Rückversicherer

Viel Rückenwind für Munich Re

Die Munich Re hat einen guten Lauf. Die Fortschritte auf fundamentaler Ebene spiegeln sich im Aktienkurs wider. Eine Analyse im Rahmen der Rubrik „Geld oder Brief“.

Viel Rückenwind für Munich Re

Von Stefan Kroneck, München

Munich Re hat einen guten Lauf. Nach einer Flaute an der Preisfront, niedrigen Anlagerenditen aufgrund des langen Zinstiefs und den (großteils überwundenen) Belastungen infolge der Corona-Pandemie hellt sich das Umfeld für den größten Rückversicherer der Welt deutlich auf: Die Vorteile für das traditionsreiche Dax-Mitglied aufgrund der durch die führenden Notenbanken eingeleiteten Zinswende und die im Kerngeschäft steigenden Tarife für Versicherungsdeckungen unter anderen gegen Großschäden aus Naturkatastrophen überwiegen eindeutig die Risiken infolge zunehmender geopolitischer Spannungen (Ukraine-Krieg) und der weltweit galoppierenden Inflation wegen der Energiekrise. Auf ihrem alljährlichen Treffen in Monte Carlo bestätigten führende Vertreter der Rückversicherungsbranche dieser Tage das positive Gesamtbild für dieses Segment der Assekuranz: Die Tarife für Rückversicherungen steigen nach wie vor weiter (vgl. BZ vom 13. September). Munich Re kündigte abermalige Preissteigerungen für die kommende turnusmäßige Vertragserneuerungsrunde zum Jahreswechsel 2022/23 an.

Das resultiert aus einer wachsenden Nachfrage bei einem zugleich knapperen Angebot. Der Markt bleibt aus Sicht der Anbieter dadurch „hart“, wie es im Fachjargon heißt. Für die Munich Re bedeutet das, dass sie ihre Größenvorteile mehr denn je nutzen kann. Der Konzern stellt sich auf steigende Margen im Rückversicherungssegment ein.

Besser als der Dax

Dies spiegelt sich zunehmend im Aktienkurs des Marktführers wider. In den vergangenen zwölf Monaten hat der Titel 8% an Wert gewonnen. Damit schnitt das Papier deutlich besser ab als der deutsche Leitindex. Das Börsenbarometer der Blue Chips der größten EU-Volkswirtschaft verzeichnete im gleichen Zeitraum ein Minus von über 15%. Am gestrigen Donnerstag notierte die Aktie von Munich Re fast unverändert bei rund 260 Euro im Vergleich zum Vortagesschlusskurs im Xetra-Handel.

Das vollständig im Streubesitz befindliche Unternehmen bringt am Markt insgesamt 36,3 Mrd. Euro auf die Waage. In Bezug auf die Marktkapitalisierung ist der Branchenprimus damit auch viel schwerer als seine ebenfalls börsennotierten großen Wettbewerber Swiss Re (24,7 Mrd. Euro), Hannover Rück (19,4 Mrd. Euro) und Scor (3,1 Mrd. Euro).

Die Fundamentaldaten und die Perspektiven von Munich Re überzeugen die Anleger. Die US-Investmentbank J.P. Morgan bestätigte dieser Tage ihre Einschätzung mit „Overweight“ bei einem Kursziel von 325 Euro. Die US-Adresse Goldman Sachs bekräftigte vor kurzem ihre Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 300 Euro. Das Bankhaus Berenberg empfiehlt das Papier ebenfalls zum Kauf bei einem Kursziel von 324 Euro.

KGV relativ niedrig

Angesichts dieser Einschätzungen besteht für die Aktie mit Blick auf die kommenden zwölf Monate noch viel Luft nach oben. Der derzeitige Marktkurs liegt um ein Viertel unter den optimistischsten Erwartungen der drei oben genannten Geldhäuser.

Nimmt man das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) als Maßstab, so liegt der Titel von Munich Re mit einem Wert von 9,3 in Bezug auf den erwarteten Gewinn 2023 unter dem Dax-Durchschnitt von 13,7. Zum Vergleich: Die ebenfalls im Dax notierte Hannover Rück bringt es auf 10,8. Auch aufgrund des relativ niedrigen KGV des Papiers von Munich Re lässt sich ebenso daraus schließen, dass die Aktie noch Potenzial für Kurszuwächse birgt.

Milde Hurrikan-Saison hilft

Auf fundamentaler Ebene zeigt die Munich Re derweil eine wachsende Stärke. Zur Vorlage des Zwischenberichts per Ende Juni präsentierte zwar Finanzvorstand Christoph Jurecka aufgrund der Turbulenzen an den Kapitalmärkten einen Gewinnrückgang im zweiten Quartal, der Konzern übertraf aber die Analystenschätzungen. Der Rückgang fiel weniger stark aus als von Investoren befürchtet (vgl. BZ vom 9. August). Seinerzeit gewann die Aktie daraufhin zeitweise 3% auf 233 Euro an Wert. Vorstandschef Joachim Wenning und der CFO hielten an ihrem Ziel fest, im laufenden Jahr den Nettogewinn auf 3,3 (i.V. 2,9) Mrd. Euro zu erhöhen. Sie begründeten ihre Zuversicht unter anderem mit einem ausreichenden Budget im Bereich Schaden/Unfall-Rückversicherung für mögliche Großschäden in der laufenden zweiten Hälfte 2022 (2,7 Mrd. Euro), insbesondere während der Hurrikan-Saison, die noch bis Mitte November andauert. Dieser Puffer sorgt dafür, dass der Konzern solche externen Belastungen sehr gut abfedern kann. Aufgrund des Gewinneinbruchs im zweiten Quartal verbuchte die Munich Re nach sechs Monaten ein Ergebnis nach Steuern von 1,4 Mrd. Euro. Das ist nahezu ein Fünftel weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres (1,7 Mrd. Euro).

Bislang bleiben größere Belastungen durch tropische Wirbelstürme aus dem Südatlantik für die Assekuranz 2022 aus. Es könnte sein, dass die Hurrikan-Saison in diesem Jahr relativ milde verläuft. Das schont die Erfolgsrechnung von Munich Re im Ende September auslaufenden dritten Quartal. Die Konzernführung veröffentlicht die Zahlen für den noch laufenden Dreimonatsabschnitt am 8. November.

Die Analystengemeinde ist allerdings nicht so zuversichtlich gestimmt wie der Vorstand in Bezug auf das Erreichen des Jahresziels. Die Experten aus der Finanzbranche trauen der Munich Re in diesem Jahr im Schnitt einen Überschuss von knapp 3,2 Mrd. Euro zu. Das sind etwas über 100 Mill. Euro weniger als vom Konzern angestrebt. Offensichtlich neigen die Analysten zu Skepsis angesichts der vielen Unsicherheiten im Markt. Der Wirtschaft droht eine Rezession. Das könnte auch – trotz des verbreiteten Optimismus unter den Rückversicherern – auch auf die Versicherungsbranche ausstrahlen.

Für die folgenden beiden Zwölf-Monats-Berichtsperioden rechnen die Analysten aber damit, dass die Munich Re zu weiteren Gewinnsteigerungen ansetzt. Für 2023 prognostizieren sie einen Konzernüberschuss von mehr als 3,7 Mrd. Euro, für 2024 sogar fast 4 Mrd. Euro. Letzteres wäre ein Rekord in der Unternehmensgeschichte. Die von Wenning eingeschlagene Expansionsstrategie im operativen Geschäft zahlt sich aus.

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