Volkswagen

Der Glanz fehlt

Der Wandel von Volkswagen von einem Fahrzeughersteller zum softwareorientierten Mobilitätsdienstleister ist schon in vollem Gang. Glanz verbreitet der VW-Konzern aber trotz Rekordgewinns nicht.

Der Glanz fehlt

Die neue Konzernstrategie, die den Weg bis 2030 vorgibt, ist seit gut zwei Wochen bekannt. Der Wandel von Volkswagen von einem Fahrzeughersteller zum softwareorientierten Mobilitätsdienstleister indes ist schon in vollem Gang. Die Übernahme der französischen Mietwagengesellschaft Europcar, die Europas größter Autohersteller jetzt gemeinsam mit Konsortialpartnern vereinbart hat, ist ein weiterer Schritt in der angestrebten Transformation, mit der sich die Wolfsburger auch auf Veränderungen in der Nutzung von Fahrzeugen einstellen.

Damit das Geschäft mit neuen Mobilitätsdienstleistungen wie Abo-Modellen, Mitfahrdiensten und Carsharing, dem in den kommenden Jahren schnelles Wachstum zugeschrieben wird, nachhaltig profitabel betrieben werden kann, sind Synergien gefragt – und Geschwindigkeit. Auch um das Ziel, ein führender Anbieter individueller Mobilität zu werden, schneller zu erreichen, ist Europcar mit 3500 Leihstationen in 140 Ländern und dem Flottenmanagement für Volkswagen wieder interessant geworden. Vor 15 Jahren hatte der Konzern Europcar an einen Finanzinvestor verkauft, weil das Unternehmen, das nun einschließlich Schulden und Pensionsverpflichtungen mit fast 3 Mrd. Euro bewertet wird, nicht zum Kerngeschäft passte.

Finanziell tragen kann Volkswagen den Erwerb der Mietwagenfirma, die zu einer Mobilitätsplattform weiterentwickelt werden soll, leicht. Mit dem besten operativen Ergebnis in einem ersten Halbjahr, das von gestiegenen Auslieferungen der margenstarken Premiummarken so­wie von einem mehr als verdoppelten Gewinn der Finanzdienstleistungssparte profitierte sowie deutlichen Steigerungen bei Netto-Cash-flow und Nettoliquidität im Autobereich, hat der Konzern seinen Anspruch untermauert, den kostspieligen Wandel in den kommenden Jahren aus eigener Kraft zu stemmen.

Allerdings kam das deutlich verbesserte Ergebnis auch zu­stande, weil sich die margen­orientierte Steuerung im Konzern infolge des Chipmangels in der Autobranche vor allem auf die ertragsstarken Produkte ausrichtete und Lagerhaltung genutzt wurde. Die Engpässe in der Versorgung mit Halbleiterkomponenten sorgen weiterhin für Verunsicherung. Fragen wirft aber gerade der wichtigste Einzelmarkt China auf, in dem die führende Volumenmarke VW zuletzt Marktanteile verlor. Der anteilige operative Gewinn des Joint Ventures SAIC-VW schwächelt, die Elektrostrategie zündet noch nicht. Glanz verbreitet der VW-Konzern trotz Rekordgewinns nicht.

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