Nokia setzt auf Firmennetze und das Metaverse
Von Heidi Rohde, zzt Barcelona
Der finnische Telekomausrüster Nokia nutzt den Mobile World Congress (MWC) in Barcelona um die in vielen Teilen der Welt noch immer als Logo eines Handy-Herstellers wahrgenommene Marke zu repositionieren. Nokia lege den Fokus heute auf „moderne Netztechnik und insbesondere industrielle Digitalisierung“ und wolle dies in einem neuen Logo zum Ausdruck bringen, erklärte CEO Pekka Lundmark beim Presse- und Analystenbriefing am Rande des MWC. Dabei unterstreicht der Manager, dass damit nicht nur das Etikett getauscht werde, sondern Nokia selbst auch „in eine Transformation“ gehe.
Diese soll auf sechs von Lundmark benannten Säulen ruhen, wobei er insbesondere der ersten zwar noch einiges an Tragkraft aber kaum noch Wachstumsimpulse zutraut. Die Nachfrage der Telekomnetzbetreiber nach neuer Netztechnik werde mittelfristig bis 2027 nur jährlich rund 1% wachsen. Dabei will Nokia wie auch im vergangenen Jahr schneller wachsen als der Markt. Die Finnen haben ihr Portfolio im Netzwerkbereich in den vergangenen Jahren in einem finanziellen Kraftakt bei Forschung und Entwicklung auf Vordermann gebracht. Auszahlen sollen sich diese Investitionen aber vor allem im Geschäftsfeld „Entreprise“, das Nokia deutlich vor dem Rivalen Ericsson und auch vor Huawei entwickelt hatte.
Der Bereich, der Firmennetze, sogenannte Campusnetze, und andere private Funknetze umfasst, verspricht mittelfristig ein jährliches Marktwachstum von 8%. Nokia hat hier zuletzt währungsbereinigt sogar 21% zugelegt, vierten Quartal ganze 49%, und Lundmark sieht „überhaupt keinen Grund“, warum hier nicht auch künftig zweistellige Sprünge möglich sein sollten. Der Manager sieht dies als zweite wichtige Säule und gab das erklärte Ziel aus, den Anteil von Entreprise -Kunden im Gesamtmix zu erhöhen. Insgesamt hat das Unternehmen bisher 560 private Kunden für Wireless Networks.
Dabei geht Nokia davon aus, dass sich im Geschäft mit Firmenkunden insbesondere im Zusammenhang mit dem entstehenden Metaverse besondere Wachstumschancen ergeben werden. Die Finnen rechnen mittelfristig mit einer deutlichen Verschiebung der Datenlast auf den Netzen. Während derzeit von Privatkunden genutzte Video-Anwendungen für das Gros des Datenverkehrs stehen, dürften in rund fünf Jahren Anwendungen des „industriellen Metaverse“ klar dominieren. Der industrielle Bereich biete „bei weitem bessere Chancen“ im Metaverse als das Privatkundengeschäft, glaubt Nokia.
Für das Unternehmen gehe es darum, die eigene Produktpalette zu transformieren und zu ergänzen. Verstärkungsbedarf gebe es „vor allem in der Cloud“, bekräftigte Lundmark, ohne direkt auf mögliche Zukäufe zu verweisen. Der Schwerpunkt liege künftig auf intelligenten Netzen, die selbst „erkennen, denken und handeln“, so der Nokia-CEO. Die Integration von Netzen in die Flexibilität und Skalierbarkeit von Cloud-Anwendungen sei der Schlüssel für zahlreiche neue Metaverse-Anwendungen in der Industrie, wie zum Beispiel beim „Digital twin“, den so längst gibt, der aber dann „live und realtime eine ganze Fabrik abbilden kann“.
Um das Potenzial in der industriellen Digitalisierung bestmöglich auszuschöpfen, setzt Nokia bei der Weiterentwicklung der Netztechnik zu 6G gezielt auf Partnerschaften, wie zum Beispiel die mit Bosch. Der deutsche Automobilsektor hat früh eine tragende Rolle gespielt, bei dem Vorstoß das Entreprise-Geschäft zu entwickeln. Die Finnen hatten sich im Zuge des Übergangs zum 5G-Mobilfunkstandard in einer beherzten strategischen Neuausrichtung entschieden, dass Direktgeschäft mit Unternehmen voranzutreiben. Ericsson und mehr noch Huawei hatten dabei Zurückhaltung gewahrt, aus Sorge ihre traditionellen Kunden, die Telekomnetzbetreiber, die selbst Unternehmensnetze bauen und betreiben wollen, zu verprellen. Ericssson zieht allerdings nun nach, hat aber eine lange Aufholjagd gegenüber Nokia vor sich.