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Tech-M&A mit gebremstem Tempo

Der Markt für Tech-Transaktionen im deutschsprachigen Raum hat sich 2022 abgekühlt. Laut Tech-Investmentbank Clipperton ist die Aktivität bei Tech-Deals im Vor-Covid-Vergleich aber noch immer sehr groß.

Tech-M&A mit gebremstem Tempo

cru Frankfurt

Das Volumen der Finanzierungsrunden für junge Technologieunternehmen im deutschsprachigen Raum ist im vierten Quartal 2022 um 75% gegenüber dem vierten Quartal 2021 geschrumpft. Im Ge­samtjahr lag der Rückgang bei 38%. Das geht aus dem „DACH Tech Market Monitor“ der auf Tech-Deals spezialisierten Investmentbank Clipperton hervor, der in der kommenden Woche veröffentlicht wird.

„Die Neuerschaffung von sogenannten Einhörnern – also Start-ups mit Milliardenbewertung – hat sich deutlich verlangsamt“, konstatiert der in Berlin ansässige Clipperton-Partner Nikolas Westphal. „In der zweiten Hälfte des Jahres 2022 gab es nur ein neues Einhorn im deutschsprachigen Raum.“ Dabei handelt es sich um den Übersetzungsdienst DeepL aus Köln.

Zum Vergleich: In der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es noch acht neue Einhörner, darunter etwa der Steuererklärungshelfer Taxfix oder der Spielekonsolenvermieter Grover – und im Gesamtjahr 2021 wurden 25 Einhörner geschaffen.

Insgesamt flossen 2022 rund 11,6 Mrd. Euro in Venture- und Growth-Finanzierungsrunden – nach dem Rekordwert von 18,5 Mrd. Euro im Jahr 2021. Das entspricht einem Rückgang um 37%. Aber 2020 waren es nur 3,7 Mrd. Euro gewesen. Von der Gesamtsumme entfiel die Hälfte auf Finanzierungen für Software- und Cloud-Firmen. Die Zahl der Finanzierungsrunden reduzierte sich indes kaum – von 689 auf 638.

Ebbe herrschte nicht nur bei den Finanzierungsrunden für die Tech-Szene. Auch die großen Buy-outs durch Finanzinvestoren blieben Mangelware. Das Tech-Buy-out-Volumen schrumpfte um 84% – von 8 Mrd. Euro im Jahr 2021 auf 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2022. Größter Deal eines Private-Equity-Investors im Tech-Sektor in Deutschland war der Kauf der Webhostingfirma Contabo durch KKR.

Dafür legten die M&A-Deals von strategischen Investoren zu. „Das Ausbleiben großer Buy-out-Deals wurde zumindest teilweise durch die Engagements der Strategen ausgeglichen“, kommentiert Clipperton-Partner Westphal. Das Volumen der strategischen Tech-M&A-Deals im deutschsprachigen Raum kletterte um 18% – von 7,9 Mrd. Euro im Jahr 2021 auf 9,3 Mrd. Euro im Jahr 2022.

Gleich zwei Milliardenübernahmen von Strategen gab es: zum einen der Kauf der deutschen Logistik-Softwarefirma Transporeon durch den US-Wettbewerber Trimble für 2,2 Mrd. Euro – zum anderen die Übernahme des angeschlagenen Berliner Lieferdienstes Gorillas durch den türkischen Wettbewerber Getir für 1,1 Mrd. Euro.

Zu den neuen Schlüsseltrends des deutschen Tech-M&A-Sektors zählte zudem die Dominanz ausländischer Käufer. Zum ersten Mal kam 2022 mit 55% mehr als die Hälfte der Erwerber deutscher Tech-Unternehmen aus dem Ausland.

„Zwei Dinge können gleichzeitig wahr sein“, zitiert Clipperton die Angel-Investorin Catherine Lenson, ehemals erste weibliche Topmanagerin beim Technologieinvestor Softbank. „Wir können uns in einem unruhigen Abschwung befinden, auf die öffentlichen Märkte blicken und nicht wirklich mögen, was wir sehen, insbesondere in den Wachstumsbereichen, und gleichzeitig können wir anerkennen, dass das Tempo der technologischen Innovation unaufhaltsam ist.“

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