Längst überfällige Ohrfeige für EY
Auch EY war ein Opfer des ausgeklügelten Betrugs bei Wirecard. Aber der Wirtschaftsprüfer hat sich selbst zum Opfer gemacht. Über die Warnzeichen wurde allzu lange bereitwillig hinweggesehen, weil die Prüfung so lukrativ entlohnt wir. Dass EY nun nach dem Willen der Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) für zwei Jahre aus dem Markt der Prüfmandate für deutsche Börsenkonzerne ausgeschlossen werden soll, ist ein deutliches Signal: Es gab Pflichtverletzungen.
Die Geldbuße von 500 000 Euro zahlt EY aus der Portokasse. Der Reputationsschaden hingegen ist kaum zu überschätzen. In den kommenden zwei Jahren wird die Zahl der Dax-Konzerne, die von EY geprüft werden, schon allein aufgrund der Pflichtrotation von elf auf sechs schrumpfen. Es gab daneben auch schon andere kommerzielle Auswirkungen des Wirecard-Skandals für EY – darunter Entscheidungen der Commerzbank, der KfW und der DWS-Gruppe, sich abzuwenden. Gut möglich, dass es nicht die letzten Entscheidungen dieser Art gewesen sind.
Die Feststellung der Beschlusskammer „Berufsaufsicht“ der Apas, dass bei der Prüfung der Abschlüsse der Wirecard AG in den Jahren 2016 bis 2018 Berufspflichtverletzungen als erwiesen anzusehen seien, ist eine längst überfällige Ohrfeige für EY. Die Sanktionen werden hoffentlich endlich die nötige Scham darüber auslösen, dass sich viele Privatanleger und Investoren zu Unrecht auf die Arbeit des Wirtschaftsprüfers bei Wirecard verlassen haben und damit verlassen waren. Das Versagen bei Wirecard hat der gesamten Wirtschaftsprüferbranche und darüber hinaus dem gesamten Finanzplatz geschadet. Wenn es jetzt wieder einen kritischen Medienbericht über ein Unternehmen geben sollte, wird sich niemand mehr auf ein Testat verlassen wollen.
Auch wenn die gesamte Wirtschaftsprüfer-Branche nun gewarnt ist – den nächsten Wirecard-Fall werden die Sanktionen wohl kaum verhindern können. Dafür braucht es mehr. Die Wirtschaftsprüfer sind mit so vielen Detailprüfungen befasst – vom internen Kontrollsystem (IKS) bis hin zu ESG –, dass vor lauter Bäumen der Wald aus dem Blick gerät. Im Zentrum muss wieder das ökonomisch Wesentliche stehen. Zudem könnten „Joint Audits“ ein Mittel sein, um Betrug zu erschweren, indem zwei Firmen prüfen. Es sollte darüber hinaus eine klare Trennung zwischen Beratung und Prüfung geben, um Interessenkonflikte zu verhindern. EY selbst ist dabei, die ersten Schritte in die Richtung einer solchen Trennung zu gehen. Die Entscheidung der Apas könnte dazu beitragen, eine Abstimmung der EY-Partner über die Aufspaltung wieder auf die Tagesordnung zu bringen.