Zu früh für einen Abgesang

Commerzbank sieht Rolle des Dollar als Weltleitwährung trotz Isolationismus - noch - nicht in Gefahr

Zu früh für einen Abgesang

Der Status des Dollar als Weltleitwährung gerät erst dann in Gefahr, wenn die USA “die politischen Interessen der übrigen westlichen Industrienationen signifikant verletzen” würden. Ein nur wachsender US-Isolationismus würde hierfür nicht genügen, argumentiert die Commerzbank in einer Kurzstudie.sts Frankfurt – Der US-Dollar dominiert den Währungsmarkt: 64 % der Weltwährungsreserven werden in der US-Valuta gehalten, er steht für 88 % aller Umsätze am Devisenmarkt, und auch in der Handelsfinanzierung ist seine Spitzenstellung unangefochten. Im internationalen Zahlungsverkehr betrug der Dollar-Anteil im April laut Swift-Daten rund 42 %, gefolgt vom Euro mit einem Anteil von rund 31 %.Angesichts der isolationistischen Tendenzen unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump wird nun über einen Verlust der Rolle als Weltleitwährung diskutiert. Für einen Abgesang auf den Greenback ist es nach Einschätzung der Commerzbank jedoch noch zu früh. “Ja, zunehmender politischer Dissens zwischen den USA und ihren bisherigen Verbündeten kann aus geopolitischen Gründen den Status des Dollar als Weltleitwährung gefährden”, schreibt Ulrich Leuchtmann, der die Währungsanalyse bei dem Institut leitet, in einer Kurzstudie. “Allerdings wäre der Auslöser nicht ein US-Isolationismus (wie er gegenwärtig zu beobachten ist), sondern eine US-Sanktionspolitik, die politische Interessen der übrigen westlichen Industrienationen signifikant verletzen würde. Solch eine Entwicklung ist momentan nicht absehbar. Es ist zu früh, in einen Abgesang auf die Dollar-Dominanz einzustimmen.”Leuchtmann sieht die USA auf dem Weg zu einer neuen außenpolitischen Doktrin, die “deutliche Züge eines neuen US-Isolationismus” trage. Diese Entwicklung werde diejenigen auf den Plan rufen, die ein Ende der dominierenden Rolle des Dollar vorhersagen, vor allem jene, die ihre Prognose vom Ende der Dollar-Dominanz mit geopolitischen Argumenten unterfüttern. Wer als Grund für die gegenwärtige Dollar-Dominanz vor allem die geopolitische Dominanz der USA sieht, dürfte ein Ende der Währungsdominanz als unvermeidliche Folge eines aufkommenden US-Isolationismus erwarten. RestriktionspolitikAls entscheidender für die Rolle des Dollar wertet der Experte jedoch die US-Sanktionspolitik, die sich bereits unter der Obama-Administration grundlegend geändert habe. “US-Behörden nutzen die dominierende Rolle des Dollar zur Erzwingung der US-Restriktionspolitik”, schreibt Leuchtmann. “Die USA nutzen seitdem de facto den Status des Dollar zur globalen Erzwingung ihrer Sanktionspolitik.” Diese Politik habe bisher aber nicht zu nennenswerten politischen Konflikten innerhalb der G 7-Staaten geführt.”Das Zerbröckeln der transatlantischen Einigkeit lässt freilich die Gefahr erahnen, dass das nicht immer so sein muss”, warnt Leuchtmann. “Würde die US-Sanktionspolitik eines Tages den Interessen der anderen G 7-Staaten zuwiderlaufen, hätten diese (ähnlich wie heute bereits China und Russland) ein Interesse an der Ablösung des Dollar als Weltleitwährung. Und dann würden auch handfeste ökonomische Argumente dafür sprechen.”Eine aus Sicht der anderen Industrieländer unakzeptable US-Sanktionspolitik könnte die Effizienzgewinne aus der Nutzung einer Weltleitwährung verschwinden lassen und die Dollar-Dominanz gefährden. “Gerade ein US-Isolationismus würde – wenn er sich in weniger aktiver Sanktionspolitik niederschlägt – solch eine Gefahr für den Dollar-Status nicht aufkommen lassen, ja sogar minimieren.”