„Wir wollen direkten Einfluss ausüben“
Wolf Brandes.
Frau Bode, wie hat sich der Markt für Private Debt entwickelt?
In Europa ist Private Debt nach der Krise 2008/2009 ein großes Thema geworden: Damals gab es einen Stillstand bei Bankfinanzierungen und die Unternehmen mussten sich Alternativen suchen. Mittlerweile ist es zudem durch die Regulierung für Banken schwieriger geworden, Non-Investment-Grade-Unternehmen zu finanzieren. Damit hat das Interesse an Private Debt stark zugenommen, sowohl von den Unternehmen als auch von den Investoren. Aus Anlegersicht interessant ist die Liquiditätsprämie im Vergleich zum Anleihemarkt.
Auf welche Arten von Private Debt fokussieren Sie sich?
Wir arbeiten nur mit operativen Unternehmen, denen wir flexible Finanzierungsstrukturen anbieten, beispielsweise Mittel, die es den Unternehmen erlauben, einen größeren Schritt in der Entwicklung zu gehen, etwa eine Akquisition zu tätigen. Die kurzfristigen Betriebsmittelfinanzierungen werden weiterhin von den Banken gemacht.
Wo setzen Sie den ESG-Hebel an?
Wir sind sehr nah an den Unternehmen dran. Bei liquiden Finanzierungsmärkten gibt es immer eine Vielzahl von Kreditgebern, intermediäre Strukturen oder Fonds. Wir können unmittelbar Einfluss nehmen, auch beim Thema ESG.
Wie gehen Sie vor?
Wenn man in den ESG-Prozess einsteigt, muss man die richtigen Fragen stellen. Wir wollen direkten Einfluss ausüben und die Möglichkeit ist beim öffentlichen Markt sehr viel geringer. Wir können uns über die Finanzierung bei Unternehmen engagieren, indem wir bestimmte Anreize in die Kreditdokumente einbauen. Zum Beispiel, dass bestimmte Ziele zu erfüllen sind wie eine Emissionsreduktion von 50%. In dem Fall können wir dann auch auf Marge verzichten.
Welche Bedeutung haben ESG-Ratings?
Es ist bei Private Debt alles sehr viel maßgeschneiderter und insofern ist der Einfluss auch direkter. In den liquiden Märkten ist der Prozess sehr viel standardisierter. Dort arbeitet man mit externen Datenbanken und ESG-Ratings. Das ist in unserem Bereich nicht der Fall. Abgesehen davon kann man über ESG-Ratings kaum bestimmen, wohin die Reise bei einem Unternehmen geht. Stattdessen nutzen wir im ESG-Bereich eine Frageliste.
Gibt es gar keine standardisierten Daten?
In den privaten Märkten gibt es solche Datenbanken nicht. Damit ließe sich auch die direkte Interaktion mit den Unternehmen nicht ersetzen. Außerdem arbeiten wir mit Unternehmen, die in den öffentlichen Märkten und bei den ESG-Ratings oft durchs Raster fallen, weil sie zu klein sind.
Nutzen Sie bei jeder Transaktion den ESG-Fragebogen?
Ja, aber nicht im ersten Schritt. Obendrein gibt es eine Ausschlussliste. Wir sind z.B. nicht tätig in den Sektoren Glücksspiel, Waffen, Alkohol und Tabak.
Welche Fragen finden sich auf der ESG-Liste?
Anders als bei den Konzernen, wo es verstärkt um Umwelt geht, steht bei uns oft das Thema Governance im Fokus. Wir engagieren uns viel bei Unternehmen, die noch in Familienbesitz sind. Da lässt sich im Bereich der Unternehmensführung und der Gremien noch vieles verbessern. Natürlich stellen wir auch Fragen zu Umweltthemen. Das sind vielfach die üblichen Kennzahlen, beispielsweise zu Emissionen. Selten bekommen wir aber ganz weit gefasst Angaben etwa zu Emissionen nach Scope 3.
Gibt es andere spezielle Schwerpunkte?
Bei unseren Unternehmen sind Datenschutz und Schutz vor Cyberkriminalität wichtige Punkte. Das zählen wir zum Bereich Governance. Wir treffen dann schon mal eine Vereinbarung in den Kreditdokumenten, dass in einer bestimmten Frist eine IT-Back-up-Strategie entwickelt werden muss.
Ist das so ein Fall, wo Sie mit Anreizmechanismen arbeiten?
In manchen Fällen werden Bedingungen honoriert, aber hier ging es darum, das Risiko zu reduzieren. Da gab es keinen finanziellen Anreiz.
Das Interview führte