Wahlwiederholung

Berliner müssen wieder an die Urnen

Das Gericht hat hart entschieden. Die Wahl zum Abgeordnetenhaus und in den Bezirken von 2021 muss vollständig wiederholt werden. Der Bundestag hatte sich nur zu der kleinen Variante durchgerungen.

Berliner müssen wieder an die Urnen

wf Berlin

Das Bundesland Berlin muss die Landtags- und Kommunalwahl 2021 komplett wiederholen. Dies hat der Berliner Landesverfassungsgerichtshof entschieden. Gewählt werden soll am 12. Februar im kommenden Jahr. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kündigte für diesen Donnerstag eine Regierungserklärung an. Mit seiner Entscheidung hatte das Gericht die Wahlen zum Abgeordnetenhaus – also dem Landtag – und den Bezirksverordnetenversammlungen – also der kommunalen Ebene – für ungültig erklärt. „Diese Wahlen müssen daher in ganz Berlin wiederholt werden“, sagte Giffey vor der Presse in Berlin. „Wir respektieren die Entscheidung des Landesverfassungsgerichtshofs.“ Der Senat werde keine Beschwerde einlegen.

Pannen in vielen Wahllokalen

Der Ablauf der Wahl im Herbst 2021 war von Pannen überschattet. Neu gewählt wurden nicht nur das Abgeordnetenhaus und die Bezirksversammlungen, auch die Bundestagswahl fand am gleichen Tag statt. Zudem konnten die Berliner über den Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ abstimmen. Damit mussten die Wahllokale mit besonders vielen Stimmzetteln versorgt werden. Wegen der Menge gab es bereits am Vortag Transportprobleme. Am Wahltag blieben die Transporter im Verkehr stecken. Berlin richtete am Wahlsonntag den weltbekannten Marathon quer durch die Stadt aus, bei dem viele Straßen – vor allem Verkehrsachsen – bis in den Nachmittag gesperrt blieben. Wahllokale mussten wegen fehlender Stimmzettel zeitweise schließen. So wurde in verschiedenen Wahllokalen noch nach dem offiziellen Schluss um 18 Uhr abgestimmt. Wahlunterlagen wurden zwischen Bezirken vertauscht.

Ungewiss war vor der Entscheidung, ob der Landesverfassungsgerichtshof eine komplette Wiederholungswahl verlangen oder diese auf Wahllokale und Bezirke mit Pannen beschränken würde. Der Bundestag hatte mit den Stimmen der Ampel zuvor entschieden, die Bundestagswahl nur in 431 betroffenen Wahlbezirken wiederholen zu lassen. Diese sind 19% der Urnenwahlbezirke und 17% der Briefwahlbezirke. In Pankow waren jedoch fast 82% der 215 Wahlbezirke betroffen, in Spandau nur drei von 158 Bezirken.

Während die beiden Wahlen in Berlin innerhalb von 90 Tagen nach der Gerichtsentscheidung abgehalten werden müssen, kann die Entscheidung des Bundestags innerhalb von zweieinhalb Monaten beim Bundesverfassungsgericht angefochten werden. Union und AfD hatten auf eine komplette Neuwahl in Berlin gedrungen. Die Dauer eines möglichen Verfahrens in Karlsruhe ist offen. Dies könnte 2024 werden.

Nicht wiederholt wird der Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsgesellschaften, der mit 59,1% Zustimmung gefunden hatte. Gegen den Volksentscheid war kein Einspruch erhoben worden; damit kam er wirksam zustande. Für den Berliner Senat ist die Willensbekundung rechtlich nicht bindend.

Wiederholt werden muss die Wahl mit denselben Kandidaten von 2021, auch wenn sich das Personalkarussell in den Parteien längst gedreht hat. Derzeit regiert Rot-Grün-Rot mit der SPD an der Spitze. Eine neue Insa-Umfrage sieht nun in Berlin die CDU mit 21% knapp vorn, gefolgt von SPD und Grünen mit je 20%. Die Linke würde 12% bekommen, die AfD 10% und die FDP 7%.

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