser defensiveren Positionierung will sich das Brokerhaus für eine erwartete Abschwächung des Wachstums positionieren.sts Frankfurt – Das Eingeständnis ist für einen Research-Bericht einer großen Investmentbank ungewöhnlich. “Das hat nicht funktioniert”, räumt Bank of America Merrill Lynch in ihrer jüngsten Analyse zum europäischen Aktienmarkt ein. Die Selbstkritik bezieht sich darauf, dass die Positionierung aus dem Frühjahr auf eine Reflationierung nicht aufgegangen sei. Zahlreiche Marktakteure hatten zu Jahresbeginn mit einer weiter steigenden Inflationsrate gerechnet, unter anderem wegen der Erwartung einer extrem expansiven und schuldenfinanzierten US-Fiskalpolitik.Da der Ölpreis jedoch eingebrochen ist und die Trump-Regierung derzeit mehr mit sich selbst als mit Wirtschafts- und Finanzpolitik beschäftigt scheint, preisen derzeit die Märkte das Thema Inflation – die Trumpflation – wieder aus. “Wir kehren zu dem ausgewogeneren Ansatz von Ende 2016 zurück angesichts unserer Sorgen, dass es an den Katalysatoren für reflationsähnliche Trades im Sommer fehlen wird”, schreibt Merrill Lynch, die Investmentbank von Bank of America. Statt auf Inflation stellen sich die Aktienexperten nun auf eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums ein, rechnen aber nicht mit einer Rezession. “Wir bleiben auf Sechsmonatssicht positiv gestimmt”, heißt es. “Unser Basisszenario ist ein Umfeld des mittleren bzw. späten Konjunkturzyklus, in dem Aktien historisch betrachtet zu einer guten Entwicklung neigten.” Vor diesem Hintergrund nimmt das Brokerhaus die zyklische Komponente in seiner Sektorallokation zurück und kehrt zu seinem stärker ausgewogenen Ansatz von Ende 2016 zurück. Während für die Eurozone starke makroökonomische Daten erwartet werden, fällt vor dem Brexit-Hintergrund die Einschätzung für das Vereinigte Königreich sehr skeptisch aus. Dies spiegelt sich in der Empfehlung “untergewichten” für die Bereiche Einzelhandel und Reise/Freizeit wider.Vergleichsmaßstab für die Unter- und Übergewichte sind jeweils die Subsektoren des paneuropäischen Stoxx 600. Deutlich wird die defensive Ausrichtung an der unverändert starken Untergewichtung des Sektors Auto und Autoteile, der ein starkes Gewicht am deutschen Aktienmarkt hat. In diesem Sektor wird Druck auf die Margen bei steigendem Wettbewerb erwartet. Übergewicht bei ChemieWährend der Bereich Chemie unter anderem wegen erwarteter Fusionen und Zusammenschlüsse übergewichtet bleibt, erhöht Merrill Lynch in Europa sein Gewicht bei Versicherern, Versorgern, Healthcare-Unternehmen sowie in der Baubranche. Eine “starke Entwicklungspipeline” sei einer der strategischen Trends am Aktienmarkt. Banken bleiben übergewichtet, allerdings mit reduziertem Portfolioanteil. Die Verschiebung zwischen Banken und Versicherern begründen die Experten mit einer Neigung des Exposures bei Anleiherenditen eher zum langen als zum kurzen Ende hin. Banken haben tendenziell kürzere Anleihelaufzeiten.