Was Rolloptimierung bringt

Unterschiedliche Konzepte von Rohstofffonds führen zu Renditedifferenzen - LBBW plant neuen Fonds

Was Rolloptimierung bringt

Weil Anleger, die in Rohstoffe investieren, dies in der Regel über Terminkontrakte machen, ist die Frage wichtig, wie viel Geld beim “Rollen” in den nächsten Kontrakt verloren wird. Dabei können aktiv gemanagte Rohstofffonds im Vergleich mit rolloptimierten, günstigeren Rohstoff-ETFs durchaus mithalten.Von Dietegen Müller, FrankfurtRohstoffe gelten als wenig korreliert mit liquiden Assets wie Aktien oder Anleihen. In tiefen Rezessionen verschwindet diese Eigenschaft mitunter zwar, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Doch ansonsten sind Edel- und Industriemetalle, Rohöl und andere Produkte – Agrarrohstoffe sind in Deutschland als Anlage verpönt – als Diversifikation im Portfolio anerkannt. Investoren, die auf Rohstoffe setzen, investieren dabei mittel- oder unmittelbar meist in Terminkontrakte – es sei denn, sie wünschen eine physische Auslieferung. Das bedeutet, dass regelmäßig auslaufende durch neue ersetzt werden. Je nachdem, wie die Terminkurve aussieht, kann dies mit sogenannten Rollverlusten oder -gewinnen verbunden sein. In der Regel sind die Rohstoffmärkte im Contango, das heißt, weiter in der Zukunft entfernte Preise liegen – etwa wegen Lager- oder Zinskosten – höher als die Kassamarktpreise. Dementsprechend geht beim Rollen ein Teil des Einsatzes verloren, weil der auslaufende Terminkontrakt zu einem tieferen Preis ausgezahlt wird, als der neue Kontrakt kostet. Demzufolge wird eine geringere Kontraktanzahl erworben, und dementsprechend partizipiert das eingesetzte Kapital weniger an einer Aufwärtsbewegung (aber auch Abwärtsbewegung). Im umgekehrten Fall – der Backwardation – liegen die Terminpreise unter dem Kassamarktpreis, das heißt, es können mehr neue Kontrakte gekauft werden, und damit kann stärker an steigenden (bzw. fallenden) Notierungen partizipiert werden. Die Kurve spiegelt den MarktWer in einen Korb Rohstoffe, etwa über börsengehandelte Indexfonds (ETFs), investiert, wird nicht darum herumkommen, sich mit Rollverlusten zu befassen. Einige Anbieter stellen dieses Thema bewusst in den Vordergrund. Als “Marktführer in Sachen Kundendurchdringung und Know-how” sieht sich beispielsweise die französische Großbank BNP Paribas, die einen rolloptimierten Rohstoff-ETF mit rund 300 Mill. Euro Volumen auf dem Markt hat. Konzernweit seien insgesamt rund 2 Mrd. Euro in Rohstoffe investiert, sagt Thomas Jamie, Head of Commodity Investor Derivatives Europe, Middle East and Africa von BNP Paribas, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Laut Jamie werden Angebot und Nachfrage im Rohstoffmarkt am besten von der Terminkurve gespiegelt. Die Krümmung der Kurve werde wiederum von den Lagerkosten (Carry) beeinflusst. “Wir versuchen nicht, die Preisentwicklung zu prognostizieren”, sagt Jamie. Stattdessen hat die französische Großbank einen Algorithmus entwickelt, mit dem Rollverluste minimiert werden können, wie Jamie sagt. So werde etwa, wenn der Markt im Contango ist, nicht automatisch der nächste Terminkontrakt gekauft, sondern ein Kontrakt weiter entfernt auf der Kurve. Geringere VolatilitätDer so optimierte Ex-Agrar-Index, dessen Wertentwicklung vom ETF abgebildet wird, schneide hinsichtlich der Lagerkosten in der Rückwärtsbetrachtung seit Oktober 2014 um 0,31 Prozentpunkte pro Monat besser ab als die Benchmark, der Bloomberg Commodity ex-Agriculture and Livestock Capped Index, so Jamie. Die Volatilität dieser Outperformance werde durch die Berücksichtigung der Veränderung der Terminkurve zudem verringert, betont der BNP-Experte. In dem ETF mit Ucits-Mantel sind elf Rohstoffe enthalten, die jeden Monat neu gewichtet werden, damit es nicht zu einem Übergewicht eines Rohstoffs bei einem starken Preisanstieg kommt. Laut dem Ucits-Regelwerk darf kein Fondsanteil mehr als 20 % Gewicht haben. “Für Gold und Silber machen wir diese Optimierung aber nicht, da sie nicht funktioniert. Bei den Edelmetallen spielt die Wechselkursentwicklung eine entscheidende Rolle”, sagt Jamie. Wegen der Begrenzung im Ucits-Regelwerk sind Anlagen auf einzelne Rohstoffe auch nur als besicherte oder unbesicherte Zertifikate – Exchange Traded Commodities (ETCs) oder Exchange Traded Notes (ETNs) möglich. Dabei handelt es sich um unbefristete Schuldverschreibungen. Ein Investor geht damit ein Gegenparteirisiko ein, da die investierten Summen nicht als Sondervermögen vom Anbieter abgrenzbar sind.Auch andere Institute bieten im deutschen Markt ETFs auf Rohstoffe an. Dabei zeigen Daten der Fondsratingagentur Morningstar kein eindeutiges Bild, was die Vorteile einer Rolloptimierung hinsichtlich der Performance anbelangt. So schneidet über einen Zweijahreszeitraum der Comstage-ETF nicht viel schlechter ab als der optimierte BNP-Paribas-ETF – wobei die Zahl der im Fonds enthaltenen Rohstoffe nicht identisch ist. Der Geschäftsführer von Comstage ETFs, Thomas Meyer zu Drewer, erklärt, dass die Ergebnisse bezüglich Rolloptimierung “keine eindeutige und in eine Richtung tendierende Sprache sprechen”. Generell könne eine Optimierung vor allem bei Energie und Industriemetallen funktionieren – müsse aber nicht. Ein Kritikpunkt ist laut Meyer zu Drewer immer wieder die unterschiedliche Vorgehensweise bei den Optimierungen, “die eher schon in aktive Strategien übergehen”. Laut Meyer zu Drewer besteht nach Rohstoff-ETFs eine gute Nachfrage, es sei derzeit aber nicht geplant, weitere Produkte aufzulegen. Gewichtung angepasstDer Comstage Commerzbank Commodity ex-Agriculture EW ETF, der rund 390 Mill. Euro schwer ist, bildet die Entwicklung des gleichlautenden Index ab, der aus zwölf Rohstoffen in den Bereichen Energie, Edel- und Industriemetalle besteht. Enthalten sind WTI, Brent Crude, Gasöl, Erdgas, Gold, Silber, Platin, Palladium, Kupfer, Zink, Nickel und Aluminium. Eine eigentliche Rolloptimierung findet nicht statt: Es wird kurz vor dem Verfall des einen Futures jeweils der liquideste nächste Terminkontrakt ausgewählt. Alle Fondsbestandteile werden jeweils zweimal im Jahr wieder mit 8,33 % Anteil gewichtet, damit nicht durch eine überdurchschnittliche Kursentwicklung ein Rohstoff ein überproportionales Gewicht in dem ETF erhält. Im Vergleich der Fondsratingagentur Morningstar schneidet der Comstage-ETF nicht viel schlechter ab als der optimierte ETF von BNP Paribas – wobei allerdings die Zahl der enthaltenen Rohstoffe nicht identisch ist.Eine gute Performance zu höheren Kosten liefern gemäß Morningstar-Daten aktiv gemanagte Rohstofffonds. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist in diesem Marktsegment vertreten, wie auch die Union Investment (mit UniCommodities) und Deka (Deka Rohstoffe). Daniel Rauch, auf Rohstoffe spezialisierter Fondsmanager von LBBW Asset Management, sagt im Gespräch, alle Rohstofffonds der LBBW seien “regelbasiert”. Es gibt einen Long-only-Fonds (LBBW Rohstoffe 1), der 2008 aufgelegt wurde. Er bildet über einen Swap die Entwicklung des hauseigenen LBBW TOP-10-Rohstoff-Index ER ab. Das Anlageuniversum dieses Index ER umfasst 16 Rohstoffe, wobei nur in zehn investiert wird, und zwar in jene mit der stärksten Backwardation. Gibt es keine oder zu wenige Rohstoffe, die in Backwardation notieren, werden jene mit dem schwächsten Contango aufgenommen. Hinzu kommen noch ein Long-/Short-Fonds (LBBW Rohstoffe 2 LS) mit derzeit rund 62 Mill. Euro Vermögen und ein gemanagter Rohstofffonds, (LBBW RS Flex), der rund 144 Mill. Euro Fondsvolumen aufweist und auf Basis einer Momentum-Strategie in Rohstoffe investiert. Ziel ist positive Rollrendite”Ziel ist jeweils, eine positive Rendite zu erzielen”, sagt Rauch. “Im Zentrum steht die Attraktivität der Terminkurve und damit einhergehend eine positive Rollrendite bei den ausgewählten Rohstoff-Futures.” Der Long-Short-Fonds sei auf Kundenwunsch nach den Erfahrungen der Finanzkrise entstanden. Damals hätten einige Rohstoffe hohe Kursrückschläge verzeichnet und damit den Diversifizierungseffekt von Rohstoffen im Portfolio unterminiert. Die Long-Short-Variante soll die maximalen Kursrückschläge begrenzen und die Volatilität senken, so Rauch. In der Long-Short-Variante setzt der Fonds auf der Long-Seite auf Rohstoffe mit hoher Backwardation oder möglichst geringem Contango, während auf der Short-Seite das Umgekehrte angewandt wird, sagt Rohstoffexperte Rauch. Alle drei Monate findet eine Überprüfung statt und wird die Gewichtung je Rohstoff auf 10 % zurückgesetzt. Start im kommenden JahrLBBW-Fondsmanager Daniel Rauch erklärt zudem, sein Institut arbeite derzeit an einem weiteren aktiv gemanagten Ucits-Rohstofffonds, der dann im Laufe von 2019 gestartet werden könnte. Im Markt heißt es, trotz jüngster Abflüsse steige das Interesse an Rohstoffanlagen in Deutschland tendenziell.