Dax

Wie lange steht die Ampel noch auf Grün?

Trotz der unverändert bestehenden Herausforderungen durch die Corona-Pandemie hat das Jahr 2021 für heimische Anleger sehr gut begonnen. So konnte der Dax im bisherigen Jahresverlauf bereits um 6,5% zulegen. Letzteres ist umso bemerkenswerter, als ...

Wie lange steht die Ampel noch auf Grün?

Von Jörg Scherer*)

Trotz der unverändert bestehenden Herausforderungen durch die Corona-Pandemie hat das Jahr 2021 für heimische Anleger sehr gut begonnen. So konnte der Dax im bisherigen Jahresverlauf bereits um 6,5% zulegen. Letzteres ist umso bemerkenswerter, als für den Nasdaq 100 bisher nur ein schmales Plus von 1,5% zu Buche steht. Ist die Sektorrotation nachhaltig? Sind 2021 neue Favoriten gefragt? Können die deutschen Standardwerte ihr Eigenleben fortsetzen?

Zur Beantwortung dieser Fragen wählen wir einen eher ungewöhnlichen Ausgangspunkt: So wagen wir zunächst einen Blick auf den deutschen­ Standardwerteindex in US-Dollar­, der die charttechnische Situation wiedergibt, wie sie sich aus Sicht eines amerikanischen Investors darstellt. Nachdem im Frühjahr vergangenen Jahres letztlich der Basisaufwärtstrend seit den 1980er Jahren (aktuell bei 12004 Punkten) bestätigt wurde, gelang auch hier zuletzt ein neues Allzeithoch (17659 Punkte). Zuvor hatte der Dax auf US-Dollar-Basis drei Monate mit dem alten Rekordhoch vom Januar 2018 (16887 Punkte) gerungen. Der Vorstoß in „uncharted territory“ sorgt aus Sicht von US-Investoren für ein prozyklisches Investmentkaufsignal und liefert damit auch heimischen Anlegern ein unterstützendes Argument.

Dax-Kursindex vor Rekord?

Ein ähnlich markantes Chartsignal hat zuletzt der Dax-Kursindex generiert. Drei Monate hatten die deutschen Standardwerte ohne Berücksichtigung der Dividenden mit dem seit Januar 2018 bestehenden Baissetrend (auf Monatsbasis aktuell bei 5983 Punkten) gerungen, ehe jetzt mit einem hohen Aufwärtsmomentum der Ausbruch gelang (siehe Chart). Letzteres lässt auf einen nachhaltigen Trendbruch hoffen, zumal auch die Hochs bei gut 6100 Punkten übersprungen wurden. Dadurch kann die gesamte Kursentwicklung des vergangenen Jahres als „V-förmiges“ Kursmuster interpretiert werden. Als zweiter strategischer Antriebsfaktor dient die im Herbst 2020 ausgebildete Flagge. Da auch der trendfolgende MACD freundlich zu interpretieren ist, stehen die Chancen deshalb gut, dass das Aktienbarometer sein bisheriges Allzeithoch bei 6444 Punkten ins Visier nehmen wird. Dieses Niveau markiert für den Dax-Kursindex den ultimativen Deckel der letzten 20 Jahre. Seit Beginn des Jahrtausends hat die Marktteilnehmer in diesem Dunstkreis in schöner Regelmäßigkeit der Mut verlassen. Entsprechend entstünde bei einem neuen Rekordstand nochmals ein prozyklisches Investmentkaufsignal. Die oben genannte „V-Formation“ des Jahres 2020 lässt auf ein Lüften des diskutierten „Deckels“ schließen. Aus der 138,2-%-Fibonacci-Projektion des Rückschlags vom Frühjahr vergangenen Jahres ergibt sich zudem ein Anlaufziel von gut 7079 Punkten. Um die aktuelle Steilvorlage nicht zu gefährden, gilt es zukünftig nicht mehr in den alten Baissetrend seit 2018 zurückzufallen.

Nach diesen beiden eher ungewöhnlichen Betrachtungswinkeln möchten wir zusätzlich noch den für die allermeisten Anleger wesentlich vertrauteren Dax-Performanceindex beleuchten. Auch hier liegt eine trendbestätigende Flagge vor, welche ein kalkulatorisches Anschlusspotenzial bis rund 15000 Punkte bereithält (siehe Jahresausblick). Darüber hinaus können Anleger die Kursentwicklung von Mai bis Dezember 2020 als nach oben aufgelöste Schiebezone zwischen 11500 Punkten und 13500 Punkten interpretieren. In der Konsequenz ergibt sich aus der Höhe des Konsolidierungsmusters sogar ein Kursziel von rund 15500 Punkten. Letzteres harmoniert bestens mit der 261,8-%-Fibonacci-Projektion des Kursrückgangs von Ende 2007 bis März (15534 Punkte). Per saldo deuten also drei unterschiedliche Verfahren auf Notierungen oberhalb der 15000er Marke hin. Ein bisschen Luft nach Norden hat der Index also noch.

Schmales Zeitfenster

Nun zum großen Aber: Zunächst kommen die beschriebenen Ausbrüche unter saisonalen Aspekten zur rechten Zeit. So legen beispielsweise die beiden bekanntesten Zyklen überhaupt – US-Präsidentschafts- und Dekadenzyklus – nochmals ein freundliches Frühjahr nahe. Mit Blick auf die saisonale Schnittmenge des US-Nachwahljahres und des „1er-Jahres“ könnte der April sogar der beste Börsenmonat des Jahres 2021 werden. Apropos zyklische Übereinstimmung: Wenn Anleger den typischen Verlauf des Dow Jones in „1er Nachwahljahren“ heranziehen, dann beginnt Mitte März nochmals eine Aufschwungphase, welche bis Anfang Mai anhält. In die gleiche Kerbe schlägt der Verlaufsvergleich zwischen der aktuellen Kurserholung des S&P 500 und der Rally von 2009/2010. Auch gemessen an diesem Ablaufmuster hätten Investoren nochmals ein günstiges Zeitfenster von rund sechs Wochen vor der Brust. Es gehört allerdings auch zur „saisonalen Wahrheit 2021“, dass es sich dabei um die finale Kursrally handeln könnte. Schließlich kam es im Mai 2010 zu einer deutlichen Korrektur, der sich bis in den Herbst hinein eine schwierigere Investmentphase in Form eines volatilen Sägezahnmarktes anschloss. Auch der typische Verlauf des „1er Jahres“ bzw. des „US-Nachwahljahres“ warnt vor möglichen Rückschlaggefahren im dritten Quartal. In der Summe bleibt ein schmales saisonales Zeitfenster, das der Dax zum Erreichen der oben genannten Kursziele nutzen sollte.

*) Jörg Scherer ist Leiter Technische Analyse bei HSBC Deutschland.

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