Zurück zum Kap der Guten Hoffnung

Machtwechsel an der Spitze Südafrikas gefällt Investoren - Kapitalabfluss gestoppt - Risiken bleiben

Zurück zum Kap der Guten Hoffnung

Der Machtwechsel an der Spitze der südafrikanischen Regierung hat die Investorenfantasie beflügelt. Der Aktienmarkt in Johannesburg hat seit November 2017 zugelegt und gemessen an der Benchmark JSE All Share Ende Januar ein Rekordhoch erreicht. Nun stellt sich die Frage, ob es weiter aufwärtsgeht.dm Frankfurt – Der südafrikanische Vermögensverwalter Allan Gray zieht Parallelen zu Brasilien: Nach Ratingherabstufungen und einem politischen Umbruch haben Anleihe- und Aktienmarkt in dem südamerikanischen Land zugelegt. Eine – wenn auch noch kurzlebige – Parallele zeigt sich derzeit in Südafrika: Seit einem Umbau der Regierung hat die südafrikanische Währung, der Rand, gegenüber Dollar und Euro deutlich aufgewertet, und die Renditen südafrikanischer Staatsanleihen sind gesunken. Auch der Aktienmarkt zog an – nachdem er 2016 und 2017 noch erhebliche Mittelabflüsse von ausländischen Investoren verzeichnet hatte. Im Januar haben auf Nettobasis ausländische Investoren erstmals wieder mehr südafrikanische Staatsanleihen und Aktien gekauft als verkauft – was bereits als “Ramaphosa-Hausse” bezeichnet wird.Cyril Ramaphosa, der designierte neue Präsident von Südafrika und Vorsitzende der Regierungspartei ANC, stößt in der Wirtschaft und unter Investoren bisher auf Zustimmung. Mit ein Grund dafür ist die Entlassung einiger als wenig wirtschaftsfreundlich oder unfähig geltender Minister, die Ramaphosas Vorgänger Jacob Zuma eingesetzt hatte. Zuma selbst, der im Februar zurückgetreten ist, steht unter Korruptionsverdacht. Auch kündigte Ramaphosa die Überprüfung von Gesetzen an, die Investitionen im Minensektor hätten behindern können. So sieht ein Gesetzesentwurf vor, dass sich mindestens 30 % eines Minenunternehmens im Besitz von Schwarzen befinden müssen. Die wachsende Zuversicht schlägt sich auch im Geschäftsvertrauen nieder, das gemessen am RMB/BER-Index im ersten Vierteljahr auf den höchsten Stand seit Anfang 2015 gestiegen ist. Noch schwaches WachstumDie Wirtschaft hat sich am Kap der Guten Hoffnung in den vergangenen zwei Jahren sehr schwach entwickelt. Die DZ Bank erwartet für das laufende Jahr nur ein Plus von 1,5 % für das Bruttoinlandsprodukt. Immerhin haben sich einige Rahmenbedingungen wie die Inflationsentwicklung etwas verbessert. “Angesichts der deutlich verbesserten geldpolitischen Rahmenbedingungen verfügt die Zentralbank über den Spielraum, den Leitzins im Zuge der Sitzung Ende März um weitere 25 Basispunkte zu reduzieren”, meint das Institut.Nach den starken Reaktionen am Devisen- und Finanzmarkt ist nun die Frage, ob es weiter aufwärtsgeht oder ob die Hoffnungen überzogen sind. Wegen seines Leistungsbilanzdefizits ist Südafrika auf ausländische Gelder angewiesen. Skeptiker warnen, dass Ramaphosa, der erst in der Parlamentswahl 2019 zum Präsidenten gekürt werden dürfte, womöglich zu wenig Rückhalt hat, um Reformen durchzusetzen. Ohne Schmerzen wird dies nicht gelingen, denn die Ratingagenturen Fitch und S & P Global Ratings stufen die Kreditwürdigkeit des Landes derzeit mit Ramsch ein. Mit Sorgen betrachtet werden die steigenden Schulden der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft Eskom Holdings sowie die Möglichkeit, Land ohne Entschädigung zu enteignen.Trotz solcher Bedenken lohnt sich ein Blick auf den südafrikanischen Markt. Er bietet eine Kombination aus stark regional geprägten Unternehmen und Weltkonzernen. In den Jahren 2014 bis 2016 hatten gemäß dem Vermögensverwalter Allan Gray die lokalen Titel ihre hohe Bewertung abgebaut, während internationale Konzerne eine sehr gute Kursentwicklung gezeigt hatten. Zu Letzteren gehört etwa die Beteiligungsholding Naspers. Naspers ist am chinesischen Internetprovider Tencent beteiligt sowie an Food Delivery oder an der russischen E-Commerce-Plattform Avito.ru. Die gut 100 Mrd. Euro schwere Holding macht im JSE All Share Index laut Reuters gut ein Zehntel des Gewichts aus und ermöglicht eine geografisch gut diversifizierte Anlage in strukturellen Wachstumsmärkten wie Online-Handel und Online-Unterhaltung. Entsprechend hoch ist die Bewertung gemessen am für die nächsten zwölf Monate erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV, vgl. Tabelle).Zu weiteren Schwergewichten im JSE All Share zählen die Minenkonzerne Anglo American, Glencore und BHP Billiton sowie British American Tobacco (BAT) oder die Schweizer Luxusgüterholding Compagnie Financiùre Richemont. In der Übersicht der schwersten Unternehmen (s. Tabelle) fehlen diese Werte, da sie einen hohen Umsatz- und Ergebnisanteil außerhalb Südafrikas erwirtschaften und ihren Unternehmenssitz im Ausland haben. Gerade die Minenwerte zählen derzeit zu den günstigsten Titeln im Aktienuniversum und werden von Value-Investoren bevorzugt. Zudem zeigt die Erfahrung, dass sich Goldminenaktien zu einer Wette auf den Goldpreis eignen.Stärker im südafrikanischen Markt verwurzelt sind die Bankengruppen First Rand und Standard Bank, die Mobilfunkgesellschaft Vodacom Group, das Öl- und Chemieunternehmen Sasol und die Mobilfunkholding MTN Group oder Einzelhandelswerte wie Shoprite. Bankwerte für OptimistenDer Vermögensverwalter Allan Gray setzt in seinem Szenario “mittlerer” Zuversicht – wie er es nennt – auf Aktien von Unternehmen, die sowohl im Heimat- wie im internationalen Markt vertreten sind. Dazu zählen unter anderem die Aktien der auf verschiedene industrielle Zweige ausgerichteten Beteiligungsgesellschaft Remgro sowie die Verpackungsgesellschaft Nampak und Rand Merchant Investment Holdings (RMI) oder der Chemie- und Energiekonzern Sasol, der Zellstoffhersteller Sappi oder das Transportlogistikunternehmen Super Group. In einem optimistischeren Szenario rät Allan Gray zu Bank- und Konsumwerten sowie Bautiteln (ein Branchenvertreter ist etwa Stefanutti) und südafrikanischen Staats- und Unternehmensanleihen. Währungsseitig ist die Großbank Unicredit zuversichtlich: Sie erwartet eine weitere Aufwertung des Rand gegenüber dem Dollar auf 11,50 bis Ende 2018. Derzeit müssen 11,84 Rand für einen Dollar bezahlt werden.