Entgeltfreier Handel

Börse Stuttgart geht Gleichung mit Unbekannten an

Ob sich der Vorstoß der Börse Stuttgart in den nahezu entgeltfreien Handel mit verbrieften Derivaten auszahlt, ist keineswegs ausgemacht. Es hängt von der Resonanz der Marktteilnehmer ab.

Börse Stuttgart geht Gleichung mit Unbekannten an

Pünktlich zum Jahresschluss hat die Börse Stuttgart gleich mit zwei Schwabenstreichen aufgewartet. Und zwar in Form neuer Gebührenmodelle, die beide den nahezu entgeltfreien Börsenhandel für Endkunden versprechen. Die eine Variante unter dem Namen Trade Rebel wirkt noch etwas unausgegoren. Vor allem deshalb, weil die Börse Stuttgart weiterhin geheim hält, welchen Orderflow-Provider sie als Pilotpartner gefunden hat. Eher achselzuckend zur Kenntnis genommen wurde die Ankündigung aber auch deshalb, weil sich die Entgeltfreiheit auf den Aktienhandel bezieht. In diesem Segment ist die Börse Stuttgart bekanntermaßen umsatzschwach. Anders sieht es aus mit dem, was sie nun unter dem neuen Label Easy Euwax plant. Diesmal geht es um die Paradedisziplin der Schwaben, den Handel mit verbrieften Derivaten, der ebenfalls frei vom börslichen Transaktionsentgelt gestellt werden soll.

Doch wie schon Trade Rebel präsentiert sich auch dieses Vorhaben als Gleichung mit mehreren Unbekannten. So muss sich etwa erst weisen, wie sich die Orderströme, aber eben auch die Emittenten und Orderflow-Provider verhalten. Mal sehen, wie sich die beteiligten Pioniere schlagen werden. Immerhin handelt es sich dabei mit der Comdirect und Morgan Stanley um veritable Player in ihren jeweiligen Disziplinen. Entscheidend wird nun sein, ob es gelingt, genügend zusätzlichen Orderflow für die beiden Initiativen ins Ländle abzuzweigen. Für Easy Euwax und den Handel mit strukturierten Wertpapieren, in dem Stuttgart eine starke Position innehat, dürfte es zwar leichter sein, einen Marktstandard zu setzen als bei anderen Assetklassen. Offen ist allerdings auch, ob weitere Emittenten und Orderflow-Provider tatsächlich ein Interesse daran haben, die börslichen und außerbörslichen Konditionen einzuebnen. Man darf also gespannt sein, wie gut das von der Börse Stuttgart gewünschte Level Playing Field bei den Akteuren ankommt.

Wie so oft bei Initiativen der Börsenbetreiber ist der Knackpunkt die Frage, inwieweit eine ausreichende Anzahl an Marktteilnehmern einen Mehrwert im neuen Modell erkennen kann. Erst dann zeigt sich, ob die Modelle skalierbar sind und alle Akteure auch auf ihre Kosten kommen. Dass der nahezu entgeltfreie Handel für die Endkunden möglich ist, haben ja schon andere mit Hilfe von Neobrokern vorgemacht. Damit ist die Idee des „Zero Fee“ im Markt und, wie viele Beobachter meinen, gekommen, um zu bleiben. Ob nun die Schwabenstreiche auf Dauer und damit auch in langen, umsatzschwachen Börsenzeiten für alle beteiligten Player dafür geschaffen sind, um zu reüssieren, muss die Zukunft zeigen.

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