Zahlungsdienstleister konsolidieren

Weitere Übernahmen wahrscheinlich - Favorit Worldline - Auch Safecharge empfohlen - Wirecard neutral

Zahlungsdienstleister konsolidieren

Die Konsolidierungswelle bei den Zahlungsdienstleistern wird einer Macquarie-Studie zufolge weiter rollen. Als Profiteur sehen die Analysten vor allem den französischen Kreditkartenanbieter Worldline. Wirecard wird nun deutlich positiver eingeschätzt, das Kursziel verdoppelt.amb Frankfurt – Angesichts der rapiden technologischen Entwicklungen und neuer Regulatorik ist die europäische Zahlungsdienstleisterbranche einem starken Wandel unterworfen. Die australische Bank Macquarie geht davon aus, dass auf Dauer nur eine Handvoll Zahlungsdienstleister überleben wird. Auf der Gewinnerseite sehen die Analysten das französische Unternehmen Worldline, aber auch kleine, innovative Adressen wie iZettle und Klarna. Auf der Verliererseite stehe hingegen der französische Anbieter für Zahlungsverkehrslösungen Ingenico. In einer Studie wird Worldline auf “Outperform” gestuft, ebenso Safecharge. Wirecard wird auf “Neutral” hochgesetzt bei einem deutlich angehobenen Kursziel, für Ingenico lautet das Votum aufgrund der letzten Kursverluste ebenfalls “Neutral”. Durch die bislang noch starke Fragmentierung der Branche in Europa sind die Potenziale durch Zusammenschlüsse den Analysten zufolge hier besonders groß. Sie gehen davon aus, dass die vergleichsweise niedrigen Gewinnmargen der Europäer sich in Richtung der Margen in den USA bewegen werden, wo die Konsolidierung bereits abgeschlossen sei. Als Mitauslöser für die Veränderungen sehen die Experten die seit Mitte Januar geltende EU-Richtlinie zur Regulierung von Zahlungsdiensten und Zahlungsdienstleistern “Payment Services Directive” (PSD2), die den Wettbewerb stärken und zu einer Harmonisierung führen soll. Nach Ansicht der Analysten wird dadurch die Größe der Unternehmen immer wichtiger. Chancen sehen sie daher vor allem bei großen Adressen wie Worldline sowie hoch spezialisierten Unternehmen wie Safecharge. Dazu stiegen die Anforderungen an die Zahlungsdienstleister seitens kleiner und mittelgroßer Unternehmen (SME): Diese benötigten nicht nur die reine Zahlungsdienstleistung, sondern forderten mittlerweile ein ganzes Paket inklusive Hardware, Software und zum Teil sogar einer Finanzierung. Der Bank zufolge profitieren davon solche Unternehmen, die alles aus einer Hand anbieten können. Darunter seien auch einige neue, kleine Anbieter, etwa iZettle, Klarna, Afterpay Touch und Tyro. Die Analysten sehen gerade für die beiden schwedischen Unternehmen iZettle und Klarna gute Chancen. iZettle bietet einen kleinen Chip-Kartenleser für Smartphones und Tablets und eine kostenlose App, mit der jederzeit und an jedem Ort Kartenzahlungen angenommen werden können. Klarna übernimmt Zahlungsansprüche von Händlern und wickelt deren Kundenzahlungen ab. Die Analysten verweisen außerdem auf die wachsende Verbreitung von QR-Code-Zahlungen, für die keine Terminals mehr nötig sind. Bei dieser Methode muss bei Rechnungen lediglich der QR Code eingescannt werden, Apps übertragen die Daten automatisch in ein Überweisungsformular, das vom Kunden dann überprüft und bestätigt wird. Gerade in China seien QR-Code-Zahlungen bereits weit bereitet, heißt es, auch in anderen Schwellenländern würden sie immer beliebter. Das sei eine Bedrohung für Anbieter von POS-Terminals, speziell für Ingenico. Gut gerüstet für ZukäufeWorldline bleibt der Favorit. Als Kursziel für die weltweite Nummer 1 bei Zahlungsdienstleistungen und Karten werden auf Sicht von zwölf Monaten 41,77 Euro (aktuell 40,78 Euro) genannt, im Fall von Übernahmen gebe es aber noch sehr viel Potenzial nach oben. Worldline sei für eine Konsolidierung in der Branche am besten gerüstet, heißt es. Aufgrund des großen F & E-Budgets könne Worldline zudem innovative Angebote entwickeln. Das Unternehmen profitiere auch in besonderer Weise vom Trend zum Outsourcen von Zahlungsdienstleistungen seitens der Banken. Die Ebitda-Prognosen für 2018 und 2019 werden zwar um 3,2 % und 0,7 % reduziert, für 2020 aber um 1,9 % erhöht. Die Gewinnschätzungen je Aktie liegen bei 1,27 Euro, 1,45 Euro und 1,59 Euro für 2018 bis 2020. Ebenfalls auf “Outperform” gestuft wird das israelische Unternehmen Safecharge, hier bleibt das Kursziel bei 3,50 Pfund (aktuell 3,11 Pfund). Safecharge wolle sich neu aufstellen und den Fokus auf wachstumsstarke Nischenmärkte richten. Das Unternehmen sei in der Lage, branchenspezifische Lösungen günstig und schnell anzubieten, außerdem habe Safecharge große, wichtige Kunden etwa in der Sport- und Freizeitbranche. Die Analysten rechnen mit einem anziehenden Wachstum und einer über Erwartungen liegenden Gewinnentwicklung. Die Ergebnisschätzungen je Aktie liegen bei 0,20 Pfund, 0,23 Pfund und 0,26 Pfund. Wirecard aus Aschheim bei München wird von “Underperform” auf “Neutral” hochgesetzt. Das Kursziel wird mehr als verdoppelt von 39,88 Euro auf 87,26 Euro, liegt damit nach dem jüngsten Kursanstieg allerdings schon wieder unter der aktuellen Bewertung (110,15 Euro). Die Vorwürfe gegen Wirecard hinsichtlich der Abwicklung illegaler Glücksspiele im Internet schienen sich nicht zu bestätigen, heißt es, die Risiken seien daher deutlich gesunken. Für die Analysten ist Wirecard ein Technologieführer, der für SME ein Angebot aus einer Hand bereithalte und ein starkes Standbein bei Online-Zahlungen, alternativen Zahlungsmethoden und in den Emerging Markets habe. Dazu kämen eine aktive Übernahmestrategie und die gute Umsetzung von Zukäufen. Macquarie hebt die Ebitda-Schätzungen deutlich an, und zwar für 2018 um 11 % und für 2019 um 18 %. Die Gewinnschätzungen je Aktie für 2018 und 2019 liegen bei 2,79 und 3,56 Euro. Wirecard hat vor gut zwei Wochen die Prognosen für dieses Jahr und auch den Mittelfristausblick nach oben gesetzt. Für 2018 erwartet das Unternehmen nun ein Ebitda zwischen 520 und 545 Mill. Euro, zuvor waren 510 bis 535 Mill. Euro in Aussicht gestellt worden. Für 2017 meldete Wirecard ein kräftiges Umsatzplus von 45 % auf 1,49 Mrd. Euro, die Ebitda-Marge schrumpfte leicht auf 27,7 %.Ingenico wird hingegen nur auf “Neutral” gestuft, das Kursziel wird von 74,62 auf 68,75 Euro (aktuell 70,58 Euro) reduziert. Die Analysten rechnen mit Konkurrenz im Geschäft mit SME durch neue Anbieter. Außerdem erwarten sie Probleme durch die steigende Nutzung von QR-Zahlungen in China und anderen Schwellenländern. Allerdings spiegle sich das nach dem deutlichen Kursrückgang schon im Kurs wider. Die Ebitda-Schätzungen für 2020 werden reduziert von 712 auf 653 Mill. Euro. Die Ergebnisschätzungen je Aktie von 2018 bis 2020 belaufen sich auf 4,80 Euro, 5,37 Euro und 5,94 Euro. Positive EinschätzungenDie große Mehrheit der Analysten rät bei Wirecard zum Kauf, obwohl sich der Aktienkurs in den vergangenen zwölf Monaten bereits verdoppelt hat. So empfehlen Kepler Cheuvreux, Barclays Capital, Berenberg Bank, Baader Bank, Warburg und Hauck & Aufhäuser den Einstieg, Goldman Sachs setzt die Aktie sogar auf ihre “Conviction Buy List”. Goldman hat das Kursziel für Wirecard nach den Zahlen zum Schlussquartal und angehobenen Zielen von 135 auf 140 Euro hochgesetzt. Das überlegene Wachstum aus eigener Kraft werde unterschätzt, hieß es. Berenberg hob das Kursziel für Wirecard nach den Jahreszahlen von 118 auf 121 Euro an. Das organische Wachstum zeige keine Anzeichen einer Abschwächung, der Trend werde sich fortsetzen und die starke Entwicklung der Aktie noch beschleunigen.