Zweifel an der Bank of Japan

Aktienmarkt im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich - Anlegern fehlt klares Investmentthema

Zweifel an der Bank of Japan

Japanische Dividendentitel gebenden Anlegern derzeit wenig Grund zur Freude. Denn mit Gewinnen des Nikkei und des Topix seit Jahresbeginn von 12,2 % und 8,1 % schneidet der Aktienmarkt im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ab.Von Martin Fritz, TokioAuch im neuen Jahr hat der japanische Aktienmarkt die Anleger bisher nicht überzeugen können. 2018 verzeichnete der Nikkei 225 mit einem Minus von 12,2 % das schlechteste Jahr seit 2011. Aber die folgende Erholung fiel teilweise schwächer als in Europa und den USA aus. Seit Jahresanfang legte der Nikkei nur um 10,4 % und der breit gefasste Topix um 8,1 % zu, deutlich weniger als Dax, Dow Jones oder S&P 500. Bis zum Rekordhoch von Ende September müsste der Nikkei um mehr als 9 % zulegen. Ausländer NettoverkäuferDas schwache Abschneiden wurzelt in der anhaltenden Zurückhaltung ausländischer Investoren, die bis zu 70 % des Tokioter Handels ausmachen. In jedem Monat seit dem vergangenen August waren die Ausländer Nettoverkäufer. Viele zögern mit neuen Engagements, weil Japan-Aktien aktuell kein klares Investmentthema mehr haben. Die Kursgewinne seit 2013 beruhten darauf, dass die Notenbank durch ihre extreme Geldpolitik den Yen schwächte und die Gewinne des japanischen Exportsektors nach oben trieb. Aber das Stichwort Abenomics lockt nicht mehr. Vielmehr hat das Risiko von Rückschlägen zugenommen: Der Zinsabstand zu den USA droht zu schrumpfen, und der Yen neigt bei Nervosität am Finanzmarkt zur rasanten Aufwertung, wie sich im Dezember beim Einbruch der Aktienmärkte zeigte. Zwar bleiben Japans Unternehmen für Anleger attraktiv: Die Eigenkapitalrendite ist laut Nomura von 0 % (2008) auf 10,5 % gewachsen (USA: 15,9 %; Europa: 12,7 %) und die Nettomarge auf 6 % (USA: 8 %; Europa: 7,3 %). Zugleich vervierfachten sich die Ausschüttungen durch Dividenden und Aktienrückkäufe seit dem Jahr 2000 auf 160 Mrd. Euro jährlich. Rückläufige GewinneAber der langjährige Aufwärtstrend bei den Gewinnen steht auf der Kippe. Für das alte Geschäftsjahr (zum 31. März) wird inzwischen ein Minus von 3 % zum Vorjahr erwartet. Erst in der zweiten Hälfte des neuen Geschäftsjahres sollen die Erträge wieder steigen. Dieser Konsens beruht jedoch darauf, dass der Handelsstreit zwischen China und den USA abnimmt und Chinas Konjunkturmotor anspringt. Außerdem werden viele Anleger von Zweifeln über die Rolle der Notenbank am Aktienmarkt geplagt. Seit Juli 2016 erwirbt die Bank of Japan (BoJ) jedes Jahr Aktienindexfonds für 6 Bill. Yen (48 Mrd. Euro). Ende März hielt die BoJ 4,7 % der Topix-Werte und wurde damit nach dem Pensionsfonds GPIF mit 6 % der größte Besitzer japanischer Aktien. Dieser japanische Sonderweg ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits können Investoren darauf vertrauen, dass die BoJ-Käufe die Aktienkurse stützen. Andererseits müssen sie befürchten, dass es zu einem Kurseinbruch kommt, sobald sich die BoJ als Käufer zurückzieht. Umsatzsteuer vor ErhöhungDazu kommt eine generelle Unsicherheit über die geldpolitische Ausrichtung in Japan. Zeitweise mehrten sich kritische Stimmen in der Regierung, ob das Inflationsziel von 2 % nicht zu hoch und zu starr sei, doch Gouverneur Haruhiko Kuroda gab nicht nach. Zugleich versuchte der BoJ-Chef die Erwartungen einiger Anleger hinsichtlich einer weiteren Öffnung der Geldschleusen zu dämpfen. Es gebe Spielraum für eine Zinssenkung, aber dies sei derzeit nicht notwendig, sagte Kuroda zuletzt. Die BoJ steht Gewehr bei Fuß, weil die Umsatzsteuer im Oktober erhöht wird. Dadurch droht ein Konsumeinbruch wie bei der Steueranhebung im April 2014. Anders als damals hat die Regierung aber diesmal ein Konjunkturpaket geschnürt. Vor der Oberhauswahl im Juli will Premier Shinzo Abe die Wähler nicht verstimmen.Nach Ansicht einiger Japan-Analysten sind viele Risiken inzwischen eingepreist. Das Kurs-Buch-Verhältnis ist laut dem Japanfonds-Strategen Joël Le Saux von SYZ Asset Management um 15 % auf ein Sechsjahrestief von 1,1 gesunken. Die Société Générale erwartet eine Rückkehr der Ausländer ins Börsenviertel Kabutocho, sobald das vorlaufende Kurs-Gewinn-Verhältnis auf 12 sinke. Als Schwerpunkte empfiehlt die französische Bank Unternehmen, die vom wachsenden Tourismus und vom stabilen Binnenmarkt profitieren.Die Capital Group sieht besonders bei kleinen und mittleren Werten mit einem Börsenwert zwischen 1 Mrd. und 3 Mrd. Dollar Chancen. Die Mitglieder des Topix Small Cap würden im Schnitt nur von zwei Analysten beobachtet. Eine ähnliche Empfehlung kommt von Norman Villamin, Chefstratege der Union Bancaire Privée. Der Megatrend, dass immer mehr Japanerinnen arbeiten gingen, treibe die Geschäfte von Arbeitsvermittlern, Geräteherstellern, Restaurants und Service-Anbietern. Dabei handele es sich oft um Small und Mid Caps.