Ausgleich der kalten Progression wird teurer
wf Berlin
Der Ausgleich der kalten Progression in der Einkommensteuer erfordert mehr Mittel als erwartet. In diesem Jahr sind rund 20,4 Mrd. Euro erforderlich, im nächsten Jahr 21,0 Mrd. Euro. Das Bundesfinanzministerium legt bei der Berechnung Inflationsraten von 7,2% für 2022 und 6,3% für 2023 zugrunde. Dies geht aus dem Progressionsbericht von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hervor. Der Bericht liegt der Börsen-Zeitung vorab vor. Er soll in der kommenden Woche im Kabinett beraten werden.
Den Bericht legt die Bundesregierung turnusgemäß alle zwei Jahre vor. Lindner hatte wiederholt sein Ziel deutlich gemacht, die kalte Progression auf der Basis dieses Berichts vollständig auszugleichen. Der FDP-Vorsitzende stützt sich dabei auf die Übereinkunft in der Koalition, das Inflationsausgleichsgesetz anzupassen. Im Gesetzentwurf war die Bundesregierung noch von geringeren Inflationsraten von 5,8% für dieses Jahr und nur 2,5% für nächstes Jahr ausgegangen. Vor allem für 2023 liegen die Inflationserwartungen nun deutlich höher als in der Frühjahrsprojektion der Regierung, auf der der Gesetzentwurf fußt. Der Entwurf wird derzeit im Parlament beraten. Nach den bisherigen Berechnungen im Gesetzentwurf würde der Umfang der Beseitigung der sogenannten heimlichen Steuererhöhung 2023 bei 12,2 Mrd. Euro liegen. Für die Folgejahre ist bislang eine Kompensation der Steuerzahler von 18,0 Mrd. Euro (2024), 19,1 Mrd. Euro (2025), 19,7 Mrd. Euro (2026) und 20,1 Mrd. Euro. (2027) vorgesehen. Änderungen mit einer Anpassung an den neuen Progressionsbericht müssten im parlamentarischen Verfahren vorgenommen werden. Bei der kalten Progression handelt es sich um Steuermehreinnahmen für den Staat, die durch Lohnsteigerungen zum Inflationsausgleich entstehen. Die Steuerpflichtigen rutschen in eine höhere Progressionsstufe, ohne mehr Kaufkraft zu haben.
Neuer Tarifverlauf
Auf individueller Ebene sind dem Bericht zufolge 35,5 Millionen Steuerpflichtige in diesem Jahr mit 659 Euro betroffen, im nächsten Jahr mit 606 Euro. Der Ausgleich der heimlichen Steuererhöhung könne „nur durch eine Rechtsverschiebung des Grundfreibetrags und aller weiteren Tarifeckwerte im Umfang der maßgeblichen Preissteigerung“ erreicht werden, heißt es. Effekte aus anderen Steueranlastungen sind laut Bericht in der Berechnung bereits bereinigt. Nach derzeitigem Rechtsstand geht das Ministerium für 2022 von rund 3,0 Mrd. Euro aus, für 2023 von rund 500 Mill. Euro. Im Etat 2023 hatte Lindner 10 Mrd. Euro zum Ausgleich der kalten Progression eingeplant. Laut Bericht fallen beim Bund 9,5 Mrd. Euro an, bei den Ländern 8,9 Mrd. Euro und den Gemeinden 3,1 Mrd. Euro.