JSA24 Interview mit Euronext-CEO Stéphane Boujnah

„Wir wollen die europäische Plattform sein, die London ersetzt“

Der Euronext-CEO wirbt für eine schnellere Integration der Finanzmärkte und größere Player. Er ist optimistisch für das IPO-Jahr 2025 und will mehr Unternehmen an die Mehrländerbörse locken, unter anderem mit einem einheitlichen IPO-Prospekt.

„Wir wollen die europäische Plattform sein, die London ersetzt“

Euronext-CEO Stéphane Boujnah betrachtet die Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten als „Weckruf“ für Europa. Trump stehe für eine Politik, bei der die Vereinigten Staaten offenbar „hemmungslos Entscheidungen mit Blick auf den eigenen Vorteil treffen“ würden. Die Europäer müssten reagieren, indem sie die „Integration beschleunigen und mehr europäische Champions produzieren, sonst verharren wir in einer Position der Schwäche“, fordert Boujnah im Interview der Börsen-Zeitung. Wenn Europa an den Finanzmärkten relevant bleiben wolle, brauche es schnellere Entscheidungen und „größere Player“, betont der Manager, der seit 2015 an der Spitze der Euronext steht und das Unternehmen von einer Vier- zu einer Siebenländerbörse ausgebaut hat.

Der Euronext-Chef wirbt für mehr Zusammenarbeit, etwa durch einen „einzigen Prospekt für IPOs, das, was die USA S1-Form nennen“. Dieser soll zunächst an den sieben Börsen der Euronext-Gruppe eingeführt und dann an die anderen großen Märkte Deutschland und Spanien herangetragen werden. Damit will er die Wettbewerbsfähigkeit bei Börsengängen stärken. „Wir schielen weniger auf die USA, wir wollen die europäische Plattform sein, die London ersetzt“, so der CEO.

Obwohl Boujnah sich mit Blick auf die IPO-Pipeline zuversichtlich gibt, dass 2025 „ein sehr viel dynamischeres Jahr als 2024 werden wird“, warnt er zugleich: „Der Mangel an Kapital ist unser größter Schwachpunkt.“ Er wirbt für die Einführung einer kapitalgedeckten Altersvorsorge, denn Triebfeder für jeden IPO-Markt „ist erstens Liquidität, zweitens Liquidität und drittens Liquidität.“ Es gelte, die Ersparnisse der Haushalte an die Kapitalmärkte zu lenken und zugleich eine „neue Risikoperspektive“ zu etablieren, „denn Banken und Versicherer haben hohe Hürden für die Kapitalanlage“.

Eine gemeinsame IPO-Plattform, über die die Euronext 2023 mit der Deutschen Börse gesprochen hatte, will Boujnah nicht weiter verfolgen. „Es fehlt die Liquidität. Die Situation ist vergleichbar mit dem Bau eines Regionalflughafens, den keine Airline anfliegt.“


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