Neues Spiel, neues Glück
Zwei Tage nach dem Start der „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ der Bundesregierung kommt der Versichererverband aus der Deckung. Die Branche legt ein eigenes Konzept vor, wie sie die staatlich geförderte kapitalgedeckte private Rente reformieren will. Die Lebensversicherer haben also erkannt, dass sie das tote Pferd Riester-Rente nicht länger reiten sollten. GDV-Präsident Norbert Rollinger erklärte am Donnerstag zwar, die Branche halte Riester noch immer für reformierbar, doch klangen seine Äußerungen in dieser Hinsicht sehr nach geordnetem verbalen Rückzug.
Jetzt also die „Bürgerrente“. Das klingt hübsch und volksnah. Der Versicherungsbranche und insbesondere den Lebensversicherern ist ohne Zweifel immens daran gelegen, sich dieses Geschäft nicht entgehen zu lassen. Denn die Assekuranz kämpft mit Wachstumsproblemen. Das gilt vor allem für die Lebensversicherung. Denn bei der demografischen Entwicklung langfristig sowie Inflation und knappem Geldbeutel in vielen Haushalten kurzfristig ist die Lebensversicherung kein boomender Markt mehr – zumindest nicht ohne staatliches Push-up. Das sollte die Branche im Hinterkopf haben, wenn es um Provisionen und Verwaltungskosten geht.
Denn das wird ein heikles Thema werden. Die Riester-Rente war teuer. Daran waren nicht nur die Versicherer schuld: Die Bürokratie war enorm, das Zulagenverfahren kompliziert. So hing es zum Beispiel vom Geburtsjahr des Kindes ab, wie hoch der Kinderzuschlag ausfiel. GDV-Chef Rollinger verspricht für die Bürgerrente viele Verbesserungen: „Wir wollen das Produkt stärker standardisieren und das Zulagenverfahren deutlich vereinfachen.“ Doch was ist mit den Vergütungen des Vertriebs? Über Provisionen wird zu reden sein. Sollten die Versicherer die „Bürgerrente“ in der vorgeschlagenen Form oder ähnlich durchbekommen, winkt der Branche ein dickes Geschäft. Denn es würde sich nicht nur der Kreis der potenziellen Kunden im Vergleich zu Riester signifikant erweitern. Die Bürgerrente soll für alle da sein, nicht nur für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer.
Und das Beitragsvolumen wäre mutmaßlich ebenfalls deutlich höher: Denn die Versicherer wollen die förderfähige Höchstgrenze erheblich nach oben schrauben – gut für das eigene Geschäft, teuer für die Staatskasse. Anders als bei der Diskussion um die Pflichtversicherung bei Elementarschäden stehen die Chancen für eine zügige Reform ganz gut: Die Fokusgruppe in Berlin will bis Ende Juli Ergebnisse vorlegen, danach ist dann gegebenenfalls bald das Parlament dran.