IM GESPRÄCH: KONRAD HAUNIT, DEUTSCHE BANK

Zwischen Plattform und Intervention

Gerade im Handel mit Schwellenländer-Devisen gibt es immer wieder spontane Eingriffe der Aufseher

Zwischen Plattform und Intervention

Während der Handel in Hauptwährungspaaren wie Euro/Dollar immer automatisierter läuft, müssen sich die Akteure insbesondere in Schwellenländern mit spontanen Eingriffen der dortigen Aufseher beschäftigen. Wie er mit dieser “Window Guidance” umgeht und was sie für seine Kunden bedeutet, erläutert Konrad Haunit im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Bei der Deutschen Bank betreut er Kunden des Bereichs Corporate und Investment Banking in Deutschland, Österreich und der Schweiz beim Risikomanagement von Währungen.Von Stefan Schaaf, FrankfurtKonrad Haunit betreibt ein globales Geschäft. Bei der Deutschen Bank betreut er von Frankfurt aus Kunden des Bereichs Corporate und Investment Banking in Deutschland, Österreich und der Schweiz beim Risikomanagement von Währungen. Und hierbei sieht er sich zwei großen Trends ausgesetzt: Zum einen gibt es immer mehr globale Standards, und die Automatisierung ist weit fortgeschritten, insbesondere in Hauptwährungspaaren wie Euro/Dollar. Doch zugleich hat er insbesondere beim Geschäft mit Schwellenländerwährungen immer häufiger mit spontanen Eingriffen von Aufsehern zu tun – oder benötigt einfach Geduld. Während nämlich auf Plattformen im Bereich von Tausendstelsekunden gehandelt wird, kann die Freigabe einer Devisentransaktion – per Fax – auch einmal sechs Monate dauern. “Window Guidance””Die Zahl der Anekdoten zu Eingriffen wird größer, die Aufseher versuchen immer häufiger, mit unkonventionellen Maßnahmen den Markt zu kontrollieren”, berichtet Haunit im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ein Beispiel sei die sogenannte “Window Guidance”. Das sind Vorgaben der Aufsicht, ohne dass es hierzu eines regulatorischen oder aufsichtlichen Dokuments bedürfte. “Die Notenbank ruft an und sagt den Marktteilnehmern, welches Verhalten sie gern sehen würde.” Allerdings könne die Kontrolle des Marktes auch einen ernsten Hintergrund haben, “wenn beispielsweise ein Marktteilnehmer große Positionen aufbaut”. Besonders Hedgefonds gingen in der Vergangenheit Positionen auf fallende Währungen, sogenannte Short-Positionen, in Ländern mit fundamentalen Problemen ein. Eindrücklich in Erinnerung geblieben ist Haunit das Vorgehen der Notenbank aus Malaysia, einem Land mit eher dünnen Devisenreserven. Weil aber das Land ein nicht unwichtiger Emittent von Schwellenländer-Bonds ist, gehört es verschiedenen Anleiheindizes an, was wiederum indexorientierte Renteninvestoren quasi zwingt, Bonds aus Malaysia zu halten. Um das damit verbundene Währungsrisiko abzusichern, nutzten sie Haunit zufolge lange Zeit spezielle Devisentermingeschäfte, sogenannte Non-Deliverable Forwards (NDFs). Institute wie die Deutsche Bank bieten diese synthetischen Termingeschäfte an und handeln die NDFs auch, ohne dass damit Transaktionen innerhalb Malaysias verbunden sind. Offshore-Handel untersagtBis eines Tages die klare Ansage aus Malaysia kam, dies zu beenden. Die Notenbank in Kuala Lumpur, die Bank Negara Malaysia, begleitete dieses Vorgehen mit einer Pressemitteilung. Darin betont sie, jeglicher Offshore-Handel mit Ringgit inklusive NDFs werde von ihr nicht anerkannt, und in Malaysia lizenzierte Banken müssten diese Regeln einhalten. Für “reale Transaktionen” stelle man selbst Liquidität bereit. Haunit zufolge liegt in solchen Regeln ein Risiko für Unternehmen, die unwissentlich auf einer Plattform außerhalb Malaysias Euro gegen Ringgit handeln – und damit gegen die Vorgaben des Regulators handeln. Außerdem seien solche Maßnahmen “ein Hinweis für Kunden, sich den Markt näher anzusehen, denn die Notenbank denkt sich sicherlich etwas bei solch einem Schritt.”Ein Problem, das Haunit zufolge nicht nur in der malaysischen Währung auftritt. Denn viele Investoren und Unternehmen haben Absicherungsbedarf in Währungen von Ländern mit mehr oder minder reguliertem Kapitalmarkt. “Ändert der Regulierer die Sicherungsvorgaben für das jeweilige Land, muss der Kunde sein Vorgehen diesbezüglich anpassen”, so Haunit. “Sicherungen, die bislang im Offshore-Markt durchgeführt wurden, müssen nun im lokalen Onshore-Markt getätigt werden – hier können die Kunden mit ihrem Bankpartner eruieren, inwieweit diese Onshore-Sicherungen auch vom Headquarter durchgeführt werden können.”In stark reglementierten Märkten gibt es dann schon einmal Geschäfte, deren Genehmigung sechs Monate dauert – bis die Genehmigung per Fax eintrifft. Für Haunit und sein 14-köpfiges Team in Frankfurt, das vom Massengeschäft in Euro/Dollar bis zur Individualberatung alles anbietet, ist dieser Trend eine Herausforderung. Denn zugleich schreitet im Währungshandel die Automatisierung weiter voran. “Wir denken dann oft in den Kategorien der Zentrale, die Trades über hunderte von Millionen Euro in Sekunden auf Knopfdruck abwickelt.” Absicherungskosten gestiegenDoch nicht nur die “Window Guidance” beschäftigt Haunits Team. “Schwellenländer-Währungen sind ein dominantes Thema für unsere Kunden”, berichtet er. “Jedes Land hat idiosynkratische Themen, sei es politische Unsicherheit, Verschuldung oder einfach nur ein steigender Dollar”, sagt Haunit. Weil der Dollar-Zinszyklus gedreht habe, seien die Absicherungskosten “massiv gestiegen”. Allerdings haben nach seiner Beobachtung viele Schwellenländer während der zu Ende gehenden zehnjährigen Phase der geldpolitischen Lockerung ihre Lektionen gelernt. “Sie lassen ihre Währungen früher abwerten und stabilisieren damit die Märkte. Sie lassen damit ein Ventil offen.”Steigende Dollar-Zinsen haben seinen Worten zufolge auch Konsequenzen für die Absicherung: “Ein Dax-Konzern sichert sich in Euro/Dollar für zweieinhalb Jahre ab. Bei einer aktuellen Zinsdifferenz von rund 3 % im Einjahresbereich sind das 8 %”, erläutert der Experte. Diese Veränderung sei, so berichtet er, ein großes Thema in Kundengesprächen. “Man muss überlegen, ob Sicherungskosten ein nachhaltiger Indikator für Risikomanagement-Entscheidungen sind.”Das unsicher werdende regulatorische Umfeld habe auch Auswirkungen auf Übernahmen und Zusammenschlüsse (M & A). Beim Start einer M & A-Transaktion sei es zunehmend unsicherer, welche Regeln beim Abschluss, dem Closing, herrschten. Die Deutsche Bank hat darauf Haunit zufolge mit einem neuen Produkt reagiert und versucht damit gleichzeitig dem immer margenschwächeren Massengeschäft etwas entgegenzusetzen. Die Deal-Contingent-Sicherung ist eine Versicherung für den Fall, dass der Deal platzt. Das Derivat hängt quasi am Closing. “Eine herkömmliche Sicherung z. B. mittels Devisentermingeschäft ist natürlich für beide Kontrahenten d. h. den Kunden sowie die Bank absolut verbindlich”, erläutert Haunit. Im Falle einer M & A-Transaktion, bei der die Währungen der Finanzierung und des Kaufpreises nicht identisch sind, sei dieses verbindliche Sicherungsgeschäft aber suboptimal, weil neben möglichen Kartellrisiken auch regulatorische Risiken für ein erfolgreiches Closing der Transaktion bestünden. Denn in diesem Falle verbliebe das Sicherungsgeschäft in den Büchern des Kunden, ohne dass er es benötigt. “Um dies zu verhindern, gibt es sogenannte Deal-Contingent-Sicherungen, die nur bei Closing der M & A-Transaktion bestehen”, so Haunit. Werde die Transaktion nicht geschlossen, verfalle das Sicherungsgeschäft. “Die Kosten für diese Quasiversicherung sind in dem Kurs des Instruments eingerechnet und liegen, natürlich in Abhängigkeit von der jeweiligen Transaktion, bei deutlich weniger als der Hälfte der vergleichbaren Vanilla-Option.” Weil diese Geschäfte maßgeschneidert und nur von wenigen Häusern darstellbar seien, könnten sie auch nicht über die gängigen Multi-Bank-Plattformen handelbar sein.