Wenig Lichtblicke bei Versorgern

Berenberg Bank stuft Sektor von Overweight auf Hold zurück - Iberdrola als Favorit

Wenig Lichtblicke bei Versorgern

Für die deutschen Versorger gab es in der gerade beendeten Woche schlechte Nachrichten in Sachen Brennelementesteuer, RWE und Eon mussten abermals Federn lassen. Doch auch europaweit hat die Branche wegen der niedrigen Strompreise nicht mehr viel Potenzial, wie Berenberg in einer Studie schreibt.amb Frankfurt – Nicht überall liegen Versorgerwerte wie Blei in den Regalen, die Branche hat sich europaweit im vergangenen Jahr, gemessen am Branchenindex Stoxx Europe 600 Utilities, sogar überdurchschnittlich entwickelt. Jetzt ist nach Ansicht der Berenberg Bank aber keine Luft mehr nach oben. In einer Studie stufen sie den Sektor daher von “Overweight” auf “Hold” zurück, die Kursziele werden im Schnitt um 6 % gekappt. Es gibt allerdings noch einige Aktien, zu denen geraten wird, etwa zum spanischen Stromkonzern Iberdrola, aber auch zu Centrica, Red Electrica und Veolia Environnement. Für die meisten der 22 untersuchten Konzerne lautet die Empfehlung hingegen “Hold”, darunter auch für Eon und RWE, Enel, GDF Suez und Verbund. RWE wurde ursprünglich ebenfalls auf “Buy” gesetzt, nach den Äußerungen des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur deutschen Brennelementesteuer vom Dienstag aber auf “Hold” zurückgesetzt.Der Generalanwalt hatte erklärt, dass die seit 2011 in Deutschland erhobene Steuer nicht gegen EU-Recht verstößt. Die Einschätzung ist für die Richter des EuGH zwar nicht bindend, wird aber oft befolgt. Die klagenden Konzerne, darunter RWE und Eon, hatten gehofft, die bislang gezahlten Gelder in Milliardenhöhe zurückzuerhalten. Das Urteil des EuGH wird im Laufe des Jahres erwartet, außerdem steht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an. Kräftige VerlusteDie Aktien von RWE und Eon reagierten mit kräftigen Verlusten. Ohnehin schneiden die deutschen Versorger aufgrund der Energiewende hierzulande viel schlechter ab als die europäische Konkurrenz: Die Eon-Aktie konnte zwar 2014 etwas an Boden gutmachen, hat in den vergangenen sieben Jahren aber rund drei Viertel ihres Werts verloren. Für RWE ging es im vergangenen Jahr weiter nach unten, auch hier ist der Kurs auf ein Viertel seines Wertes von Anfang 2008 gefallen. Der Stoxx Europe 600 Utilities, der die 26 größten europäischen Energiekonzerne abbildet, hat im vergangenen Jahr hingegen um 13 % zugelegt. Damit hat er den marktbreiten Stoxx Europe 600, der nur um gut 4 % nach oben kletterte, abgehängt. Niedrigere ErwartungenNach Ansicht der Berenberg Bank hat die Branche jetzt aber kein Potenzial mehr. Die skeptischere Haltung ist nicht nur Folge der gestiegenen Kurse: Die Analysten haben auch ihre Gewinn- und Dividendenschätzungen je Aktie reduziert. Der Grund: die niedrigeren Rohstoff- sowie Strompreise. Negativ auswirken würden sich diese besonders bei Verbund, Fortum, RWE, Enel Green Power, Centrica und Eon, hier werden die Schätzungen um rund 20 % gekappt. Weniger betroffen seien Enel, GDF Suez und Iberdrola. Die Gewinnprognosen je Aktie für 2015 und 2016 entsprechen den Analysten zufolge nun den Konsensschätzungen, für 2017 lägen sie allerdings noch 7 % darüber. Dann würden die Strompreise nämlich wieder anziehen, heißt es. Hold für deutsche KonzerneFür RWE hat die Berenberg Bank das Kursziel nach den Erklärungen zur Brennelementesteuer von 28 auf 24 Euro (aktuell 23,29 Euro) gesenkt, die Aktie steht jetzt auf “Hold” anstatt auf “Buy”. RWE könne den Prozess verlieren, dann werde ein wichtiger Grund für die Kaufempfehlung wegfallen, argumentieren die Experten. Zudem sehen sie nun das Risiko einer Kapitalerhöhung. Für Eon (Kursziel 13,50 nach 13,40 Euro, aktuell 13,14 Euro) wurde die “Hold”-Einstufung am Mittwoch hingegen bestätigt. Die noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sorge zwar für weitere Unsicherheit, Eon habe aber nicht die Kapitalrisiken wie RWE. Die Berenberg Bank hatte die Eon-Aktie im Dezember nach der Ankündigung des Managements, den Konzern aufzuspalten, auf “Sell” zurückgestuft, Ende Januar in der Branchenstudie aber auf “Hold” hochgesetzt. Am Markt werde mittlerweile erkannt, dass eine Aufteilung des Konzerns nicht von Vorteil sei, zudem sei der Rückgang der Rohstoffpreise jetzt eingepreist, die Aktien seien angemessen bewertet. Eon plant eine Aufspaltung in zwei Teile, einen für die Stromnetze sowie dezentrale und erneuerbare Energien, den anderen für die konventionelle Stromerzeugung. Gros der Aktien fair bewertetAm attraktivsten ist für die Berenberg-Analysten Iberdrola, der Aktie wird jetzt ein Kurs von 7,00 nach bislang 6,10 Euro (aktuell 5,99 Euro) zugetraut. Alle Geschäftsbereiche, also Stromerzeugung, erneuerbare Energien und Stromnetze, seien auf Wachstumskurs. Erwartet werden überdurchschnittliche Gewinnzuwächse. Ebenfalls auf “Buy” gesetzt werden das britische Erdöl- und Erdgasunternehmen Centrica (Kursziel 3 Pfund, aktuell 2,96 Pfund), der spanische Stromnetzbetreiber Red Electrica (Kursziel 83,40 Euro, aktuell 74,37 Euro) und der französische Versorger Veolia Environnement (Kursziel 15,10 Euro, aktuell 16,28 Euro). Zum Kauf geraten wird auch beim portugiesischen Energiekonzern EDP (Kursziel 3,80 Euro, aktuell 3,23 Euro) und dessen auf erneuerbare Energien konzentrierter Tochter EDP Renovaveis (Kursziel 5,75 Euro, aktuell 5,79 Euro), dem französischen Abfallwirtschafts- und Wasserversorgungsspezialisten Suez Environnement (Kursziel 15,30 Euro, aktuell 16,25 Euro) und dem italienischen Erdgasnetzbetreiber Snam (Kursziel 4,60 Euro, aktuell 4,18 Euro).Enel Green Power, Fortum und Verbund werden hingegen von “Buy” auf “Hold” zurückgestuft, für Enel und GDF Suez wird die “Hold”-Einstufung bestätigt. Am Ende der Empfehlungsliste stehen der französische Stromversorger EDF, SSE aus Schottland, der italienische Stromnetzbetreiber Terna, der britische Versorger National Grid und Gas Natural aus Spanien. Die Aktien werden zwar noch auf “Hold” gesetzt, die Kursziele liegen aber meist unter den aktuellen Notierungen.Auch andere Analysten haben ihre Empfehlungen für die beiden deutschen Versorger nach den Äußerungen des EuGH-Generalanwalts überarbeitet, im Fall von RWE überwiegt die Skepsis: Die Commerzbank rät etwa unverändert zu “Reduce” mit einem Kursziel von 26 Euro. Regulatorische UnsicherheitDie Einschätzung der Aktien ändere sich nicht, heißt es: Selbst wenn die Steuer gekippt würde, Eon und RWE seien nicht besonders attraktiv. Das liege an den im Branchenvergleich hohen Bewertungen und nicht sonderlich ansprechenden Dividendenrenditen. Auch Kepler Cheuvreux votiert mit “Reduce”, Deutsche Bank, Société Générale und UBS mit “Hold” beziehungsweise “Neutral”. Goldman Sachs rät unterdessen zum Kauf (“Buy”) mit Kursziel von 37 Euro: Die Übernahmeaktivitäten im europäischen Versorgersektor seien 2013 und 2014 wegen regulatorischer Unsicherheiten und strapazierter Bilanzen deutlich zurückgegangen. Das werde sich im Umfeld niedriger Zinsen in den kommenden Jahren aber ändern, heißt es zur Begründung. Bernstein Research bleibt ebenfalls bei der “Outperform”-Einstufung, bei einem Kursziel von 35,50 Euro. Mehr Empfehlungen für EonEtwas positiver fallen die Urteile für Eon aus: Goldman setzt die Aktie sogar unverändert auf die “Conviction Buy List” mit einem Kursziel von 19 Euro, ebenfalls aufgrund der erwarteten Übernahmeaktivitäten. Auch Société Générale (“Buy”) und Bernstein Research (“Outperform”) sehen Potenzial. Société Générale hält die Argumentation des Generalanwalts für schlüssig, RWE und Eon müssten sich daher darauf einstellen, die gezahlte Atomsteuer nicht wieder zurückzuerhalten. Die Aktien könnten daher kurzfristig unter Druck geraten, bei Eon könne aber unter anderem eine Erholung der Strommärkte den Kurs stützen.Die Analysten der Commerzbank haben ihre “Hold”-Einstufung bestätigt, auch von Seiten der Deutschen Bank und UBS heißt es “Hold” beziehungsweise “Neutral”. Nur Kepler Cheuvreux winkt mit Blick auf die neuesten negativen Nachrichten ab (“Reduce”).