Europäischer Rat

EU-Staats- und Regierungs­chefs schnüren ein Gaspaket

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich auf mehrere gemeinsame Maßnahmen gegen die hohen Gaspreise verständigt, darunter auch auf einen „dynamischen Preiskorridor“, der extreme Ausschläge verhindern soll, sowie einen Preisdeckel für Gas in der Stromproduktion. Viele Details blieben aber noch unklar

EU-Staats- und Regierungs­chefs schnüren ein Gaspaket

ahe Brüssel

Der Europäische Rat hat ein von der EU-Kommission vorgeschlagenes Maßnahmenpaket gegen hohe Gaspreise gebilligt. Dieses sieht zwar weiterhin keinen allgemeinen Gaspreisdeckel vor, wohl aber einen „befristeten dynamischen Preiskorridor“ sowie die Option, Höchstpreise für Gas in der Stromproduktion einzuführen.

EU-Ratspräsident Charles Michel sprach nach rund zehnstündigen Verhandlungen in Brüssel davon, dass es eine starke und einvernehmliche Verpflichtung zum gemeinsamen Handeln gegeben habe. Dabei sollten drei Ziele erreicht werden: ️niedrigere Preise, die️ Gewährleistung der Versorgungssicherheit und ️weitere Nachfragereduzierungen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte die Beschlüsse einen „sehr guten und soliden Fahrplan“. Am Dienstag werden sich die EU-Energieminister mit der weiteren Umsetzung befassen.

Bei dem dynamischen Preiskorridor sollen laut Gipfelabschlusserklärung „Phasen exzessiver Gaspreise“ unmittelbar begrenzt werden. Unklar blieb allerdings weiter, von welchem Preiskorridor genau die Rede ist und wie die Umsetzung erfolgen soll. Der vorgeschlagene Mechanismus soll auch grundsätzlich nicht das derzeitige Preisniveau drücken, sondern lediglich dann zum Einsatz kommen, wenn etwa Manipulationen wie russische Lieferstopps die Preise hochtreiben.

Beim möglichen befristeten Gaspreisdeckel in der Stromproduktion, den es bereits in Portugal und Spanien gibt, der aber unter anderem von Deutschland und den Niederlanden abgelehnt wird, soll nun erst einmal eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt werden. In der Gipfelabschlusserklärung wird zudem noch einmal klargestellt, dass ein solcher Deckel die Einsatzreihenfolge der Stromerzeugungsarten (Merit-Order) nicht verändern und auch nicht zu einem höheren Gasverbrauch führen darf.

„Wir haben uns zusammengerauft“, zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz zufrieden mit den Beschlüssen. „Das ist ein gutes Zeichen der Solidarität.“ Der französische Präsident Emmanuel Macron nannte es als Ziel, in den nächsten zwei bis drei Wochen konkrete Mechanismen für die Preisbegrenzungen festzulegen. Er sprach von einem „klaren Signal an die Märkte“.

„Vollständige Energieunion“

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, der wie Scholz skeptisch gegenüber einem Preisdeckel ist, findet es dagegen „sehr schwer vorstellbar”, dass es innerhalb der nächsten Wochen eine Einigung darauf geben könne. „Wir müssen wirklich alle Vor- und Nachteile und die Auswirkungen abwägen”, sagte Rutte in Brüssel . Die Preisobergrenze könnte auch zu einem höheren Grundpreis führen oder dazu, dass Europa gar kein Gas mehr bekomme.

Grünes Licht gab der Gipfel auch für die freiwillige gemeinsame Beschaffung von Gas, mit Ausnahme einer verbindlichen Nachfragebündelung für eine Gasmenge in Höhe von 15% des Speicherbedarfs, einen neuen zusätzlichen Preisindex sowie solidarische Lieferungen, wenn es Störungen der Gasversorgung auf nationaler, regionaler oder EU-Ebene gibt.

Die Staats- und Regierungschefs forderten zugleich noch einmal mehr Investitionen in Energieeffizienz und eine zukunftssichere Energieinfrastruktur und verlangten zugleich, die Arbeiten an einer grundlegenden Strukturreform des Strommarktes zu beschleunigen. Die Rede war zudem von einer „vollständigen Energieunion“ mit den Zielen Energiesouveränität und Klimaneutralität.

Kommissionschefin von der Leyen verwies noch einmal auf die geplante Umwidmung von bis zu 40 Mrd. Euro aus Kohäsionsmitteln aus dem EU-Haushalt. „Damit werden die EU-Mitglieder in der Lage sein, den von den Energiepreisen am stärksten betroffenen Haushalten sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen zu helfen“, sagte sie in Brüssel. In der Gipfelabschlusserklärung ist hiervon allerdings nichts zu lesen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.