Uniper darf verstaatlicht werden
ab Köln – Einen Tag nach der Zustimmung der Aktionäre hat auch die EU-Kommission grünes Licht für die Verstaatlichung von Uniper gegeben. Die Kapitalmaßnahmen zur Rettung des Gasimporteurs vor der Insolvenz dürften nun zügig umgesetzt werden. Die Genehmigung ist mit zahlreichen Verkaufsauflagen verknüpft, darunter auch der Verkauf des umstrittenen Steinkohlekraftwerks Datteln sowie des Gaskraftwerks in Ungarn, wie aus der Auflistung der Kommission hervorgeht.
Die Kommission erkennt ausdrücklich an, dass die Schieflage des Konzerns Folge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine ist. Die Rekapitalisierung verhindere die Insolvenz von Uniper, die wiederum unabsehbare Folgen für den deutschen Gasmarkt gehabt hätte. „Mit der EU-Genehmigung ist die letzte Hürde genommen und wir kennen nun die Rahmenbedingungen, unter denen wir die Zukunft von Uniper gestalten werden“, wird Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach zitiert. Wie das künftige Geschäftsmodell aussehen wird, muss bis Ende März 2023 feststehen. Sollte das nicht gelingen, muss der Bund einen Restrukturierungsplan vorlegen.
Auch der Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an der russischen Unipro ist Teil der Auflagen. Hier hatte Uniper bereits im Herbst einen Käufer gefunden, die Transaktion ist bislang aber an der fehlenden Genehmigung durch russische Behörden gescheitert. Die übrigen Verkaufsauflagen, die allesamt bis spätestens 2026 abgeschlossen sein müssen, beziehen sich eher auf Randaktivitäten.
Vertragsportfolio anpassen
Allerdings muss Uniper als Gegenleistung für die massive Staatsstütze eine Reihe marktöffnender Maßnahmen vornehmen. Zum einen muss der vor dem Kollaps stehende Konzern seine Speicherkapazitäten – sie entsprechen einem Viertel der gesamtdeutschen Speicherkapazität – auch Wettbewerbern zugänglich machen. Zum anderen hat sich Uniper verpflichtet, die Marktposition im Vertrieb nicht auszubauen und das langfristige Gas-Vertragsportfolio anzupassen. Das Geld aus den Kapitalerhöhungen des Bundes darf ausschließlich zum Kauf von fehlendem Gas aus Russland verwendet werden. Inwieweit Uniper in der Lage ist, neue Lieferverträge abzuschließen, steht dahin.
Akquisitionen sind auf Geschäfte beschränkt, die Uniper zur Sicherung des Fortbestands oder zur Dekarbonisierung des Geschäfts benötigt. Jede Transaktion bedarf der Genehmigung durch die Kommission. Zugleich wird ein Beobachter benannt, der die Einhaltung der Auflagen überwacht.
Auflagen im Detail |
Verkauf Beteiligung an Unipro (84 %), Russland |
Verkauf Steinkohlekraftwerk Datteln |
Verkauf deutsches Fernwärmegeschäft |
Verkauf Stromgeschäft Nordamerika |
Verkauf Uniper Energy DMCC, Mittlerer Osten (Schiffstreibstoffe) |
Verkauf Gaskraftwerk Gönyu, Ungarn |
Verkauf Beteiligung OPAL-Pipeline (20 %) |
Verkauf Beteiligung BBL-Pipeline (20 %) |
Verkauf Beteiligung Gasgesellschaft Latvijas Gaze, Lettland |
Verkauf internationales Helium-Geschäft |
Anpassung langfristiges Gas-Vertragsportfolio |
Zugang für Wettbewerber zu Transport- und Speicherkapazitäten |
Akquisitionen nur mit EU-Genehmigung |
Uniper ist in die missliche Lage geraten, da Gazprom seinen Lieferverpflichtungen aus langfristigen Gasverträgen nicht nachkommt, Uniper ihrerseits aber die Gaslieferverpflichtungen zu vertraglich festgelegten Preisen gegenüber den vornehmlich deutschen Kunden nachkommen muss. Uniper beliefert nach den EU-Angaben mehr als 420 der 900 Stadtwerke mit Gas und Strom.
In einem ersten Schritt hat Uniper gestern eine erste Tranche (5,5 Mrd. Euro) aus dem genehmigten Kapital gezogen, die der Bund exklusiv zeichnet. Hinzu kommt die Barkapitalerhöhung von 8 Mrd. Euro. Diese Mittel dienen dem Verlustausgleich, der Uniper aus der Ersatzbeschaffung für russisches Pipelinegas entstanden ist. Maubach hatte den aus der Ersatzbeschaffung bis zum Jahresende auflaufenden Verlust zuletzt auf 14 Mrd. Euro taxiert.
Eigenbeitrag
In Summe wird der Bund maximal 33 Mrd. Euro einschießen. Klar geregelt ist, dass der Staat künftig quartalsweise frisches Eigenkapital einschießt, um weitere Verluste aus der Gasersatzbeschaffung zu kompensieren. Allerdings muss Uniper ebenfalls einen Beitrag zum Verlustausgleich leisten. Vorgeschrieben ist, dass 30 % der Gewinne aus anderen Aktivitäten dazu verwendet werden müssen. Der Eigenbeitrag ist in den Jahren 2002 bis 2024 zu leisten.
Sollte Uniper Ende 2024 eine bessere Eigenkapitalausstattung besitzen als vor der Krise, muss der überschießende Betrag an den Bund zurückgezahlt werden. Zugleich wird der Bund verpflichtet, seine Beteiligung an Uniper, die sich nach den Kapitalmaßnahmen in diesem Jahr auf etwa 99 % belaufen wird, bis spätestens 2028 auf eine Sperrminorität von 25 % plus eine Aktie zurückzuführen. Zudem muss bis Ende 2023 eine „glaubwürdige“ Exit-Strategie vorgelegt werden.