DJ-Aktivitäten von Solomon schlagen Wellen
Von Alex Wehnert, New York
Vorstandschef einer führenden Investmentbank bei Tag, Discjockey bei Nacht: Das ungewöhnliche Doppelleben von Goldman-Sachs-CEO David Solomon schlägt an der Wall Street derzeit Wellen. Denn Rechtsexperten und ehemalige Kollegen befürchten laut Berichten der „New York Times“ , dass durch die Freizeitaktivitäten des 61-Jährigen Interessenkonflikte entstehen könnten.
Insbesondere ein Solomon-Remix des Whitney-Houston-Klassikers „I Wanna Dance with Somebody (Who Loves Me)“ erhitzt nun die Gemüter. Die Version des Goldman-Chefs ist seit vergangenem Sommer auf Streaming-Plattformen verfügbar, auf Spotify wurde sie seither fast 3,2 Millionen Mal abgerufen. Zur Popularität trug wohl bei, dass kurz vor Weihnachten eine mit dem Song gleichnamige Whitney-Houston-Biografie in die Kinos kam. Im Raum steht nun der Vorwurf, Solomon habe seine Geschäftskontakte in unzulässiger Weise genutzt, um die Freigabe für seinen Remix zu erhalten und damit seine DJ-Karriere voranzutreiben.
Tatsächlich zählt die Musikfirma Primary Wave, die Beteiligungen am Werk Houstons hält, zu den Kunden von Goldman Sachs. Der CEO des Publishers, Lawrence Mestel, überzeugte Nachlassverwalterin Pat Houston, Solomon die Erlaubnis zur Nutzung des Liedes zu erteilen – so stellt es die Schwester der 2012 verstorbenen Sängerin dar. Mestel tauchte bereits 2019 in einer von Goldman publizierten Liste der „100 faszinierendsten Unternehmer“ auf. Auch Sony Music, Eigentümerin der Originalaufnahme des Hits, erteilte Solomon ihre Freigabe. Dass ein anderer Amateur-DJ derart leicht zur Verwendung eines Welthits komme, ist laut Musikindustrie-Experten nur äußerst schwer vorstellbar.
Schwache Performance
Zugleich werfen Kritiker die Frage auf, ob Solomons DJ-Aktivitäten den CEO von seiner Arbeit ablenken. Goldman macht schwierige Zeiten durch, mit ihren Ergebnissen zum Schlussquartal 2022 enttäuschte sie die ohnehin schon niedrigen Markterwartungen noch herb. So brach der Gewinn von Goldman zwischen Oktober und Dezember um 66% ein. Angesichts des unsicheren Konjunkturumfeldes kündigte die Bank zudem die Entlassung von 3 200 Mitarbeitern an. Auch Solomon musste hinnehmen, dass seine Vergütungen für 2022 gegenüber dem Vorjahr um 29% auf 25 Mill. Dollar gekürzt wurden.
Nach eigenen Angaben verzichtet der CEO darauf, sein Einkommen über seine DJ-Auftritte aufzuhübschen: Die Bezahlung spende er für wohltätige Zwecke. Sein Hobby habe nichts mit Goldman Sachs zu tun. Ein Sprecher der Bank teilte auf Anfrage der Börsen-Zeitung zudem mit, im Zusammenhang mit den Freizeitaktivitäten des CEOs bestünden keine Interessenskonflikte.
Allerdings haben Mitarbeiter des Geldhauses Solomon laut Insidern bei mehreren Gelegenheiten geholfen, seinen DJ-Terminplan zu verwalten. Zudem sorgten seine Auftritte in der Vergangenheit für negative Publicity. So stand Solomon im Juli 2020 mit dem Duo „The Chainsmokers“ auf der Bühne – der Bundesstaat New York ging anschließend wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen gegen die Veranstalter vor.
Dass Solomon sein Hobby aufgibt, gilt trotzdem als unwahrscheinlich. Im Jahr 2018 startete der Goldman-Chef sein eigenes Label „Payback Records“ – informell soll er sich zudem einen Manager leisten, der für seine Musikkarriere zuständig sei.